Hamburg. Beschäftigte der HHLA-Tochter SCA/SCB legen seit Montagabend ihre Arbeit nieder. Geschäftsführung fühlt sich unter Druck gesetzt.

Seit Monaten schwelt im Hamburger Hafen ein Tarifkonflikt. Jetzt überschlagen sich die Ereignisse. An den Containerterminals Burchardkai und Altenwerder der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) sind erste Mitarbeiter in den Warnstreik getreten.

Wie die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di am Dienstag mitteilte, haben die Beschäftigten der HHLA-Tochtergesellschaft SCA/SCB am Montagabend um 22.15 Uhr für 24 Stunden ihre Arbeit niedergelegt. Hintergrund seien gescheiterte Tarifverhandlungen um eine Angleichung der Arbeitsbedingungen an die Tarife des Mutterkonzerns.

Hafen: Streik bei HHLA-Tochter SCA/SCB

"Der Streik begrenzt sich auf den Entstörungsdienst der SCA/SCB. Es sind keine Mitarbeiter des Umschlags involviert. Die Umschlagsarbeiten an den Terminals laufen ungehindert weiter", sagte Unternehmenssprecher Hansjörg Heims.

Bei der SCA/SCB handelt es sich um den Reparaturbetrieb der Terminals. Die rund 360 Beschäftigten kümmern sich um die Instandhaltung und Reparatur der Containerbrücken und -transportfahrzeuge an den Kaikanten.

Doch nun haben sie ihre Arbeit vorübergehend eingestellt, weil sie mit ihrem Arbeitgeber über die Wochenendarbeit streiten. Diese ist am Burchardkai freiwillig am Containertermianl Altenwerder aber verpflichtend. Und dagegen geht Ver.di vor.

Forderung: Handwerker sollen sonntags nicht mehr arbeiten

Seit Anfang 2020 wird verhandelt. Die letzte Forderung von Ver.di: Am Sonntag sollen die Handwerker gar nicht mehr arbeiten, am Sonnabend freiwillig und verkürzt. Darauf will sich die HHLA-Führug nicht einlassen. Dem Abendblatt liegt ein Schreiben des Arbeitsdirektors der HHLA, Torben Seebold, vor, in dem er den Ver.di-Vorstellungen eine Absage erteilt: "Die Ver.di-Forderungen, zukünftig an Sonntagen gar nicht und an Samstagen nur mit einer von acht auf sechs Stunden verkürzten Regelarbeitszeit arbeiten zu können, führt insbesondere bei SCA zu erheblichen Personalüberhängen in der Woche im zweistelligen Bereich, da Stunden, die bisher in Regelarbeitszeit auch an Samstagen und Sonntagen geleistet werden können, zukünftig montags bis samstags (erste Schicht) gearbeitet werden müssen."

Es würden damit 42 Wochenstunden an Regelarbeitszeit anfallen, "für die es montags bis freitags keinen betrieblichen Bedarf gibt". Die Wochenendarbeit würde also in der Woche abgebummelt. Das führe zu eine Wochenarbeitszeit von 30 Stunden oder umgerechnet zu einer Lohnerhöhug von 20 Prozent.

HHLA ist gegen geforderte Wochenendregelung

Darauf will sich der HHLA-Vorstand keinesfalls einlassen. Zumal die Verdienste der Handwerker auf den Containerterminals nicht gerade schlecht sind: Am Containerterminal Altenwerder belaufen sich diese inklusive Schichtzulagen und Sonderzahlungen auf durchschnittlich 86.000 Euro im Jahr, am Containerterminal Burchardkai sogar auf 102.000 Euro pro Jahr, wie von der HHLA zu erfahren war.

Der Vorstand informierte unmittelbar nach dem Streikaufruf seine Führungskräfte und dann alle Beschäftigten in einer Mitarbeiterinformation, die Ver.di den Kampf ansagt. Die HHLA habe die Auswirkungen der Corona-Pandemie dank großer Disziplin der Beschäftigten gut verkraftet, heißt es darin.

