Hamburg. Zahl der Straftaten mit Schuss- oder Stichwaffen nimmt deutlich zu. Warum die Steigerungen Corona geschuldet sein dürften.

Im vergangenen Jahr sind in der Hansestadt bei Straftaten wieder mehr Schuss- und Stichwaffen eingesetzt worden. Das geht aus der Erhebung der Polizei hervor. Bei den Tötungsdelikten hat sich der Einsatz von Messern sogar verdoppelt. Lediglich die Zahl der Fälle, bei denen mit einem Messer nur gedroht wurde, ging zurück. Die Steigerungen werden von der Polizei auch mit den Lockerungen im Zusammenhang mit Corona begründet. 2020 hätte es weniger Tatgelegenheiten gegeben.

Es gibt 203 Fälle, bei denen im vergangenen Jahr Täter eine Schusswaffe eingesetzt haben. Das sind 28 Fälle mehr als 2020 und entspricht einer Steigerung um 16 Prozent. Auffallend: Oft wurde auch geschossen. In 97 Fällen setzte der Täter die Waffe ein. Damit passierte das bei 47,8 Prozent aller Taten.

Polizei Hamburg registriert mehr Messerattacken

Aber auch Messer wurden 2021 deutlich häufiger als Waffe bei Straftaten genutzt. In 1088 Fällen setzten Straftäter Stichwaffen ein. Das ist ein Rückgang um 0,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. In 753 Fällen blieb das Messer im letzten Jahr reines Drohmittel. 335-mal wurde es aber eingesetzt, mit der Folge oft schwerer, manchmal tödlicher Verletzungen. Damit gibt es hier eine Steigerung um 17,1 Prozent oder 49 Fälle im Vergleich zu 2020.

„Die Steigerungen bei den Straftaten, bei denen Messer oder Schusswaffen eingesetzt wurden, dürften Corona geschuldet sein“, sagte Polizeisprecherin Sandra Levgrün dem Abendblatt. Die Zahlen von 2021 liegen in den meisten Fällen zwar über denen von 2020, als es viele Beschränkungen durch Corona und damit weniger Tatgelegenheiten gab. Sie liegen aber unter den Zahlen der Zeit vor Corona.“ 2019, das Jahr, in dem erstmals von der Polizei der Einsatz von Messern bei Straftaten statistisch erfasst wurde, spielten Messer in 1191 Fällen eine Rolle. Allerdings wurden Messer seltener wirklich eingesetzt, nämlich in 334 Fällen.

Schusswaffen nur selten eingesetzt

Betrachtet auf die gesamte Kriminalität, werden Schuss- oder Stichwaffen glücklicherweise äußerst selten eingesetzt. Bei 186.403 im vergangenen Jahr angezeigten Straftaten spielte lediglich in 0,6 Prozent der Fälle ein Messer als eingesetzte Waffe eine Rolle. Bei den Schusswaffen sind es sogar nur 0,06 Prozent. Am häufigsten wurden Messer im vergangenen Jahr bei Bedrohungen benutzt, denen dann zum Glück keine Taten folgten (420 Fälle). In 417 Fällen war es ein Raub, bei denen ein Messer benutzt wurde. In 48 Fällen waren 2021 Messer bei Mord und Totschlag (dazu zählen auch Versuche) die Tatwaffe. Im Vorjahr waren es lediglich 24 Fälle gewesen. Dazu kommen 41 „sonstige Delikte“.

Auch Schusswaffen werden von den Tätern meistens bei Bedrohungen oder Raubüberfällen als Tatwaffe benutzt. Lediglich in vier Fällen spielte eine Schusswaffe bei Tötungsdelikten eine Rolle. In allen Fällen überlebte das Opfer die Tat. Im März 2021 schoss der 23-jährige Mustafa D. am Karl-Arnold-Ring auf die Mutter (53) einer 17-Jährigen. Sein Motiv: Die Tochter des Opfers hatte ihn zurückgewiesen. Im August kam es nach einem Prozess gegen Beschuldigte aus der Rapper-Szene am Gorch-Fock-Wall zu einer Schießerei, bei der ein Verletzter trotz Beinschusses flüchtete. Später stellte sich Cihan C. (29) der Polizei. Er machte aber keine Angaben zu den Tatvorwürfen.

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Straftaten mit Messer in Hamburg: Kontrollen schwierig

Im November schoss Halil S. (54) im Phoenix-Viertel in Harburg auf zwei Männer und verletzte sie schwer. Es war eine Art Racheakt im Streit um Lohnzahlungen. Kurz vor dem Jahreswechsel kam es in Harburg vor der Drogeneinrichtung Abrigado zu einer Schießerei, bei der zwei Männer durch Bauchschüsse schwer verletzt wurden. Der Täter setzte sich nach Erkenntnissen der Polizei nach der Tat ins Ausland ab. „Schusswaffen kommen recht selten zum Einsatz“, sagt Thomas Jungfer, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). „Sie sind hier in Deutschland glücklicherweise verhältnismäßig schwer zu beschaffen.“

Anders sieht es bei den Messern aus. „Das ist nur schwer oder gar nicht präventabel“, so Jungfer. Zwar waren bereits 2003 mehrere Messertypen wie Butterflymesser und Springmesser verboten worden, weil sie ausschließlich als Waffen eingesetzt werden konnten. „Messer kann man aber in jeder Haushaltswarenabteilung kaufen“, sagt Jungfer. „Bei Auseinandersetzungen in Wohnungen sind sie die erste und schnell greifbare Waffe, die in jeder Küchenschublade liegt.“ Ein probates Mittel seien die Waffenverbotszonen, wie sie an besonders durch Kriminalität belasteten Orten wie der Reeperbahn oder dem Hansaplatz eingerichtet wurden. Aber auch hier sei gerade eine kontinuierliche Kontrolle schwierig.