Hamburg. Innensenator Grote stellt die “bemerkenswerte“ Statistik für 2020 vor. Bei Radfahrern gab es eine erstaunliche Entwicklung.
Corona hat sich auch deutlich auf die Verkehrsunfallentwicklung in Hamburg ausgewirkt. „Positiv“, wie Innensenator Andy Grote am Dienstagmittag im Hamburger Rathaus verkündete. Die Zahl der Unfälle ging von 68.899 im Jahr 2019 auf 58.136 oder um 15,6 Prozent im vergangenen Jahr zurück. „So eine Entwicklung gab es zuletzt 2004“, so Grote. Sie sei „bemerkenswert“.
Auffallend ist, dass im Januar und Februar 2020 die Zahl der Verkehrsunfälle höher als im Vorjahr war. Mit dem Lockdown nahmen sie deutlich ab. Im April hatten sie sich im Vergleich zu 2019 fast halbiert. In allen Monaten ab März lagen sie deutlich unter dem Vorjahresniveau.
Die Zahl der Verunglückten ging um 15 Prozent auf 7904 zurück. Die Zahl der Schwerverletzten sank um 57 (minus 7,3 Prozent), die der Leichtverletzten um 1321 (minus 15,6 Prozent).Die Zahl der verunglückten Kinder ging sogar um 16,2 Prozent zurück. „Kein Kind ist 2020 auf Hamburgs Straßen bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen“, so Grote.
Weniger Unfalltote gab es in Hamburg noch nie
Gemessen an der Bevölkerung waren Hamburgs Straßen so sicher wie nie. Seit Beginn der Erhebung 1953 kamen nicht so wenig Menschen im Straßenverkehr zu Schaden wie im vergangenen Jahr. Auch die Zahl der Unfalltoten ist deutlich von 28 in 2019 auf 15 im vergangenen Jahr gesunken. Auch das ist der niedrigste Wert seit 1953.
Auffallend: Die Zahl der Fußgänger ist lediglich um einen auf neun gesunken. Die Zahl der bei Verkehrsunfällen getöteten Autofahrer ging von neun auf zwei zurück. Das wird auch auf die deutliche Abnahme des Individualverkehrs durch den Lockdown zurückgeführt.
553 Kinder, 107 weniger als im Vorjahr, wurden 2020 im Straßenverkehr verletzt – 66 davon schwer. Kein Kind kam im vergangenen Jahr auf Hamburgs Straßen durch einen Verkehrsunfall ums Leben.
Hamburg: Mehr Unfälle unter Radfahrern
Es gab aber auch negative Entwicklungen. Die Zahl der Unfälle mit Fahrradfahrern stieg um 3,6 Prozent auf 3668. Bemerkenswert: Die Zahl der Unfälle zwischen Radfahrern und Autos oder Lastwagen ging um jeweils etwa zehn Prozent zurück.
Die Zahl der Unfälle, an denen zwei Radfahrer beteiligt waren stieg um zwölf Prozent, die der Unfälle, bei denen ein Radfahrer und ein Fußgänger beteiligt waren, stieg um 2,5 Prozent.
Insgesamt verunglückten vergangenes Jahr 2735 Radfahrer so schwer, dass sie verletzt wurden. Da gerade sogenannte Eigenunfälle bei der Polizei oft nicht gemeldet werden, geht die Polizei von einem erheblichen Dunkelfeld aus.
220 Unfälle mit Beteiligung von E-Scootern
Ulf Schröder, Leiter der Verkehrsdirektion der Polizei, führte die Steigerung der Fahrradunfälle auf den um etwa 33 Prozent gestiegenen Fahrrad- und um etwa elf Prozent gesunkenen Autoverkehr zurück. Zwei der drei 2020 tödlich verunglückten Radfahrer wurden von einem abbiegenden Lastwagen erfasst. In einem Fall starb ein 83 Jahre alter Radfahrer, nachdem er mit einem anderen Radfahrer zusammengestoßen war.
Eine Rolle bei der Statistik spielen auch die E-Scooter, im Polizeijargon „Elektrokleinstfahrzeuge“ genannt. 75 Prozent der 220 Unfälle mit Rollerbeteiligung wurden von dem Rollerfahrer verursacht. 159 Menschen wurden dabei verletzt, neun von ihnen schwer. 39 Verletzte waren Fußgänger. Etwa jeder siebte in einen Unfall verwickelte E-Scooterfahrer war alkoholisiert.
