Der Senat hat gerade die Solardachpflicht erlassen – eigene Pflichten erfüllt er aber kaum. Ein Punkt macht die Opposition fassungslos.
- Hamburg hat 2022 keine einzige Photovoltaikanlage auf städtischen Gebäuden installiert
- Senat kennt lediglich von 140 der 1155 städtischen Gebäude die Energieeffizienzklasse
- Nur auf 49 städtischen Gebäuden ist das Dach inzwischen begrünt
Von Klimaschutz wird auch in Hamburg gern und viel geredet. Wenn es aber konkret werden soll, geht es oft nur ausgesprochen langsam voran. Das gilt auch und vor allem für die Stadt selbst, wie jetzt erneut eine Antwort des Senats auf eine Große Anfrage der CDU zeigt.
So hat es Hamburg im gesamten Jahr 2022 nicht geschafft, auch nur auf einem einzigen städtischen Gebäude eine neue Photovoltaikanlage (PVA) zu installieren. Wie bereits Ende 2021 waren auch Ende 2022 auf gerade einmal 31 der zuletzt 1142 städtischen Immobilien solche Anlagen installiert – das entspricht mickrigen 2,7 Prozent. In Berlin ist man mit 12,5 Prozent offenbar deutlich weiter.
Photovoltaik: Klimaschutz? So wenig tut Hamburg bei eigenen Gebäuden
Obwohl die rot-grüne Koalition gerade eine Solardachpflicht für alle Neubauten und Dacherneuerungen eingeführt hat, ist sie selbst noch nicht sonderlich weit: Die Installation einer PVA wurde bisher erst für 126 der mittlerweile 1155 öffentlichen Gebäude geprüft. Auch wurde die aus PVA gewonnene Leistung seit 2021 nicht gesteigert, wie der Senat in der Antwort auf die CDU-Anfrage einräumen muss.
Bei der für den Klimaschutz so wichtigen energetischen Sanierung älterer Gebäude kommt die Stadt ebenfalls nur gemächlich voran. Von den 1155 öffentlichen Gebäuden sind bisher lediglich 30 saniert, wie sich aus einer Senatsantwort auf eine andere CDU-Anfrage ergibt. Für weitere 24 besteht ein Sanierungsplan.
Senat weiß bei über 200 eigenen Gebäuden nicht, wie sie beheizt werden
Irritierend ist dabei die Tatsache, dass die Stadt über wichtige Eckdaten ihres eigenen Gebäudebestandes gar nicht Bescheid weiß und daher keine Auskunft darüber geben kann. So kennt der Senat lediglich von 140 der 1155 städtischen Gebäude die Energieeffizienzklasse.
Auch kann er für mehr als 200 Immobilien nicht angeben, ob und wie sie beheizt werden. Entsprechend kann die für die städtischen Immobilien zuständige Finanzbehörde von SPD-Senator Andreas Dressel nicht einmal ungefähr sagen, wie hoch der CO-Ausstoß aus den Heizungen der eigenen Gebäude ist. Bisher würden Wärme- und Stromverbräuche der einzelnen Nutzer nämlich nicht dokumentiert.
Nur auf 49 von 1155 städtischen Gebäuden gibt es ein Gründach
Eines immerhin konnte der Senat in einer früheren Antwort mitteilen: „533 Gebäude werden mit Erdgas geheizt, 311 mit Fernwärme, 21 mit Strom und 78 mit anderen Heizformen (zum Beispiel Erdwärme, Erdöl, Holz/Pellets).“ Eine zentrale Gebäudeleittechnik gibt es laut Senat bei 500 der 1155 Immobilien der Stadt.
Nicht sonderlich weit ist man bei der Dachbegrünung, die für Abkühlung sorgen und als Wasserspeicher mit vor Überschwemmungen schützen soll. Nur auf 49 der 1155 städtischen Gebäude ist das Dach begrünt. Ähnlich mau sieht es bei der Nutzung von Zisternen und Brauchwasser aus. Lediglich 29 Immobilien der Stadt besitzen Zisternen, 26 sind mit Brauchwasseranlagen ausgestattet.
