Hamburg. Behörde gibt “brisante“ neue Wetterdaten zum Rekordjahr 2020 heraus. Kerstan an die Hamburger: Passt euch an!
Auch wenn es manch einem anders vorgekommen sein mag – die Zahlen sind eindeutig und sie sagen klar: Das Corona-Jahr 2020 war das wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnung vor 85 Jahren. Wie die Umweltbehörde am Montag mitteilte, lag die Durchschnittstemperatur in Hamburg bei 10,81 Grad und damit knapp über dem Wert des altes Rekordjahres 2014. Wenn man die Jahresdurchschnittstemperatur mit dem Referenzzeitraum von 1961 bis 1990 vergleicht, ist sie in der Hansestadt um 1,08 Grad gestiegen.
Ein Trend, der an vielen Stellen sicht- und spürbar ist. So gib es aktuell zum Beispiel deutlich weniger Eis- und Frosttage und deutlich mehr Sommer- und Hitzetage. Ausschlaggebend für den Rekordtitel dürfte wohl ganz speziell der Monat August gewesen sein, in dem es eine extrem lange Hitzewelle von 17 Tagen gegeben hat.
Hamburg: "Brisant" lange Zeit ohne Eistage
Als „brisant“ bezeichnet die Behörde die Tatsache, dass man derzeit die längste Zeit ohne Eistage beobachte. Denn: Das letzte Mal, dass die Temperatur in Hamburg den ganzen Tag unter dem Gefrierpunkt geblieben ist, ist sehr genau 710 Tage her und fiel damit auf den 25. Januar 2019. Zum Vergleich: Der alte Rekord lag bei 421 Tagen.
Bemerkenswert ist auch der Faktor Niederschlag, denn nach den bereits trockenen Jahren 2018 und 2019 ist auch 2020 über das gesamte Jahr gerechnet zu trocken gewesen.
Viele werden sich etwa an das Frühjahr und damit an die Phase des ersten Lockdowns erinnern, in denen der oftmals strahlende Sonnenschein so gar nicht zur düsteren Stimmung passen wollte. Wie die Behörde mitteilte, ist im Frühjahr 2020 nicht einmal die Hälfte der für diese Zeit normalen Regenmenge gefallen. Aber auch Sommer und Herbst waren relativ trocken. Lediglich der Winter zeigte andere Tendenzen. Denn der war nicht zu trocken, sondern deutlich nasser als sonst.
Niederschläge: Verteilung verschiebt sich
Auf längere Zeiträume gesehen lasse sich der Trend so zusammenfassen: Die Niederschlagsmenge selbst ist nahezu stabil geblieben, aber die Verteilung über das Jahr hat sich geändert. Knapp zusammengefasst bedeutet das, dass die Wintermonate deutlich nasser werden, während die Frühlings- und Herbstmonate deutlich trockener geworden sind.
Für die Zukunft bedeutet dies, dass heftigere Starkregenereignisse zunehmen werden. Auch die hat es im vergangenen Jahr in Hamburg gegeben. Am 18. Juni 2020 beispielsweise wurden in Neugraben-Fischbek Regenmengen von bis zu 81 mm gemessen, das ist an einem Tag mehr als der gesamte Frühlingsniederschlag an der DWD-Messstation in Fuhlsbüttel. Ähnliche Niederschlagsmengen gab es am 3. Juni Bereich Eidelstedt, wo innerhalb von zwei Stunden über 70 mm Regen gefallen ist.
Klimawandel: Kerstan schwört Hamburger ein
Angesichts der aktuellen Zahlen äußerte sich Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) besorgt: „Es ist deutlich, dass der Klimawandel unseren Alltag mehr und mehr berührt. Vor diesem Hintergrund müssen wir unsere Anstrengungen deutlich verstärken.“
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Konkret sei es zum einen wichtig, dass mit einem ambitionierten Klimaschutz die Klimafolgen abgemildert werden. Zum anderen, dass die Menschen anfangen müssten, sich an die Klimafolgen anzupassen. „Wir stehen vor großen Herausforderungen, unter anderem bei der Anpassung der Ableitung von Regenwasser, zunehmender Versiegelung von Flächen, bei der Sicherung der Qualität der Gewässer, Parks und Grünanlagen und beim Hochwasserschutz“, so Kerstan weiter.
BUND Hamburg erhebt Forderung an Kerstan
BUND-Hamburg-Chef Manfred Braasch forderte im Anschluss, den Worten auch Taten folgen zu lassen. „Solange der Senat neue Autobahnen bauen und die energetische Sanierung des Gebäudebestandes zusammenbrechen lässt, steht es nicht gut um den 'Klimaschutz made in Hamburg'.“
Braaschs konkrete Forderung: „Umweltsenator Kerstan muss sich dringend mit Verkehrssenator Tjarks und Bausenatorin Stapelfeldt verständigen, wie der Anti-Klimaschutz-Trend in Hamburg gedreht werden kann. Die Autobahn A26 nicht zu bauen, mit der Wohnungswirtschaft eine Sanierungsrate festzulegen und eine City-Maut für den Autoverkehr einzuführen, wären ein guter Anfang.“