Hamburg. Die Köche schlagen eine Brücke von alpenländischen Traditionsgerichten zu mediterran inspirierten Köstlichkeiten. Rindchen empfiehlt.
Selten fand ich ein nigelnagelneues Restaurant so erfreulich und vollkommen in sich stimmig, wie das Mitte Dezember eröffnete Reichlich in der Oberstraße. Der junge Patron Clemens Reich hat es geschafft, eine gleichermaßen gemütliche wie lichte Stätte der Einkehr zu konzipieren, in der ein fröhliches Serviceteam den geneigten Gast umhegt.
„Modern interpretierte alpine Köstlichkeiten“ will die von Reichs kleiner Schwester Sophie geleitete Küche auf die Teller bringen – und tut dies mit Bravour.
Neues Restaurant in Hamburg: das Reichlich
Alle Köchinnen und Köche zusammengenommen bringen es auf 67 Lenze (23, 22, 22) und schaffen es mit spielerischer Leichtigkeit, eine Brücke von alpenländischen Traditionsgerichten zu mediterran inspirierten Köstlichkeiten zu schlagen. Schon das zum Auftakt gereichte hausgemachte Tiroler Schüttelbrot mit Kräuterdip und Schmalz macht Laune.
Verwendet werden erstklassige, überwiegend regionale Zutaten, die Karte ist klein, aber ausgewogen komponiert. Unter den Vorspeisen überzeugen sowohl das spannende, hausfermentierte vegane Petersilienwurzel-Tatar mit Bauernbrotcrunch, Petersilienwurzelpüree und Petersilienöl (13 Euro) als auch die vorzüglichen Ravioli mit konfierter Maishendlkeule mit aromatischem Maishendljus, Zitrone und krosser Maishendlhaut (15 Euro, 24 als Hauptgang).
Bei den Hauptgerichten brilliert das Cordon Bleu
Schlicht genial sind Knochenmark und die auf der Zunge dahinschmelzende Sülze vom Milchkalb (17 Euro) mit Schnittlauchsauce und eingelegter Zwiebel, wobei ich mir ein etwas reichlicheres Markdeputat gewünscht hätte. Bei den Hauptgerichten brilliert das Cordon Bleu vom norddeutschen Freiland-Maishendl mit Speck und Bergkäse, Käferbohnenpüree und Erdäpfel-Vogerlsalat zu 26 Euro und auch das vegane Fisser-Gerstenrisotto mit eingelegtem Gemüse, Rotkraut und Thymian (22 Euro) kann man sich schmecken lassen – freilich noch leckerer ist es mit pochiertem Saibling, Weißkohl und Beurre Blanc (29 Euro).
Wunderbar winterlich-gemütlich ist das Geschmorte vom Rind mit fluffigen, hausgemachten Pommes Dauphine, Wirsing und Preiselbeeren (27 Euro). Die rein europäische Weinkarte ist überschaubar, aber brillant komponiert. Zum Einstieg gibt es beispielsweise einen offenen Grüner Veltliner, der ausgesprochen anständig ist, vom mir bis dato komplett unbekannten Niederösterreicher Toni Schmid (ein Viertel 10, Flasche 29 Euro).
Wein von einem der besten Erzeuger der Welt
Wer bereit ist, 16 Euro pro Pulle mehr zu investieren, wird mit dem perfekten, beglückenden Wein von einem der besten Weißweinerzeuger der Welt belohnt: Dem 2021 Loibner Grüner Veltliner „Federspiel“ von Emmerich Knoll.
Wenn Sie einen guten, preisgünstigen Roten suchen, sollten Sie das Einstiegsgewächs (ein Viertel 11, Flasche 31 Euro) elegant umschiffen und für vier Euro pro Flasche mehr den herzhaften 2018 Blaufränkisch Ried Gemärk vom Triebaumer Ernst ordern.
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Für 39 Euro gibt’s guten 2020 Brancaia Chianti Classico, für 55 Euro beeindruckenden 2015 Blaufränkisch Leithakalk von Kollwentz. Und wer dann nach vorzüglicher Stanzer Zwetschge Réserve (2 cl 7 Euro) und dem vielleicht besten Espresso der Stadt (2,50 Euro) beglückt in die Nacht entschwebt, überlegt schon mal, wann sich wieder eine Gelegenheit zur Einkehr bietet.
Reichlich, Oberstraße 3, Tel. 72005349, Mi-Sa 12–23.30, So 12–21 Uhr, https://reichlich.restaurant