Hamburg. Nur an zwei von 715 Orten wird im Mehrschichtbetrieb gearbeitet. CDU klagt Senat an. Dieser verweist auf Lärmschutz.
Derzeit gibt es 715 Baustellen im Hamburger Straßennetz – aber nur an zwei davon wird im Zwei- oder Mehrschichtbetrieb gearbeitet. In drei Fällen ist eine „Bonus-Malus-Regelung“ mit den Baufirmen vereinbart, nach der diese Prämien bekommen, wenn sie schneller arbeiten – und Strafzahlungen für Verspätungen leisten müssen.
Das hat der Senat in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage des CDU-Fraktionsvorsitzenden Dennis Thering eingeräumt. Demnach gibt es Verspätungen derzeit nur bei elf Baustellen – darunter Lombards-, Landescheideweg- und Kattwykbrücke, Alter Teichweg, Caffamacherreihe und Arbeitsstellen auf den Velorouten 1, 5, 10 und 11.
Baustellen in Hamburg: Massive Kritik der CDU
„Wenn ein Verkehrsnetz so auf Kante genäht ist, dass jedes Sonderereignis quasi die Stadt zum Erliegen bringt, muss die Frage erlaubt sein, ob dieser Senat wirklich genug dafür macht, einen Verkehrsfluss sicherzustellen“, sagte CDU-Fraktionschef Thering.
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Dass nur an zwei Baustellen im Mehrschichtbetrieb gearbeitet werde, zeige „die Ambitionslosigkeit von SPD und Grünen“. Es sei „blamabel“, dass „die SPD ihren grünen Verkehrssenator machen lässt und das alles lethargisch hinnimmt“, so Thering. „Dieser rot-grüne Senat hat Wirtschaft und Arbeitsplätze in unserer Stadt längst aus dem Blick verloren.“
Mehrschichtbetrieb wegen des Lärmschutzes nicht möglich
Die Verkehrsbehörde des grünen Senators Anjes Tjarks betonte, dass auf Autobahnen und Bundesstraßen „regelhaft“ so lange gearbeitet werde, wie es hell sei. Bei Baustellen in der Stadt sei ein Mehrschichtbetrieb „in der Regel aus Gründen des Lärmschutzes“ nicht möglich, so ein Tjarks-Sprecher.
„Eine Bonus-Malus-Regelung setzt voraus, dass alle Fachlose an ein Hauptunternehmen vergeben werden. Dies wäre mittelstandsfeindlich“, so die Senatsantwort. Wesentlicher Grund für „die Wahrnehmung eines nicht optimalen Verkehrsflusses ist und bleibt die Überlastung des städtischen Straßennetzes.“
Verkehr auf Straßen wieder auf dem Weg zum Vor-Corona-Niveau
Kaum hat sich die Corona-Lage durch die Impfungen etwas entspannt, ist der Verkehr auf Hamburgs Straßen und Wegen indessen wieder auf dem Weg zum Vor-Corona-Niveau. Das haben zuletzt Daten von Navigationsfirmen und Beobachtungen der Hamburger Polizei gezeigt. Und damit rücken auch Staus und Baustellen wieder in den Blickpunkt.
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Schon Mitte Juli hatten der Verein der Hamburger Spediteure, der Unternehmensverband Hafen Hamburg (UVHH) und der Verband Straßengüterverkehr und Logistik einen Brandbrief an Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) geschrieben – und die „aktuelle Verkehrssituation in Hamburgs Süden“ als „für die Hafen- und Logistikwirtschaft nicht länger hinnehmbar“ bezeichnet.
Wirtschaftsverbände warten auf eine Antwort
Eine Antwort haben sie nicht erhalten. Nach Auskunft des Sprechers von Bürgermeister Tschentscher sei das Schreiben an die Verkehrsbehörde des grünen Senators Anjes Tjarks weitergeleitet worden, da dieser fachlich zuständig sei.
Tjarks-Sprecher Dennis Heinert räumte ein, dass man den Wirtschaftsverbänden auch nach vier Wochen noch nicht geantwortet habe. UVHH-Präsident Gunther Bonz bestätigte dies dem Abendblatt und wies darauf hin, dass er auch zahlreiche Vorschläge zur Verbesserung der Situation gemacht habe, auf die der Senat nicht eingegangen sei. „Hamburg ist als Handels- und Hafenmetropole auf einen fließenden Warenverkehr angewiesen“, sagt CDU-Fraktionschef Dennis Thering.
Beschwerdebriefe an Bürgermeister und Senat
„Davon kann in Hamburg jedoch nicht die Rede sein, denn so weit das Auge reicht, auf allen wichtigen Verkehrsachsen der Stadt staut sich der Verkehr. Und dabei spielt eine Vielzahl von Baustellen auf allen Ein- und Ausfallstraßen gleichzeitig die Hauptrolle.“ Mittlerweile sei „die Verkehrssituation in Hamburg so schlecht geworden, dass wichtige Wirtschaftslenker dieser Stadt sich mit Beschwerdebriefen an Bürgermeister und Senat richten“.
Thering verweist auch darauf, dass SPD-Politiker wie Bürgermeister Peter Tschentscher und Finanzsenator Andreas Dressel bei einem Parteitag 2018 versprochen hatten, die Baustellen besser zu koordinieren. Die Verkehrsbehörde betonte dazu auf Nachfrage, dass man bereits Ende 2018 eine „24-Punkte-Drucksache“ zur Verbesserung von Koordination und Verkehrsfluss beschlossen habe.
Behörde habe „großes Verständnis “
Der Senat betont stets, dass es notwendig sei, Straßen zu sanieren – und dass man sich dieser Aufgabe derzeit so intensiv annehme wie kaum einmal zuvor. „2020 wurden in Hamburg 194 Kilometer Straßen saniert und zukunftssicher gemacht – ein Rekordwert“, schreibt er in der Antwort auf eine Kleine Anfrage von CDU-Mann Thering zum Baustellenmanagement.
Die Behörde habe „großes Verständnis dafür, dass Stausituationen für die betroffenen Menschen mit Beeinträchtigungen einhergehen“, heißt es weiter. Es sei das „starke Bestreben, Baustellen zeitlich, verkehrlich und baulich miteinander zu koordinieren, um die Beeinträchtigungen möglichst zu reduzieren“. Nur etwa ein Prozent aller Baustellen seien (meist witterungsbedingt) im zeitlichen Verzug.
Fast 200 neue Baustellen sind bis Jahresende geplant
Dass sich die Lage auf Hamburgs Straßen im Herbst entspannt, scheint eher unwahrscheinlich. Fast 200 neue Baustellen sind bis Jahresende geplant. Dabei geht es um alles, was in einer Stadt gemacht werden muss: Sielbau, Straßensanierung, Leitungsbau, die Sanierung von Fußwegen oder Brücken, den Neubau von Velorouten usw.
Erhalt und Sanierung der Infrastruktur sei „im Sinne der Mobilität aller Hamburgerinnen und Hamburger“, so der Senat. Diese würden „mit allen beteiligten Partnern wie Deutsche Bahn AG, Landesbetrieb Straßen, Brücken, Gewässer, Autobahn GmbH, Stromnetz Hamburg GmbH, Gasnetz Hamburg GmbH, Wärme Hamburg GmbH sowie Hamburg Wasser eng abgestimmt und koordiniert“.