Hamburg. Der Lockdown zermürbt Hotellerie und Gastronomie – auch finanziell. Stimmungsbild aus einer Branche, der die Perspektive fehlt.
Seit zwei Monaten befinden sich Gastronomie und Hotellerie in Hamburg wieder im Lockdown. Die Restaurants dürfen nur Speisen außer Haus verkaufen und die Hotels lediglich Geschäftsleute und keine Touristen beherbergen. Nun zeichnet sich ab, dass der Lockdown zumindest wohl um zwei Wochen oder sogar bis Ende Januar verlängert wird. Das Abendblatt hat mit Wirten, Hoteliers und dem Dehoga gesprochen. Ein Stimmungsbild einer Branche, der die Perspektive fehlt.
"Unser Problem ist, dass wir überhaupt keine Planungssicherheit haben. Wir wissen einfach nicht, wie es weitergeht, weil die Politik uns nicht mitteilt, wann wir wieder öffnen dürfen. Stattdessen werden immer wieder Lockdownverlängerungen angekündigt", sagte Stephan von Bülow, Vorsitzender der Geschäftsführung der Block Gruppe, dem Abendblatt.
Hamburg: Block-Gruppe noch ohne Novemberhilfen
Das Unternehmen hat allein in Hamburg rund 1350 Mitarbeiter und betreibt unter anderem 14 Block House und neun Jim Block Burger Restaurants. Im Abendblatt-Gespräch sagte von Bülow weiter. "Wir haben bislang keine Novemberhilfe erhalten. Wir erwarten eine angemessene finanzielle Unterstützung vom Staat und hoffen, dass nun zügig die Antragstellung auch für große Unternehmen möglich wird und zumindest Abschlagszahlungen erfolgen. Wir müssen weiter unsere Mieten zahlen und stocken das Kurzarbeitergeld für die Mitarbeiter auf. Und das machen wir alles aus eigenen finanziellen Mitteln."
Ein weiterer "Big Player" der Branche ist Jens Stacklies. Der Gastronom betreibt unter anderem die Fischauktionshalle, die Gröninger Privatbrauerei an der Willy-Brandt-Straße und das Restaurant Schöner Leben in der Speicherstadt. Er hat rund 250 Mitarbeiter. Wegen der Lockdowns sei seinen Unternehmen bislang ein Umsatzverlust von rund elf Millionen Euro entstanden.
Vom Staat habe er bis auf das Kurzarbeitergeld seit September keine finanzielle Unterstützung mehr erhalten. Die Situation sei existenzbedrohend, sagte Stacklies dem Abendblatt. Der Unternehmer ist verzweifelt. "Wir sind völlig hilflos. Die Politik verkündet andauernd neue Einschränkungen und wir können einfach nur zusehen und fühlen uns ohnmächtig. Es zeichnet sich überhaupt kein Licht am Ende des Tunnels ab."
Henriks in Rotherbaum: Nach Brand kam der zweite Lockdown
Bereits seit sieben Monaten hatte Claas-Henrik Anklam keine Gäste mehr in seinem Henriks an der Tesdorpfstraße. In dem Nobellokal im Stadtteil Rotherbaum hatte es am 2. Juni gebrannt. Die Sanierung zog sich hin. Nachdem alles im frischen Glanz erstrahlte, wollte Anklam am 11. November wieder eröffnen. Doch seit dem 2. November gilt der zweite Lockdown. "Zum Glück hatten wir im November und vor allem auch über Weihnachten und Silvester ein sehr gutes Außer-Haus-Geschäft. Aber keiner weiß, wie die Nachfrage im Januar sein wird. Für uns ist es natürlich keine gute Nachricht, wenn der Lockdown verlängert wird. Die Politik muss eine klare Ansage machen, wann wir wieder öffnen dürfen", sagte Anklam im Abendblatt-Gespräch.
Seine 37 Mitarbeiter hat Anklam nicht in Kurzarbeit geschickt, aber der Gastronom sagt auch. "Ich weiß nicht, wie lange ich das finanziell noch durchhalte. Ich habe von der versprochenen Novemberhilfe der Bundesregierung noch nicht einen Cent erhalten."
