Hamburg. Die Hamburger Ehlerding-Stiftung vermittelt Paten für Mädchen und Jungen, die einen schweren Start ins Leben hatten.

Vor zehn Jahren ist eine Fremde in Penda Badjies (13) Leben getreten. Damals wusste keine von beiden, dass die Hamburgerinnen sich jeden Freitag treffen und ihre Familien zu einer zusammenwachsen würden. Doch so kam es. Sie backten Plätzchen, spielten Kniffel und fuhren Achterbahn. Die Fremde, 73 Jahre alt, gab dem jungen Mädchen Mathenachhilfe, ging mit ihr zum Arzt und zu Elterngesprächen in die Schule.

Dass die beiden sich kennenlernten, verdanken sie Bettina Hell (62). Die Patenschaftsbegleiterin engagiert sich ehrenamtlich bei der Ehlerding-Stiftung. Sie vermittelt Jungen und Mädchen, die aus schwierigen Verhältnissen kommen und einen schweren Start ins Leben hatten – so wie Penda.

Patenschaften in Hamburg – Hilfe in der (neuen) Heimat

Sie wuchs ohne Vater auf und hat keine Erinnerung an ihn. Er starb, noch bevor sie ihn kennenlernen konnte. Hinzu kam, dass sie mit ihrer Mutter, einer älteren Schwester und einem jüngeren Bruder fernab der Familie groß wurde. Mutter Isatou Secka (40) war kurz vor Pendas Geburt nach Hamburg gezogen, wohnte zuvor in Gambia und sprach die deutsche Sprache kaum. Sie hatte es schwer, ihren Kindern das Leben zu bieten, das sie sich für die drei wünschte.

Als sie vom Patenschaftsprogramm erfuhr, meldete sie ihre Töchter an, der Sohn war damals noch nicht geboren. Patenschaftsbegleiterin Hell besuchte die Familie. „Damals dachte ich, du seist meine Patin“, sagt Penda, als sie mit Hell auf dem Osdorfer Wasserspielplatz sitzt und die Zeit Revue passieren lässt. Die beiden lachen. Dabei hätte das durchaus ein Szenario sein können, denn eigentlich wollte Hell einst Patin werden.

Patenschaften: "Ich wollte mich um ein bedürftiges Kind kümmern"

„Als meine drei Töchter aus dem Haus waren, wollte ich mich um ein bedürftiges Kind in Hamburg kümmern“, sagt sie. Mit diesem Argument sprach sie bei der Stiftungsleiterin Ingrid Ehlerding vor. Doch diese wollte ihr Engagement nicht für ein einziges Kind, sondern viele weitere einsetzen. Sie sollte Mädchen und Jungen die passenden Paten vermitteln. Mit dieser Idee gewann die Leiterin Hell für ihre Stiftung.

Penda Badjie hat über das „mitKids“-Programm der Ehlerding Stiftung eine Patin gefunden.
Penda Badjie hat über das „mitKids“-Programm der Ehlerding Stiftung eine Patin gefunden. © Unbekannt | Roland Magunia

Innerhalb weniger Monate fand Bettina Hell zwei Frauen für die beiden Töchter. Allerdings steht nur noch Penda mit ihrer Patin in Kontakt, die andere Beziehung verlief sich. „Ich freue mich sehr darüber, dass meine Mutter mich damals angemeldet hat“, sagt Penda, „meine Patentante und ihr Mann gehören zu unserer Familie dazu. Sogar meine Oma in Gambia hat schon mit ihr telefoniert.“

Wie Penda und ihre Patin zueinander fanden

Doch bevor es zum Kontakt zwischen dem Mädchen und ihrer 73 Jahre alten Patin kam, musste Hell eine passende Kandidatin finden. Nicht nur Familien mussten sich bewerben, sondern auch freiwillige Paten. „Wir wollen nur Menschen, die im Leben angekommen sind, Verantwortung übernehmen wollen und zu den Kindern halten“, sagt Hell. Wer sich aus Lust und Langeweile anmelde, würde kein Patenkind bekommen. Auch wer etwas kompensieren wolle, zum Beispiel eine gescheiterte Ehe, falle aus dem Raster raus. Und: Wer sich bewirbt, muss Zeit haben. Die Stiftung sieht vor, dass die Paare sich jede Woche zu zweit sehen.

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Bettina Hell engagiert sich als Patenschaftsbegleiterin bei der Hamburger Ehlerding Stiftung.
Bettina Hell engagiert sich als Patenschaftsbegleiterin bei der Hamburger Ehlerding Stiftung. © Unbekannt | Roland Magunia

Als Penda und ihre Patin auf dem Papier zusammengefunden hatten, besuchte Hell die beiden einzeln und erzählte vom jeweils anderen. Dann rückte der Tag des richtigen Kennenlernens näher. Penda erinnert sich an das Treffen, dabei war sie damals erst vier Jahre alt. „Frau Hell ist an dem Tag vorbeigekommen und hat meine Patin mitgebracht.“ Als sie auf dem Balkon saßen, sei das Mädchen der Fremden auf den Schoß gesprungen. „Davon habe ich sogar ein Foto. Ich wollte den Moment in Erinnerung halten“, sagt Hell. Anschließend seien Mädchen und Patin alleine losgezogen und auf den nächsten Spielplatz gegangen.

In der Corona-Zeit durfte Penda ihre Patin nicht sehen

Von da an wurde der Freitag Patentag. Sie sahen sich alle sieben Tage, mit einer Ausnahme: In der Corona-Zeit konnten sie lange nichts unternehmen, doch sie wurden erfinderisch. „Meine Patentante hat mir jeden Freitag etwas gekocht.“ Penda durfte sich jede Woche etwas wünschen. Ihr Mann, der für das Mädchen wie ein Patenonkel geworden war, habe das Essen dann vorbeigebracht und vor der Tür abgestellt. „Ich habe mal Lasagne bekommen, mal Pfannkuchen und immer viel Schokolade dazu.“ Mittlerweile sind beide geimpft und dürfen sich wiedersehen.

Am 7. Juli 2022 jährt sich die Beziehung zum zehnten Mal, dann feiern das Mädchen und ihre Patentante, essen Kuchen mit ihrer großen Hamburger Familie. Bettina Hell wird auch dabei sein. Bis dahin wird die Patenschaftsbegleiterin offenbar noch einige Stücke Kuchen essen. Sie betreue rund 25 Patenschaften, und viele davon würden in diesem Jahr einen runden Geburtstag feiern.

Die Ehlerding Stiftung hat nach eigenen Angaben rund 190 Tandems zusammengeführt und möchte weitere vermitteln. Zum Beispiel sucht Pendas acht Jahre alter Bruder einen Paten. Aus diesem Grund lädt die Stiftung am 7. und 9. September um jeweils 19 Uhr zu einer Informationsveranstaltung für Patenschaftsbegleiter ein. Die Veranstaltung wird online stattfinden. Interessenten können sich per E-Mail an mitkids@ehlerding-stiftung.de anmelden.