Hamburg. Steigen mehr Menschen auf Bus und Bahn um? Verkehrsdaten zeigen deutliche Veränderungen – auch gegenüber der Zeit vor Corona.

Es ist eine gute Nachricht für Autofahrer, aber womöglich auch für den Umwelt- und Klimaschutz und das Energiesparen: Die Intensität der Verkehrsbehinderungen auf Hamburgs Straßen ist im Juni dieses Jahres deutlich zurückgegangen – und zwar einerseits im Vergleich zum Vormonat Mai, aber auch im Verhältnis zum Juni 2019, also der Zeit vor der Pandemie. Das zeigen Daten des Navigationsunternehmens TomTom, die dem Abendblatt vorliegen.

Die Firma vermutet einen Zusammenhang mit der Einführung des 9-Euro-Tickets im Juni. Dieses könnte mehr Autofahrer zusammen mit den hohen Spritpreisen dazu gebracht haben, auf Busse und Bahnen umzusteigen.

Verkehr in Hamburg: Weniger Stau durch 9-Euro-Ticket?

Nach den Daten lag das von TomTom ermittelte „Stauniveau“ im Juni im Vergleich der jeweiligen Wochentage fast immer unter den Werten des Juni 2019. Das Stauniveau gibt an, um wie viel Prozent länger eine Fahrt mit Verkehrsbehinderungen gegenüber einer Fahrt ohne jegliche Staus dauert. So wurde beispielsweise das Stauniveau am Dienstag der zweiten Juniwoche 2019 mit 58 ermittelt – das heißt: Eine durchschnittliche Fahrt dauerte an diesem Tag aufgrund von Behinderungen 58 Prozent länger, als sie ohne Staus gedauert hätte.

Das 9-Euro-Ticket beschert Bus und Bahn in Hamburg wieder mehr Fahrgäste.
Das 9-Euro-Ticket beschert Bus und Bahn in Hamburg wieder mehr Fahrgäste. © Christian Charisius/dpa | Unbekannt

Am Dienstag der zweiten Juniwoche 2022 dagegen lag das Stauniveau mit 43 deutlich niedriger – aber noch auf demselben Niveau wie am Dienstag der zweiten Maiwoche 2022. In der zweiten Junihälfte 2022 zeigt sich dann auch ein Rückgang der Behinderungen gegenüber dem Mai. Nun sank das Stauniveau an den meisten Tagen unter den Vergleichswert des Vormonats.

Verkehr: Hamburg verzeichnet auch kürzere Staus

Auch Zahl und Länge der Staus nahmen ab. Ein Beispiel: Am dritten Montag im Mai ermittelte TomTom 134 Staus mit einer Gesamtlänge von 145 Kilometern. Am dritten Montag im Juni waren es nur 66 Staus mit rund 50 Kilometern Gesamtlänge. Für TomTom ist ein Effekt des 9-Euro-Tickets hier wahrscheinlich.

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„In den ersten Tagen nach Einführung des 9-Euro-Tickets haben die Daten von TomTom noch kaum Auswirkungen der Maßnahme auf den Autoverkehr gezeigt. Mittlerweile lässt sich jedoch in vielen Städten in Deutschland ein positiver Effekt auf den Verkehrsfluss feststellen“, sagte TomTom-Verkehrsexperte Ralf-Peter Schäfer dem Abendblatt. „Die Veränderungen im Stauniveau fallen von Stadt zu Stadt unterschiedlich stark aus: Während der Effekt zum Beispiel in Hamburg deutlich erkennbar ist, fällt er in Köln sehr viel schwächer aus.“

