Hamburg. Der damals erst 14-Jährige starb bei den Kämpfen in Syrien. Die Bundesanwaltschaft fordert eine lange Haftstrafe für die Mutter.
Die deutsche Mutter eines bei Kämpfen in Syrien getöteten Jugendlichen soll nach dem Willen der Bundesanwaltschaft für siebeneinhalb Jahre ins Gefängnis. Die 44-Jährige aus Bad Oldesloe habe sich in zwei Fällen der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland schuldig gemacht, erklärten die Vertreter der Anklage am Mittwoch vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht in Hamburg. Sie habe sich im Jahr 2016 erst der islamistischen Miliz Jund al-Aqsa und dann dem Islamischen Staat (IS) in Syrien angeschlossen.
Die Angeklagte habe ihren damals erst 14-jährigen Sohn den Milizen als Kindersoldat überlassen. Damit habe sie ein Kriegsverbrechen nach dem Völkerstrafgesetzbuch begangen. Auch ihre Fürsorge- und Erziehungspflicht habe sie verletzt, weil sie ihren Sohn in ein Bürgerkriegsgebiet mitnahm.
Mutter reist mit Sohn zum IS und lässt zu, dass er stirbt
Der Junge habe sich aktiv an Kämpfen beteiligt und sei mehrfach in akuter Lebensgefahr gewesen. Am 23. Februar 2018 war der inzwischen 15-Jährige bei einem Raketenangriff ums Leben gekommen. Sie habe den Jungen in das Herrschaftsgebiet des IS gebracht, darum sei die Angeklagte auch wegen fahrlässiger Tötung zu verurteilen.
Der Familienvater – ein gebürtiger Palästinenser – soll bereits 2015 als Kämpfer zum IS nach Syrien gegangen sein. Die Eltern hatten sich im Februar 2019 nahe der irakischen Grenze kurdischen Kräften ergeben. Der Mann kam in ein Gefängnis, die Frau in ein Lager, aus dem ihr nach Angaben der Bundesanwaltschaft zur Jahreswende 2020/21 die Flucht in die Türkei gelang. Bei ihrer Rückkehr nach Deutschland wurde sie am 24. März vergangenen Jahres am Flughafen in Berlin festgenommen.
War IS-Rückkehrerin stolz auf „Märtyrertod“ des Sohnes?
Die Angeklagte habe versucht, sich als naive Ehefrau darzustellen, die nur ihrem Mann gefolgt sei, erklärte die Bundesanwaltschaft. Angeblich habe dieser in Syrien einen Falafel-Stand betrieben und sei bei einem Angriff schwer verletzt worden. Die Angeklagte habe ihm zu Hilfe kommen wollen. Diese Erklärung bezeichneten die Vertreter der Bundesanwaltschaft als nicht glaubwürdig.
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Tatsächlich sei die Radikalisierung des Paares ab 2013 auch von ihr ausgegangen. Nach Angaben einer Zeugin habe sie nach den IS-Anschlägen von Paris im Jahr 2015 gesagt, die Opfer hätten den Tod verdient. Ihrem Sohn habe sie erklärt, es sei wichtig, die Ungläubigen zu erniedrigen und zu hassen. Aus Syrien habe sie ihren älteren Sohn in Deutschland aufgefordert, auch in das IS-Gebiet zu kommen. Über den „Märtyrertod“ seines jüngeren Bruders sollte er sich freuen.
Angeklagte Oldesloerin verteidigte IS auch noch 2020
Auch noch nach der militärischen Niederlage der Terrormiliz habe sie 2020 in einem Telefongespräch mit ihrer Schwester den Islamischen Staat verteidigt.
Als glaubhaft bezeichnete die Bundesanwaltschaft ihre persönlichen Angaben. Demnach sei sie in Bad Oldesloe zusammen mit einer Schwester aufgewachsen und habe die Hauptschule abgeschlossen. Mit 15 Jahren lernte sie ihren Mann kennen, konvertierte zum Islam und heiratete. 2015 sei ihr Mann in Deutschland zu einer einjährigen Haftstrafe verurteilt worden und danach nach Syrien ausgereist, ohne seiner Frau Bescheid zu sagen.