Hamburg. Tests zeigen, dass die ansteckendere Virus-Variante sich ausbreitet. In Hamburg wurden bisher 150.000 Impfungen durchgeführt.
Die ansteckendere britische Variante des neuartigen Coronavirus breitet sich auch in Hamburg immer weiter aus: B.1.1.7 sei in der sechsten Kalenderwoche – also Mitte Februar – für etwa 30 Prozent von gut 200 untersuchten Neuinfektionen verantwortlich gewesen, sagte der Virologe Prof. Adam Grundhoff vom Heinrich-Pette-Institut (HPI) dem Abendblatt. In der fünften Kalenderwoche habe der Anteil der Mutante noch bei 20 Prozent gelegen.
Die Ergebnisse beruhen auf der Analyse von rund 800 repräsentativ ausgewählten Proben, die von Dezember bis Mitte Februar in Hamburg gesammelt wurden. „Seit Mitte Januar verzeichnen wir einen rapiden Anstieg der B.1.1.7-Fälle“, sagte Grundhoff. „Es ist davon auszugehen, dass dieser Trend anhält.“
Spezielle PCR-Tests zum Nachweisen der Corona-Mutanten
Wie berichtet, bilden Wissenschaftler um Grundhoff vom HPI und die Virologin Prof. Nicole Fischer vom Uniklinikum Eppendorf eine Allianz, um die Ausbreitung von Corona-Mutanten in der Hansestadt zu untersuchen und frühzeitig unbekannte Virusvarianten nachzuweisen. Am Uniklinikum setzen Forschende dabei PCR-Tests speziell zum Nachweis von Merkmalen der britischen Virusvariante ein.
Anschließend bestimmen ihre Kollegen am Heinrich-Pette-Institut das gesamte Erbgut der Erreger, was bisher bei 200 von 800 Proben geschehen sei, sagte Grundhoff. Weil die Ergebnisse bisher mit jenen aus den PCR-Tests vollständig übereinstimmten, sei „an mit Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Prozentzahlen die Verbreitung der britischen Variante innerhalb der Bevölkerung realistisch spiegeln“, sagte er.
700 Verdachtsfälle in Hamburg
Die Gesundheitsbehörde hingegen betrachtet einen Nachweis der britischen Mutante erst als gegeben, wenn Sequenzierungen des gesamten Erbguts, die im Auftrag der Gesundheitsämter in verschiedenen Laboren stattfinden, dies bestätigt haben. So erklärt es sich, dass aus Sicht der Behörde mit Stand Sonntag insgesamt erst 49 Infektionen mit der britischen Variante in Hamburg nachgewiesen sind, wogegen die am UKE durchgeführten PCR-Tests allein in der sechsten Kalenderwoche unter 200 Proben eine ähnliche Zahl ergaben.
Der Behörde zufolge gibt es allerdings 700 Verdachtsfälle in Hamburg, bei denen Gesundheitsämter Anhaltspunkte dafür sehen, dass es sich um Infektionen mit B.1.1.7 handeln könnte. Es sei wahrscheinlich, dass sich der Verdacht in etlichen Fällen bestätige.
Appell von Tschentscher an Hamburger
Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) hatte am vergangenen Freitag auch mit Hinweis auf die britische Virus-Mutante eindringlich an die Hamburgerinnen und Hamburger appelliert, bei den Vorsichtsmaßnahmen nicht nachzulassen. „Wir haben nach einigen Wochen des Rückgangs wieder steigende Infektionszahlen. Das ist ein besorgniserregender Vorgang“, so Tschentscher. „Wir dürfen nicht noch einmal eine Welle, dann die dritte, erleben, bevor wir durch den Fortschritt bei den Impfungen ausreichenden Schutz vor der Ausbreitung des Virus bekommen.“
Verteidigt hatte der Bürgermeister die Verschärfung der Maskenpflicht in Hamburg. Die Vorgabe gilt an Wochenenden und Feiertagen zwischen 10 und 18 Uhr an öffentlichen Orten, an denen es eng werden kann, etwa für Parks und Grünanlagen an Alster und Elbe.
Rund um die Alster und an der Elbe viele Verwarnungen
Die meisten Spaziergänger hielten sich am Wochenende an die verschärfte Maskenpflicht, wie eine Sprecherin der Polizei mitteilte. Allerdings hätten Beamte allein am Sonnabend knapp 400 mündliche Verwarnungen erteilt und 119 Verstöße gegen die Corona-Auflagen festgestellt, was in 332 Ordnungswidrigkeitsanzeigen mündete. Auch am Sonntag kontrollierten Polizisten die Einhaltung der Vorgabe etwa an der Außenalster und sprachen Spaziergänger und Jogger an, die keine Masken trugen. Dort war es gegen Mittag allerdings nicht so voll wie am vorherigen Wochenende, als wärmere Temperaturen herrschten.
Wie die Polizei außerdem mitteilte, montierten Unbekannte am Wochenende im Jenischpark in Othmarschen, am Elbstrand in Övelgönne und im Harburger Stadtpark etliche Schilder ab, die auf die Maskenpflicht hinweisen.
Hammerbrook: Party auf Gelände eines Autohandels
An der Wendenstraße in Hammerbrook löste die Polizei nach einem Hinweis eine Party auf dem Gelände eines Autohandels auf. Die Beamten waren dort auf 15 Personen gestoßen, die offenbar feierten. Ein 25-Jähriger versuchte, eine Polizistin zu schlagen. Gegen ihn wurde ein Strafverfahren eingeleitet.
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Die Gesundheitsbehörde meldete am Sonnabend 203 Neuinfektionen und am Sonntag weitere 126 Fälle. Damit fiel die Inzidenz, also die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen, von 81,5 am Freitag auf 78,2. Vor einer Woche hatte der Wert in Hamburg noch bei 69,2 gelegen.
Zahl der Todesfälle stieg auf 1270
Die Zahl der Menschen, die an oder mit dem Virus starben, stieg in Hamburg nach Angaben des Robert-Koch-Instituts um sieben auf 1270. In Krankenhäusern wurden nach Angaben der Gesundheitsbehörde mit Stand Freitag 282 Covid-19-Kranke stationär behandelt, davon 81 auf Intensivstationen.
In den 149 Altenheimen- und Pflegeeinrichtungen der Hansestadt hat sich die Situation deutlich entspannt. Laut einer Erhebung der Behörden vom vergangenen Freitag ist in den vergangenen zwei Wochen die Zahl der infizierten Bewohner von 228 auf 79 gesunken. Die Zahl der täglich festgestellten Neuinfektionen ist im selben Zeitraum ebenfalls stark in den unteren einstelligen Bereich gefallen. Insgesamt erkrankten bislang rund 16,7 Prozent aller Bewohner dieser Einrichtungen an Covid-19.
150.000 Impfungen in Hamburg erfolgt
Mut machen wollte am Sonntag Dr. Dirk Heinrich, ärztlicher Leiter des zentralen Impfzentrums in den Messehallen: Insgesamt 150.000 Impfungen seien nun in der Hansestadt erfolgt, erklärte der Mediziner auf Twitter. „Wir können mehr!!!“, schrieb er. Die Gesundheitsbehörde hatte mit Stand Freitag 96.003 Erstimpfungen und 51.868 Zweitimpfungen gemeldet. Die Marke von 100.000 Erstimpfungen sollte Hamburg demnach heute knacken.