HHLA: Gewerkschaft verschärft Konflikt

Doch nun lasse die Gewerkschaft einen Tarifkonflikt eskalieren. „Gerade jetzt, wo es in der Gesellschaft auf Solidarität, Gemeinsinn und maßvolles Handeln ankommt, versucht Ver.di, zu Gunsten weniger und auf Kosten vieler, eine Fülle von überzogenen Forderungen durchzusetzen. Ein Eingehen der HHLA darauf, gefährdete Arbeitsplätze im Unternehmen sowie die Wettbewerbsfähigkeit der HHLA", heißt es in der Mitarbeiterinformation.

Aus Sicht der Gewerkschaft stellt sie die Lage ganz anders dar. Schließlich habe man monatelang verhandelt, ohne dass es zu einer Annäherung gekommen sei. Im Dezember habe die Friedenspflicht geendet. „In fast 12 Monaten Verhandlung hat sich die HHLA nur millimeterweise bewegt. Deswegen haben die Kollegen jetzt beschlossen, für ein vernünftiges Angebot zu streiken. Sie fordern, zu denselben Bedingungen zu arbeiten, wie die anderen HHLA-Beschäftigten“, sagt Stephan Gastmeier, Gewerkschaftssekretär und Verhandlungsführer.

Auseinandersetzung exemplarisch für Unternehmensstrategie

Beide Seiten zeigen sich in der Sache wenig verhandlungsbereit, weil es in der Auseinandersetzung nicht nur um die kleine Tochtergesellschaft der HHLA geht, sondern um sehr viel mehr. Für Ver.di steht die konkrete Auseinandersetzung exemplarisch für die derzeitige Unernehmensstrategie, die der Gewerkschaft nicht passt, wie Natale Fontane, Landesfachbereichsleiter für Verkehr, verdeutlicht.

Streik im Hamburger Hafen bei der HHLA-Tochter SCA/SCB.
Streik im Hamburger Hafen bei der HHLA-Tochter SCA/SCB. © TV News Kontor | Unbekannt

"Die HHLA muss verstehen, dass die Stimmung in den Betrieben am Kochen ist. Auf der einen Seite werden massive Investitionen in neue Anlagen und Automatisierungsinstrumente gesteckt. Auf der anderen Seite wird selbst im Konzern zu unterschiedlichen Bedingungen gearbeitet. Gleichzeitig wird ein erheblicher Arbeitsplatzabbau angekündigt."

Die Beschäftigten seien nicht länger bereit, den Preis dafür zu zahlen, sei es durch niedrigere Tarife oder gar Arbeitsplatzverlust. "Die unklare Beschäftigungsperspektive kratzt am Betriebsfrieden und die nicht konstruktive Haltung der Geschäftsführung zwingt die Kollegen jetzt in den Streik", sagt er.

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Geschäftsführung fühlt sich unter Druck gesetzt

Aber auch die HHLA-Geschäftsführung will nicht nachgeben. Sie sieht sich einem immer härter werdenden Wettbewerbsdruck durch die anderen Häfen ausgesetzt. Deshalb müsse die HHLA effizenter werden, um im Wettbewerb bestehen zu können. So warnte Vorstandschefin Angela Titzrath im Gespräch mit dem Abendblatt vor wenigen Tagen die Gewerkschaften vor einem „Schüren unrealistischer Erwartungen“ und dem „Wecken von Zweifeln am Kurs des Vorstands durch Falschinformation und Radikalisierung.

Der Konzernbetriebsrat der HHLA, Norbert Paulsen, hatte bereits kurz vor Weihnachten angekündigt, dass es zu harten Arbeitskämpfen kommen könnte. „Es geht darum, dass hier viele Arbeitsplätze im Hafen dauerhaft wegfallen werden. Sie sollen einfach verschwinden. Wir lassen uns nicht aus dem Hafen drängen.“ Die Auseinandersetzungen haben gerade erst begonnen.