Hamburger Dehoga startet Umfrage
Unterdessen forderte Dehoga-Landesgeschäftsführerin Ulrike von Albedyll: "Es müssen dringend die von der Bundesregierung angekündigten Novemberhilfen, die jeweils 75 Prozent des durchschnittlichen Umsatzes aus dem November 2019 betragen sollen, an Gastronomie und Hotellerie ausgezahlt werden. Die Betriebe können sonst nicht überleben. Das ist wie am ausgestreckten Arm zu verhungern."
Der Dehoga Hamburg wird unter seinen rund 1400 Mitgliedern in dieser Woche eine Umfrage machen, wer überhaupt bislang die Abschlagszahlungen für die Novemberhilfen erhalten hat. Für von Albedyll ist wichtig: "Die Gastronomen und Hoteliers brauchen eine Perspektive, wann sie wieder Gäste bewirten und beherbergen dürfen. Das der Lockdown nun voraussichtlich noch verlängert wird, ist natürlich auch für die Mitarbeiter, die teilweise seit März in Kurzarbeit sind, frustrierend."
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Empire Riverside und Hotel Hafen Hamburg geschlossen
In Hamburg bleiben zahlreiche Hotels weiterhin geschlossen. Denn die Nachfrage von Geschäftsreisenden ist eher gering. Bereits seit November hat Enrico Ungermann, der für das Empire Riverside und das Hafen Hamburg auf St. Pauli mit insgesamt 707 Zimmern verantwortlich ist, die beiden Häuser vorübergehend dicht gemacht. "Es lohnt sich für uns wirtschaftlich einfach nicht. Wir werden erst dann wieder öffnen, wenn zumindest ein halbwegs normaler Betrieb möglich ist", sagte Ungermann. Auch der Hotelier wartet auf finanzielle Unterstützung vom Staat. Von der Novemberhilfe habe man bislang lediglich eine Abschlagszahlung von 10.000 Euro erhalten. Die rund 260 Mitarbeiter sind bis auf weiteres in Kurzarbeit.
Das Luxushotel Vier Jahreszeiten am Neuen Jungfernstieg wird voraussichtlich bis Ende Januar geschlossen bleiben. "Wir werden das Geschäft erst wieder hochfahren, wenn wir wissen, wann wir wieder Touristen beherbergen dürfen und unsere zahlreichen Restaurants auch für die Hamburger öffnen können. Wir würden uns wünschen, dass die Politik sich dazu äußert und nicht einfach nur alle paar Wochen eine Lockdownverlängerung verkündet", sagte der geschäftsführende Direktor Ingo C. Peters.
Seit dem 18. Dezember hatte das Side an der Drehbahn nicht mehr geöffnet. Aber am 11. Januar soll es wieder losgehen, allerdings läuft der Betrieb zunächst eingeschränkt. Die 115 Mitarbeiter bleiben in Kurzarbeit und werden nach Bedarf eingesetzt.
"Am Wochenende so gut wie keine Nachfrage"
Direktor Alex Obertop rechnet zunächst damit, dass bis zu 20 der 178 Zimmer belegt sein werden. "Wir werden auch erstmal nur von Montag bis Freitag öffnen, weil am Wochenende besteht so gut wie keine Nachfrage", sagte Obertop. Warum das noble Designhotel überhaupt öffnet? "Wir wollen für unsere Gäste auch in diesen schwierigen Zeiten da sein. Außerdem ist es für die Mitarbeiter motivierend, wieder eine Aufgabe zu haben."
Die voraussichtliche Lockdownverlängerung bezeichnet Obertop als eine "Katastrophe. Für mich ist es nicht nachvollziehbar, dass wir nicht auch eingeschränkt Touristen beherbergen dürfen. Wir können hier Abstände einhalten und haben ein hocheffizientes Hygienesystem für das gesamte Haus entwickelt."
Unterdessen hat das The Madison Hotel am Hafen weiter geöffnet, aber kaum Gäste. Der geschäftsführende Direktor Thomas Kleinertz beschreibt die aktuelle Situation: „Die Nachfrage ist im saisonal ohnehin schwachen Monat Januar äußerst verhalten. Da touristische Übernachtungen nicht erlaubt sind und Geschäftsreisende nach wie vor sehr zurückhaltend agieren, liegt die Belegung im Madison zur Zeit noch im einstelligen Prozentbereich. Erst ab Mitte des Monats erwarten wir einen leichten Anstieg der Nachfrage bei Dienstreisen.“