Hamburg. Das Mädchen erlitt schwere Verletzungen und starb. Der Vater steht vor Gericht. Experte stellt Schuldfähigkeit fest. Die Hintergründe.
Es waren wenige Augenblicke, die über das Schicksal der kleinen Jamila entschieden. Eben war sie noch ein gesunder Säugling, wenig später war das Mädchen dem Tode geweiht. „Ich hatte mich nicht mehr im Griff.“ Er habe gewissermaßen neben sich gestanden.
So hat Paulo E. seinen Gemütszustand beschrieben, als er seine kleine Tochter Jamila im Arm trug — und das elf Wochen alte Kind nur Momente danach so schwer verletzt war, dass sein Leben nicht mehr zu retten war. Ist der 31-Jährige bei diesem Vorfall vom 15. Mai vergangenen Jahres, den die Staatsanwaltschaft als Totschlag angeklagt hat, womöglich in einem psychischen Ausnahmezustand gewesen?
Prozess Hamburg: Experte sieht keine Affekttat
Um diese Frage zu beantworten, wurde am Dienstag im Prozess vor dem Schwurgericht ein psychiatrischer Sachverständiger gehört. Das Ergebnis des Experten: Es gebe keinen Hinweis, dass die Schuldfähigkeit des Angeklagten erheblich beeinträchtig gewesen sei. „Eine Affekttat im engeren Sinne liegt nicht vor“, sagte der Sachverständige. Ebensowenig gebe es andere Anhaltspunkte, dass die Steuerungsfähigkeit von Paulo E. deutlich beeinträchtigt gewesen sei.
Die Anklage wirft Paulo E. vor, seine Tochter heftig geschüttelt und den Kopf des Mädchens gegen einen Widerstand geschlagen zu haben. Dadurch erlitt das Baby unter anderem eine Schädelfraktur und schwere Hirnblutungen und erlag seinen Verletzungen. Der Angeklagte hat die Geschehnisse indes als Unfall dargestellt.
Angeklagter schüttelte das Baby
Er sei mit seiner Tochter auf dem Arm im Badezimmer gestürzt, hatte der 31-Jährige ausgesagt. Danach sei der Säugling regungslos gewesen. Da habe er das Kind geschüttelt — aus einer Mischung aus Panik und Hilflosigkeit heraus. Wie genau es zum Sturz gekommen sei, dazu hat der Angeklagte mittlerweile unterschiedliche Versionen geschildert.
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Unterdessen wurde im Prozess bekannt, dass Paulo E. offenbar einmal gegen die Mutter seiner Tochter gewalttätig geworden ist. Demnach war die Mutter nach der Geburt von Jamila gerade erst wieder aus der Klinik zu Hause, als der 31-Jährige seine damalige Lebensgefährtin heftig ins Gesicht geschlagen habe. Die junge Frau habe ein blaues Auge davongetragen. Wochen später zeigte Sophie R. ihren damaligen Partner bei der Polizei an.
Prozess Hamburg: Jugendamt war informiert
Die wiederum habe, weil das Paar einen Säugling hatte und eine mögliche Kindeswohlgefährdung im Raum stand, das Jugendamt benachrichtigt, hieß es im Verfahren. Eine Jugendamt-Mitarbeiterin hat daraufhin versucht, zur Mutter von Jamila Kontakt aufzunehmen — telefonisch. Zu einem tatsächlichen Besuch in der Wohnung, um sich ein Bild von der jungen Familie zu machen, ist es offenbar nicht gekommen. Der Prozess wird fortgesetzt.