Hamburg. Das Hanseatische Oberlandesgericht hat Daniela G. wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung schuldig gesprochen.
Sie behauptete, sie habe keinerlei Sympathien für den „Islamischen Staat“ (IS). Ihr Wunsch sei einzig gewesen, friedlich, gewaltfrei und ohne Diskriminierung im Kalifat zu leben. Doch die 24 Jahre alte Daniela G., die im vergangenen Jahr aus Syrien nach Deutschland zurückgekehrt ist, ist mit den Strukturen der Terrororganisation sehr wohl eng vertraut und sympathisiert mit dem IS. Zu dieser Überzeugung kam jetzt das Hanseatische Oberlandesgericht und verurteilte die junge Frau zu zwei Jahren und neun Monaten Jugendstrafe.
Auch nach ihrer Rückkehr nach Deutschland habe Daniela G. keine Bereitschaft gezeigt, ihre Chance zur Wiedereingliederung zu ergreifen, sagte der Vorsitzende Richter in der Urteilsbegründung. „Sie sind quasi mit Vollgas in die Sackgasse.“ Daniela G. habe dort weitergemacht, wo sie seinerzeit im Alter von 17 Jahren gestanden habe, als sie Deutschland verlassen hatte. Mit dem Urteil folgte das Gericht im Wesentlichen der Forderung der Generalstaatsanwaltschaft, die drei Jahre Jugendstrafe wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland beantragt hatte. Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Daniela G. bleibt in Untersuchungshaft.
Urteil im Prozess gegen IS-Rückkehrerin Daniela G.
Die deutsch-ghanaische Staatsangehörige aus Hamburg war angeklagt, sich im September 2014 dem „Islamischen Staat“ in Syrien angeschlossen zu haben. Sie soll seinerzeit ihrem inzwischen verstorbenen Ehemann nach islamischem Ritus nachgefolgt sein, der sich dem IS kurz zuvor bereits als Kämpfer angeschlossen hatte. Bis Anfang 2019 soll die Angeklagte in die Strukturen des „Islamischen Staats“ eingegliedert in Syrien gelebt und ihre 2015 und 2017 geborenen Kinder im Sinne der IS-Ideologie erzogen haben.
Laut Anklage lebte Daniela G. in Syrien zunächst in einem Frauenhaus des IS, in dem sie Islamunterricht erhalten habe. Auf Veranlassung des IS soll sie für Fotoaufnahmen mit einer IS-Flagge und einem Sturmgewehr posiert und über soziale Medien für ein Leben im IS und eine Ausreise nach Syrien geworben haben. Ihren älteren Sohn soll die Angeklagte ab dem Kleinkindalter an den Umgang mit Waffen gewöhnt und mit der Geste des „Tauhid-Fingers“ vertraut gemacht haben. 2020 schließlich wurde sie nach Deutschland abgeschoben.
- Mann wirbt für Islamischen Staat – dreieinhalb Jahre Haft
- Über Encro-Chat aufgeflogen: Beamte verhaften jungen Dealer
- Feuer am Holzhafen: Angeklagter und Anwalt verkracht
Schon mit 17 dem „Islamischen Staat“ angeschlossen
Im Prozess hatte die Mutter dreier Kinder, die mit Maske und verschleiert vor den Richtern saß, angegeben, sie habe von Anfang an nichts mit dem IS zu tun gehabt. Sie sei lediglich nach Syrien gereist, um ihrem Mann zu folgen. Dieser habe zwar eine Ausbildung als Kämpfer anfangen müssen, habe diese aber abgebrochen. Das Frauenhaus habe sie lediglich dafür genutzt, um zu ihrem Mann zu gelangen.
Doch nach der Überzeugung des Gerichts ist diese Einlassung komplett widerlegt. Daniela G. habe schon lange vor ihrer Ausreise gemeinsam mit ihrem Mann eine dschihadistische Anschauung geteilt, und die Rolle des IS sei ihr klar gewesen, sagte der Vorsitzende Richter. Niemand habe beim IS von einem gewaltfreien Leben im Kalifat ausgehen können. Zudem habe sich damals schon auf einem von der damals 17-Jährigen genutzten Laptop gewaltverherrlichende IS-Propaganda befunden.
IS-Rückkehrerin: Auch der neue Partner ist radikaler Islamist
Ferner habe Daniela G. nach dem Tod ihres Mannes offenbar gezielt in salafistischen Kreisen nach einem neuen Lebenspartner Ausschau gehalten. Dieser Mann, Joshua S., steht zurzeit selber unter anderem wegen Volksverhetzung und versuchter Nötigung vor Gericht. Dem 22-Jährigen wird unter anderem vorgeworfen, er habe Kindern gedroht, er könne ihnen „den Kopf abschneiden“. Hintergrund soll gewesen sein, dass ein Junge beim Fußballspielen gesagt habe, er „schwöre auf Gott“. Daraufhin habe Joshua S. geäußert, alle Christen kämen „in die Hölle“.
In Bezug auf Daniela G. sieht es das Oberlandesgericht weiterhin als erwiesen an, dass die 24-Jährige in Syrien in drei Frauenhäusern untergekommen ist und für Fotos unter anderem mit der IS-Fahne und einer Kalaschnikow posierte. Zudem gebe es mehrere WhatsApp-Nachrichten, in denen sie sich zum IS bekenne und andere aufrufe, ebenfalls nach Syrien zu kommen. Die Erziehung ihrer Kinder habe sie ganz an der Weltanschauung der religiösen Fanatiker ausgerichtet. Bemerkenswert sei auch die Allgegenwart von Waffen in der Wohnung gewesen. Ihr ältester Sohn, damals gerade einmal drei Jahre alt, sei den Umgang mit Waffen bereits gewöhnt gewesen.