Unfallzahlen fielen mit Beginn des Lockdowns
Wie stark sich Corona auf die Verkehrsunfallentwicklung ausgewirkt hat, zeigt die Auswertung der einzelnen Monate. Während im Januar und Februar die Verkehrsunfallzahlen noch höher als 2019 waren, fielen sie mit Beginn des Lockdowns unter die Vorjahreswerte. Im April hatten sich die Verkehrsunfallzahlen in Hamburg im Vergleich zum Vorjahr nahezu halbiert.
Die Pandemie bildet sich aber auch bei der Unfallentwicklung mit Senioren als Beteiligte ab. Über Jahre war die Zahl der Unfälle, in die sie verwickelt waren, kontinuierlich auf zuletzt 12.558 im Jahr 2019 gestiegen. Im vorigen Jahr gab es einen erheblichen Rückgang um 16,3 Prozent auf 10.516.
Neue Fahrradstaffel geplant
Ulf Schröder kündigte eine Ausweitung der Verkehrsüberwachung auf Hamburgs Straßen an. So soll es eine neue Fahrradstaffel geben und die Verkehrsüberwachung in einer Dienststelle gebündelt werden. Von dort werden dann die 42 festen Blitzer verwaltet und die 16 Blitzanhänger und neun Videowagen eingesetzt.
Zwar sind die festgestellten Geschwindigkeitsverstöße 2020 im Vergleich zum Vorjahr um 0,5 Prozent auf 876.715 zurückgegangen, obwohl die Polizei 58.147 Stunden mit mobilen Blitzern, und damit mehr als 20.000 Stunden mehr als im Vorjahr, im Einsatz war. Die Einnahmen durch Bußgelder stiegen trotz Pandemie. 24.582.228 Euro und 28 Cent wurden dabei eingenommen. Das sind rund 3,62 Millionen Euro mehr als 2019.
Innensenator Grote wagte auch einen Blick in das laufende Jahr. Er geht davon aus, dass auch 2021 der Lockdown sich auf das Verkehrsunfallgeschehen auswirken wird und die Zahlen durch niedrigeres Verkehrsaufkommen unterdurchschnittlich ausfallen werden. 2021 werde deshalb ebenso wie 2020 laut Grote nicht vergleichbar mit anderen Jahren sein.
ADAC fährt deutlich weniger Einsätze in Hamburg
Unterdessen hat auch der ADAC am Dienstag seine Pannenstatistik für 2020 veröffentlicht. Demnach sind die Helfer des Autoclubs im Corona-Jahr deutlich seltener im Einsatz gewesen als noch 2019.
187.746 Mal rückten die Helfer in der Hansestadt aus – ein Rückgang von etwa 17.000 im Vergleich zu 2019. In Schleswig-Holstein wurden knapp 123.000 Einsätze gezählt im vergangenen Jahr, Vergleichszahlen für 2019 lagen zunächst nicht vor.
ADAC: Meiste Pannen im Januar, wenigste im März
Bundesweit gingen die Zahlen deutlich zurück. Rund 3,4 Millionen Mal rückten die Helfer den Angaben zufolge aus – ein Rückgang um knapp zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr. "Das liegt natürlich an Corona", sagte ADAC-Sprecher Johannes Boos. "Weniger Verkehr bedeutet weniger Pannen."
In fast jedem zweiten Fall in Deutschland machte die Batterie den Fahrern zu schaffen (46 Prozent). Schon in den Vorjahren war das die häufigste Pannenursache, doch auch hier gab es einen Corona-Effekt: Wegen der langen Standzeiten vieler Autos sei der Anteil der Batteriepannen diesmal höher gewesen. Probleme mit dem Motor (16 Prozent) sowie mit Karosserie, Lenkung oder Fahrwerk (14 Prozent) kamen seltener vor.
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Der Rückgang der Einsätze machte sich laut ADAC vor allem im ersten Lockdown im Frühjahr 2020 bemerkbar. Die wenigsten Pannen gab es demnach am 29. März, einem Sonntag, mit rund 3350 Einsätzen. Die meisten Pannen wurden mit 18.000 Einsätzen am 2. Januar gezählt.