Finanzsenator Dressel verweigert die Arbeit und blockiert den Klimaschutz
Für diese aus ihrer Sicht insgesamt wenig erfreuliche Bilanz macht die CDU vor allem SPD-Finanzsenator Andreas Dressel verantwortlich – denn dieser ist für die Verwaltung des Hamburger Immobilienbestands zuständig. „Senator Andreas Dressel muss man eine Blockadehaltung unterstellen“, sagte CDU-Umweltpolitiker Sandro Kappe dem Abendblatt. „Der mangelhafte Fortschritt grenzt an Arbeitsverweigerung.“
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Die städtischen Gebäude seien aus CDU-Sicht „ein wichtiger Hebel beim Klimaschutz“, so Kappe. „Diese energetisch zu sanieren, durch Photovoltaikanlagen zur Stromerzeugung zu ertüchtigen, den Frischwasserverbrauch durch Regen- und Brauchwassernutzung zu senken und durch Dachbegrünung zur Wasserspeicherung umzurüsten, würde die CO2-Emissionen senken und eine Vorbildwirkung entfalten“, so Kappe. „Doch der Senat ist bei den städtischen Immobilien auf Blindflug. Er kennt den Energieverbrauch der eigenen Gebäude nicht, geschweige denn die Heizform aller Gebäude. So können Einsparungen nicht monitort und Potenziale ermittelt werden.“
„Wir brauchen einen Senat der anpackt, sonst wird Hamburg bis 2040 nicht klimaneutral“
Die Stadt müsse als Vorbild vorangehen und dürfe „nicht weiter trödeln“, so der CDU-Politiker. „Nur durch die Anfragen der CDU-Fraktion fängt der Senat endlich an, den Gesamtverbrauch sowie die Heizformen zu ermitteln. Wir brauchen keinen Senat, der auf Sicht fährt. Wir brauchen einen, der anpackt und Sachen endlich in die richtigen Bahnen lenkt.“ Es müssten „endlich alle Gebäude geprüft, bewertet und für diese entsprechende Pläne erstellt werden“, fordert Kappe. „Nur so kann Hamburg 2040 klimaneutral werden.“
Finanzsenator Dressel weist die Kritik zurück. „Beim Thema Klimaschutz in den städtischen Gebäuden bin ich Antreiber und kein Blockierer“, sagte Dressel dem Abendblatt. „Ich wünsche mir selbst mehr Tempo. Vor allem beim Monitoring sind wir noch nicht da, wo wir sein wollen. Aber anders als die CDU behauptet, kommen wir Schritt für Schritt voran“, so Dressel. „Photovoltaik, Gründächer, Energieeinsparungen durch intelligente Systeme, all das wollen wir für unsere Gebäude im Bestand und bei Neubauten.“
Dressel: CDU ist "schlechter Ratgeber" zum Thema Gebäude
Allerdings sei die CDU „ein schlechter Ratgeber“, da sie selbst viele städtische Gebäude „verscherbelt“ und für die Stadt zurückgemietet habe. Als Mieter aber könne die Stadt „nicht einfach so über Klimaschutzmaßnahmen entscheiden“, so Dressel. „Außerdem gibt uns die Marktlage alles andere als Rückenwind: Fachkräftemangel, Lieferkettenprobleme, Corona- und Ukraine-Folgen – von alledem ist auch die Stadt mit ihren Klimaschutz-Anstrengungen leider massiv betroffen.“
Zudem seien die städtischen Gebäude sehr unterschiedlich. „Wichtig ist daher eine zentrale Stelle, die den Überblick über den Bestand hat und Maßnahmen koordinieren und monitoren kann. Diese zentrale Stelle als Portfoliosteuerung haben wir mit ImmoPortHH bei uns in der Finanzbehörde eingerichtet, sind mitten im Aufbau und in der Analyse des Bestands.“ Bei den Schulgebäuden sei es durch diesen Ansatz bereits gelungen, „sogar mehr CO2 einzusparen als geplant – das kann Vorbild sein für alle öffentlichen Gebäude, so Dressel.
Zudem betonte die Finanzbehörde in Rücksprache mit dem städtischen Immobilienverwalter Sprinkenhof, dass Dachbegrünung aus ihrer Sicht bei Neubauten sinnvoll, bei Bestandsimmobilien aber „in der Regel technisch und/oder wirtschaftlich nicht sinnvoll umsetzbar“ sei.