Hamburg. BUND warnt: Wichtige Gebäudesanierungen kämen nicht voran, die Pkw-Zahl wachse weiter und es fehle an Geld und Personal.
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat den Senat vor einem „Scheitern mit Ansage“ bei seinen Plänen zum Klimaschutz gewarnt. „Es fehlt an wirksamen Maßnahmen, Personal und Geld. Bei der energetischen Sanierung des Gebäudebestands liegen wir hinten, die Stadtentwicklungsbehörde liefert nicht“, sagt BUND-Landesgeschäftsführer Manfred Braasch. „Im Verkehrsbereich drohen die im Klimaplan benannten Projekte aus Geldmangel auf der Strecke zu bleiben. Und in der Umweltbehörde fehlt es an Personal.“
Ein Kernpunkt der Kritik sind die aus Sicht des BUND ungenügenden Fortschritte bei der energetischen Sanierung bestehender Gebäude. Diese soll laut Hamburger Klimaplan einen großen Beitrag zur angestrebten Gesamteinsparung von 4,1 Millionen Tonnen CO2 bis 2030 leisten – nämlich 567.000 Tonnen.
Erreichen von Ziel des Hamburger Klimaplans unrealistisch
Dieses Ziel ist laut einer Berechnung des Senats allerdings nur erreichbar bei einer jährlichen Sanierungsquote von zwei Prozent. Von dieser Quote aber ist die Stadt weit entfernt – in der Realität werden zuletzt laut BUND gerade einmal 0,6 Prozent der Gebäude modernisiert. Das hat wohl auch damit zu tun, dass die Kapazitäten der Baufirmen derzeit nicht ausreichen.
Die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen von Senatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) hatte bereits im Januar 2020 in einer Anhörung der Bürgerschaft zum Klimaplan eine Machbarkeitsstudie angekündigt, wie man dieses Problem lösen könne. Erste Ergebnisse sollten bis Sommer 2020 vorliegen. „Bislang ist nichts bekannt, die Studie soll nun frühestens im Herbst 2021 fertig sein. Es gibt also weiterhin keinen Plan“, kritisiert BUND-Chef Braasch. „Außerdem gibt es kaum Handwerker, die die energetische Sanierung durchführen, weil fast alle im Neubau in Hamburg unterwegs sind.“ Mithin: „Dieser Bereich liegt brach und wird bis 2030 nicht die Einsparmengen bringen.“
Keine Anzeichen von Reduktion beim MIV
Auch im Verkehrsbereich laufe es nicht gut mit der Erreichung der ehrgeizigen Ziele, so Braasch. Der Klimaplan sehe bis 2030 Einsparungen von mehr als einer Million Tonnen CO2 vor. Den größten Anteil davon solle der Umstieg vieler Menschen vom „Motorisierten Individualverkehr“ (MIV) auf den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) erbringen, nämlich 621.000 Tonnen.
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„Aber im Bereich des MIV gibt es keine Anzeichen einer Reduktion: Die Zulassungszahlen für Pkw in Hamburg steigen, und bezogen auf die realen Personenkilometer ist der MIV nicht rückläufig“, konstatiert der BUND-Geschäftsführer.
HVV kämpft durch Corona mit Einnahmeausfällen
Hinzu komme eine andere Befürchtung: Weil die Fahrgastzahlen durch die Corona-Pandemie zuletzt um bis zu 70 Prozent zurückgegangen sind, hat der HVV mit massiven Einnahmeausfällen im dreistelligen Millionenbereich zu kämpfen. Diese erschweren nach Einschätzung des BUND die ehrgeizigen Ausbaupläne bei Schnellbahnen und Bussen, die ja ein wesentlicher Eckpfeiler für den Klimaschutz sein sollen.
Ein weiterer Kritikpunkt des BUND: Im Koalitionsvertrag hatten SPD und Grüne zwar eine Summe von zwei bis drei Milliarden Euro festgeschrieben, die für die Umsetzung der Klimaschutzmaßnahmen bis 2030 nötig sei. Die angemeldeten Bedarfe der Umweltbehörde für die entsprechenden Personal- und Sachmittel seien aber schon im aktuellen Haushalt nicht vollständig bewilligt worden – für 2022 sehe es noch schlechter aus.
Hamburgs Klimaziele nicht mit grünem Wasserstoff erreichbar
BUND-Chef Braasch verweist bei all dem auf einen Tweet, in dem Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) Mitte März schrieb: „Es ist unser Ziel, dass Hamburg als erste große Metropole in Europa klimaneutral wird.“ Es sei zunächst „dringend notwendig, dass der Bürgermeister die Karten auf den Tisch legt, wie er auch nur die beschlossenen Einsparziele bis 2030 erreichen will“, so BUND-Chef Braasch.
Mit grünem Wasserstoff und Reallaboren seien die Ziele derzeit nicht erreichbar, da „bei grünem Wasserstoff erst einmal rund ein Drittel des eingesetzten Ökostroms vernichtet wird und es derzeit nicht ausreichend Ökostrom“ gebe. „Massive Energieeinsparung und kluge Effizienztechniken müssen weiterhin die zentralen Ansätze im Klimaschutz bleiben“, fordert Braasch. „Ein Technikhype Wasserstoff als Geschäftsfeld für strauchelnde Energiekonzerne ist nicht die Lösung.“