9-Euro-Ticket in Hamburg: Alle Fragen und Antworten

  • Wo kann ich das 9-Euro-Ticket kaufen? Die Tickets sind über die Apps, Fahrkartenschalter, Kundenzentren und andere Verkaufsstellen der Deutschen Bahn erhältlich. In Hamburg ist die Fahrkarte über die HVV-App, den HVV-Onlineshop, die Servicestellen, die HVV-Switch-App, an den Fahrkartenautomaten und in allen Bussen zu bekommen. Außerdem gibt es vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) auch eine eigene „9-Euro-Ticket“-App, die auf den gängigen Plattformen runtergeladen werden kann.
  • Für welchen Zeitraum gilt das Ticket? Die Tickets gelten jeweils für Juni, Juli und August – und zwar für den Kalendermonat. Nicht möglich sind Tickets für gleitende 4-Wochen-Zeiträume, also zum Beispiel von Mitte Juli bis Mitte August.
  • Wie weit kommen Hamburger mit dem 9-Euro-Ticket in Deutschland? In unserer interaktiven Karte finden Sie Ziele, die ab Hamburg mit Regionalzügen zu erreichen sind – direkt oder mit höchstens dreimal Umsteigen.
  • Welche Verkehrsmittel kann man mit dem Ticket nutzen? Prinzipiell gilt das 9-Euro-Ticket bundesweit in allen Bussen, Straßenbahnen, U-Bahnen, S-Bahnen und Zügen des Nah- und Regionalverkehrs – egal ob von der Deutschen Bahn oder anderen Anbietern. Nicht genutzt werden kann der Fernverkehr der Deutschen Bahn mit ICE, Intercity und Eurocity. Auch auf einigen Intercity-Abschnitten, auf denen Fahrgäste mit anderen Nahverkehrsfahrkarten sonst zusteigen dürfen, gilt das Ticket nicht. Diese Fernverkehrszüge werden in der Reiseauskunft neben der IC- mit einer Regionalzug-Kennzeichnung ausgewiesen. Dabei stehe der Hinweis „9-EUR-Ticket nicht gültig“. Nach Angaben der Deutschen Bahn laufen zu dem Thema regional noch Gespräche.
  • Kann man das 9-Euro-Ticket mit ICE-Tickets kombinieren? Ja. Wie die Deutsche Bahn mitteilte, kann man damit im Regionalverkehr zu dem Bahnhof fahren, an dem man in einen Fernzug umsteigt. Für die Fahrt im Fernverkehr ist dann aber immer ein separates Ticket notwendig.
  • Was ist mit Fahrrädern? Wer Fahrräder mitnehmen will, muss für diese trotz 9-Euro-Tickets meist ein paar Euro extra zahlen, zudem kann es passieren, dass die Züge so ge- oder gar überfüllt sind, dass ein Rad schlicht nicht mehr mitgenommen wird.
  • Wird trotz der günstigen Tickets weiter kontrolliert? Ja, die Verkehrsunternehmen kontrollieren eigenen Angaben zufolge wie gewohnt weiter. Wer ohne Ticket angetroffen wird, zahlt nach wie vor ein sogenanntes erhöhtes Beförderungsgeld von meist 60 Euro.
  • Warum ist das Ticket nicht gleich kostenlos? Diesen Vorschlag hat es aus den Ländern tatsächlich gegeben. Einfach auf Tickets (und die Kontrolle) zu verzichten, hätte den Aufwand deutlich gesenkt, so die Argumentation. Ein Grund dafür, dass nun doch etwas Geld verlangt wird: Die Nutzung lässt sich auf diese Weise besser analysieren. Wer nutzt auf welchen Strecken Busse und Bahnen, wenn es deutlich günstiger ist – das ist für die Verkehrsbetriebe eine spannende Frage.
  • Werden zusätzliche Züge eingesetzt? Viele Verkehrsunternehmen haben für die drei Monate Verstärkerzüge angekündigt. Die Deutsche Bahn etwa will 50 zusätzliche Züge einsetzen und das Personal verstärken. Mit den Fahrzeugen könnten 250 zusätzliche Fahrten angeboten werden, hieß es. Sie sollen vor allem entlang der Touristenstrecken in Richtung Nord- und Ostsee sowie im Süden eingesetzt werden. Doch angesichts von durchschnittlich rund 22.000 Regionalbahnfahrten jeden Tag sind Fachleute skeptisch, ob das reicht.
  • Welche Ausflüge gibt es in Hamburg und Umgebung? Das finden Sie im neuen Magazin „Ausflüge“ vom Hamburger Abendblatt. Es ist erhältlich in der Abendblatt-Geschäftsstelle am Großen Burstah 18–32 gleich hinter dem Rathaus, auf abendblatt.de/shop und im Buch- und Zeitschriftenhandel.
  • Fahrpläne ab Hamburg unter www.bahn.de, www.der-metronom.de, www.nordbahn.de, www.hvv.de, www.nah.sh, regional.bahn.de/regionen/meckpomm/fahrplan