Hamburg. Vierfach-Patchwork-Mutter und Gründerin Kerstin Bognár weiß viel darüber, was es für einen gelungenen Familienurlaub braucht.
Ob es der Erdkunde-Unterricht in der Schule war oder ihre erste große Reise allein nach Neuseeland nach dem Abitur – Kerstin Bognár jedenfalls ist schon lange mit dem Fernweh-Virus infiziert. Doch der finale Ausbruch ließ auf sich warten, denn zwar hatte die Hamburgerin das Glück, auch in ihrer Zeit als (damals noch kinderlose) Journalistin bei großen Frauenmagazinen zehn Jahre lang viel zu reisen, andere Länder und herrliche Hotels zu besuchen, inhaltlich jedoch ging es noch nicht ums Reisen. Bognárs Berichterstattung drehte sich eher um Mode, Zeitgeist und Interieur.
Auch privat jettete sie durch die Welt, probierte sich aus. Südafrika, Mittelamerika, Europa, mit Rucksack und Wanderschuhen oder Wochenend-Städtetrip. „Ich habe viele verschiedene Arten des Reisen kennen gelernt“, sagt Bognár. „Und dann habe ich direkt Zwillinge bekommen und gemerkt, wie anders und schwierig es ist mit Kindern zur reisen“, sagt die 43-Jährige. „Und dann haben mein Partner und ich uns getrennt und da konnte ich dann gar nicht mehr als Quasi-Alleinerziehende mit zwei Babys im Flugzeug reisen.“ Also musste Oma her, denn verzichten mochte Bognár einfach nicht darauf, die Welt zu entdecken.
The Niche Traveller: Maßgeschneiderte Plätze für Familienurlaube
Diese Zeit hat sie geprägt. Hat sie nachdenken lassen darüber, wie diese wertvolle Freizeit als Familie, in welcher Konstellation auch immer, für alle Familienmitglieder am besten verbracht werden kann. Und wo. Und wie dahin kommen? Und was dort auf die Beine stellen?
2018 startete sie „The Niche Traveller“ mit der Grundannahme und Überzeugung, „schöne Orte, Hotels und Reiseziele zu finden, die gut mit Kindern funktionieren jenseits des Cluburlaubs.“ Denn für glückliche Kinderaugen brauche es nicht unbedingt den Plastik-Indoorspielplatz, der Eltern anödet. „In mir ist da die Idee gereift, aus dieser Herausforderung, schöne, nischige Plätze für Familien zu finden.“
Reiseempfehlungen mit persönlicher Mama-Expertise
The Niche Traveller, ihre mitgliederbasierte Reise-Plattform, sei wie eine gute Freundin und Trichter zugleich, denn ein Team sucht für die Familien nach handverlesenen ökologischen, nachhaltigen und familienfreundlichen Unterkünften. Inspirieren lassen kann sich jedoch jeder auf der Website, zahlende Mitglieder bekommen zusätzlich individuelle Beratungen von Bognár oder einem ihrer Mitarbeiter. „Wir machen Video-Meetings oder telefonieren, das ist oft aufwendig.“
Hinzu kommt ihre persönliche Mama-Expertise: vier Kinder, das jüngste sechs Jahre alt. „Die unterschiedlichen Gemengelagen kann ich deshalb ganz gut einschätzen“, sagt sie, die ihre Patchwork-Familie im Alltag größtenteils allein managt. „Je anspruchsvoller die Familienkonstellation ist, desto anspruchsvoller ist meist auch die Urlaubsplanung.“ Große Altersunterschiede und Interessen müssten abgedeckt werden.
Gibt es ihn denn, den perfekten Urlaub? „Den gibt es wahrscheinlich ebenso wenig wie die perfekte Familie,“ sagt sie mit einem Lachen. Ob es am Ende perfekt wird, hängt manchmal vom Wetter ab. Oder davon, ob alle gesund bleiben. „Aber wenn man jemandem gut zuhört, kann man einen guten Boden dafür schaffen.“
Gemeinsame Erlebnisse werden Familienerinnerungen
Die meisten Eltern möchten in den Ferien etwas mit ihren Kindern erleben, da sie vielleicht im Alltag wegen der Arbeit nicht viel gemeinsame Zeit haben. Und da setzt Kerstin Bognár an.
Erlebnisse, die es ins Familienalbum schaffen, Erinnerungen, die über Jahrzehnte weiter erzählt werden. Bognár selbst hat ihre eigene Lieblings-Urlaubsgeschichte. Sie spielt vor einigen Jahren in den schottische Highlands, eine Reise, an die sich alle Familienmitglieder gern erinnern. „Niemand von uns war zuvor dort, fernab der Zivilisation hatten wir ein Cottage gemietet in einem großen Tal, neben uns nur ein paar Ranger. Vor Ort gab es kein Telefonnetz, das WLAN funktionierte kaum.“ Die Kinder konnten toben, allein raus, spielten in Flussbetten, gemeinsam machte die Familie Touren mit Mountainbikes, dann fiel einer in einen Wasserfall, ein Ranger wanderte tief mit der Familie in die Wälder, abends gab es Barbecue.
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Kurzfristige Buchungen sind im Moment angesagt
Es muss also nicht der Indoor-Spielplatz oder Gaming-Room sein? „Ich fände es – im Gegensatz zu meinen großen Jungs – nicht so toll, so etwas in den Ferien zu haben. Ich finde es wichtig, dass die Kinder im Urlaub von den Geräten wegkommen und in die Natur gehen.“
In Zeiten von Corona ist das Reisen komplizierter und komplexer geworden, Regularien, Impfvoraussetzungen, Quarantänepflichten, die in den Bundesländern teilweise unterschiedlich gehandhabt werden, müssen miteingeplant werden. „Das ist für Familien eine viel größere Last als für Alleinreisende“, sagt Bognár. „Auch aus diesen Gründen hat sich der Trend verfestigt, im eigenen Land, auch im Norden zu reisen.“ Fehmarn, das Naturschutzgebiet Geltinger Birk, die Schlei-Region – Ecken, die es sofort in Bognárs Liste der aktuell 200 Destinationen weltweit schafften.
Bognár macht es mit dem Buchen ihres nächsten Ski-Familienurlaubs übrigens so, wie die meisten aktuell: kurzfristig.