Hamburg. An einem der heißesten Tage des Jahres zeigt die Klimaschutzbewegung erstmals wieder in größerer Zahl Flagge in der Stadt.
Die Mittagshitze auf dem Jungfernstieg wirkte wie ein Beleg dafür, dass der Klimawandel längst seine Spuren in der Hansestadt hinterlässt. 36 Grad Celsius zeigte das Thermometer – bei sengender Sonne. „Es wird noch wärmer!“, stand auf einem der vielen Plakate, die weit mehr als 1000 Teilnehmer der ersten großen „Fridays-for-Future“-Großdemonstration seit September 2020 mit sich trugen.
Für den Umzug hatte die Bewegung eine Ausnahmegenehmigung bei der Stadt erwirkt, die es ihr ermöglichte, bis zu 2000 Teilnehmende von 12 Uhr unter dem Motto „Wieder zusammen fürs Klima!“ zu versammeln. Erlaubt sind bei Laufdemos derzeit sonst nur 500 Teilnehmer. Die Klimaschützer hatten bei Sozial- und Versammlungsbehörde ein ausführliches Infektionsschutzkonzept eingereicht, das auch schon bei ihrer Großdemonstration im September 2020 im Einsatz war.
Maskenpflicht und Abstandsgebot
Es sah eine Maskenpflicht und ein Abstandsgebot vor, zudem werden die Teilnehmer in Blöcke aufgeteilt. Etwa 1200 Demonstranten versammelten sich nach Angaben der Polizei am Jungfernstieg und drehten dann eine Runde. Ein Sprecher der Bewegung sagte, nach ihren Schätzungen hätten etwa 3000 Menschen teilgenommen, einige seien wegen Problemen der Hochbahn verspätet gekommen. Erwartet worden waren 2000 Menschen.
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Dass so viele Teilnehmer kamen, zeigt nach Ansicht der Veranstalter, wie ernst es den FFF-Aktivisten ist. Inhaltlich stand die Forderung nach einer Neuauflage des Hamburgischen Klimaschutzgesetzes im Mittelpunkt, das nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes auch vom Senat überarbeitet werden muss. Hamburg entziehe sich seiner Verantwortung, die Klimakrise zu bekämpfen, sagte Maia Stimming, Sprecherin von Fridays for Future Hamburg.
Unterschiedliche Motivationen
Dennoch kamen die Teilnehmer aus ganz unterschiedlichen Motivationen in die Innenstadt. Carolin Zeske (24) war aus Ratzeburg angereist. Sie sagt: „In der Vergangenheit hat man ja gemerkt, dass die Demonstrationen viel gebracht haben. Ich finde, dass die Fahrradwege mehr ausgebaut werden müssen. Hoffentlich wird mehr Rücksicht auf die Fahrradfahrer genommen und öffentlicher Nahverkehr ausgeweitet. Es gibt so viele Gründe, aber für mich persönlich hat der Straßenverkehr Priorität.“ Lukas Mezger (34) lebt im Grindelviertel.
Er gehört zur Gruppe #lawyersforfuture und sagt: „Ich bin hier, weil die Klimakrise real ist, weil wir etwas dagegen tun und uns für Klimagerechtigkeit einsetzen müssen. Ich gehöre zu einer Gruppe von Anwälten aus ganz Deutschland, die sich dafür einsetzen wollen, dass das Recht, Klimaschutz durchzusetzen, genutzt wird. Wir müssen die Verkehrswende bei uns lokal umsetzen, bei der Stadtplanung die Klimagerechtigkeit bedenken, auf erneuerbare Energien umstellen und den öffentlichen Nahverkehr ausbauen.“
Auch eine 73-Jährige war dabei
Die 13 Jahre alte Schülerin Martha Brentführer aus Alt-Osdorf sagt: „Ich bin hier, weil es mich mittlerweile echt nervt, wie mit unserer Welt umgegangen wird. Wir haben keine Zeit mehr, wir müssen jetzt handeln. Wir haben diese 1,5 Grad schon lange überschritten, so kann es nicht weitergehen. Ebenfalls 13 Jahre alt ist Johanna Hagemann aus Bahrenfeld. „Die Hitze hindert mich nicht daran, hierherzukommen, weil mir das am Herzen liegt“, sagt sie.
Mit ihren 73 Jahren gehört Ingeborg Schmid aus Eppendorf zu den älteren Teilnehmern: „Ich bin hier, damit endlich etwas gegen den Klimawandel getan wird. Es sind zwar nicht so viele wie vor der Corona-Krise, aber mich freut es unheimlich, dass so viele junge Leute erschienen sind“, sagt sie. Ingrid Wentzel (68) aus Eimsbüttel hofft, dass die FFF-Bewegung erhalten bleibt: „Das ist meine 23. Demo. Dieses Ziel ist mir einfach so wichtig, dass ich auch in meinem Alter und trotz der Hitze das Risiko eingehe.“
Sorge um die Zukunft
Die Buchholzerin Cornelia Cornels-Selke (59) sorgt sich um die Zukunft: „Ich wünsche mir, dass Menschen darauf aufmerksam werden, dass es nach ihrer Generation auch noch weiteres Leben hier geben soll.“ Zudem lobt sie die Organisation der Demo-Anmelder. Die hatte sich noch weit komplexer gestaltet als bei Großkundgebungen in Vor-Corona-Zeiten, als Demos – zumal die der FFF-Bewegung – einem bunten Gewusel glichen.
Jeder der zahlreichen Ordner übernahm die Verantwortung für je fünf Blöcke mit jeweils 30 Demonstrierenden. Zählerinnen und Zähler achteten darauf, dass dies streng eingehalten und Abstand gewahrt wurde. Probleme hatten sie nicht zu fürchten, die FFFler traten friedlich und zivilisiert für ihre Ziele ein. Viele trugen Pride-Flaggen, eine Gebärdensprachen-Dolmetscherin übersetzte Wortbeiträge.
Verkehr weitgehend lahmgelegt
Helfer und Teilnehmer waren aufgrund der Hitze angewiesen worden, selbst genügend zu trinken, Kopfbedeckung und Sonnencreme zu benutzen und in Bewegung zu bleiben. Wer jemanden sehe, der mit der Hitze zu kämpfen hat, solle direkt hingehen und helfen, so appellierten die Veranstalter. Am Jungfernstieg stand ein Sanitätszelt für Notfälle. Zahlreiche Fahrradfahrer waren mit Wasserkanistern gekommen. Viele Demobesucher teilten Getränke und Sonnencreme mit anderen.
In der Innenstadt legte die Kundgebung für rund drei Stunden den Verkehr weitgehend lahm. Linienbusse wurden umgeleitet, Passagiere gebeten, stattdessen U- und S-Bahnen zu nutzen.