Hamburg. Polizei und Bürgermeister zeigen sich zufrieden, Außenminister Steinmeier spricht von “sehr, sehr kontroversen Debatten“.

Zum Abschluss des OSZE-Außenministertreffens in Hamburg hat die Polizei Hamburg eine positive Bilanz gezogen. „Der Einsatz ist wirklich wie am Schnürchen gelaufen, fast schon wie ein Uhrwerk“, sagte Polizeisprecher Timo Zill am Freitag. „Wir sind sehr, sehr zufrieden.“ Es blieb friedlich.

Das bestätigte auch die Bundespolizei. "Unser Einsatzkonzept ist voll aufgegangen“, sagte deren Einsatzleiter Thomas Przybyla. Trotz des hohen Umfangs der Sicherheitsmaßnahmen im Bahnbereich und am Flughafen seien Reisende nur im geringen Maße beeinträchtigt worden. In der Spitze waren nach seinen Angaben rund 2700 Einsatzkräfte der Bundespolizei in Hamburg im Einsatz.

Durch eine sichtbare Präsenz in den Zügen und Bahnhöfen, sowie am Flughafen sei es zu keinen Störungen im Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei gekommen. Der Bahn- und Luftverkehr in der Hansestadt sei reibungslos ohne Beeinträchtigungen gelaufen. Przybyla hob die gute Zusammenarbeit mit der Polizei Hamburg und dem Bundeskriminalamt hervor.

Getreu der Fußballer-Weisheit von Sepp Herberger „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel“ werde sich die Bundespolizeidirektion Hannover nach Abschluss des OSZE-Ministerratstreffens direkt auf den 2017 anstehenden G20-Gipfel in Hamburg mit derselben Intensität und Professionalität vorbereiten.

Steinmeier spricht von "sehr, sehr kontroversen Debatten"

Bei aller Freude über die geglückten Rahemnbedingungen ging das Ministertreffen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) jedoch ohne eine gemeinsame Erklärung zu Ende. Die 57 Mitgliedsländer konnten sich nach zweitägigen Beratungen nicht auf eine einheitliche Linie verständigen. Statt dessen veröffentlichte Deutschland als Gastgeber des Treffens und amtierender OSZE-Vorsitzender eine eigene Erklärung.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sprach in seiner Bilanz von „in Teilen sehr, sehr kontroversen Debatten“. Größter Streitpunkt war der Konflikt im Osten der Ukraine. Moskau und Kiew überzogen sich wieder mit gegenseitigen Vorwürfen. Steinmeier mahnte, die OSZE müsse „effektiver und handlungsfähiger“ werden. Er fügte aber hinzu: „Unterm Strich komme ich trotzdem zu einem positiven Ergebnis.“

Parallel zum deutschen Abschluss-Kommuniqué wurden eine Reihe von gemeinsamen Papieren zu Einzelfragen sowie eine „Zukunftserklärung“ verabschiedet, an der sich auch die beiden künftigen OSZE-Vorsitzenden Österreich (2017) und Italien (2018) beteiligten. Österreichs Außenminister Sebastian Kurz kündigte an, Russland wieder stärker einbeziehen zu wollen.

Polizeipräsenz nimmt bereits deutlich ab

50 Außenminister der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) waren am Donnerstagmorgen in den Messehallen zusammengekommen. Zu den wichtigsten Streitpunkten gehörte der Konflikt in der Ukraine. OSZE-Generalsekretär Lamberto Zannier sprach am Freitagmorgen von tiefgehenden Meinungsverschiedenheiten. „Die OSZE ist gespalten, und die Spaltung ist tief“, sagte er. Deutschland reicht den Vorsitz der OSZE zum Jahresende weiter an Österreich.

Bereits am Freitagmorgen nahm die Polizeipräsenz in der Stadt deutlich ab. „Viele Einheiten werden schon wieder in ihre Heimatbundesländer zurückgeschickt“, sagte Zill. Denn es seien schon viele Delegationsteilnehmer abgereist. Auch das Rathaus wurde komplett freigegeben.

Scholz lobt "Entspanntheit" der Hamburger

Hamburgs Erster Bürgermeister hat eine positive Bilanz des OSZE-Ministertreffens in Hamburg gezogen. Die „Entspanntheit“ der Hamburgerinnen und Hamburger habe sich auf die Teilnehmer der Konferenz übertragen, sagte der SPD-Politiker am Freitag am Rande des OSZE-Treffens.

Die Konferenz sei sehr gut und wichtig gewesen. Angesichts der vielen Krisen in der Welt sei es gut, dass Spitzendiplomaten aus 57 Staaten hier in Hamburg miteinander gesprochen hätten. Scholz dankte den Einsatzkräften der Polizei, die in den vergangenen Tagen die Konferenz sicherten. Die Beeinträchtigungen für Hamburgerinnen und Hamburger seien vertretbar gewesen. Allerdings habe man bei der Organisation des Treffens sich auch darum bemüht, die Einschränkungen für die Bürgerinnen und Bürger so gering wie möglich zu halten.

"Der G20-Gipfel wird ein ganz anderes Treffen"

Das OSZE-Treffen sei zwar kein Testlauf für den G20-Gipfel im Juli kommenden Jahres in Hamburg gewesen, sagte Scholz. „Der G20-Gipfel wird ein ganz anderes Treffen.“ Allerdings werde man die in den vergangenen Tagen gemachten Erfahrungen nutzen. Es sei „ein gutes Zeichen“, dass bei dem OSZE-Treffen alles gut geklappt habe. „Was bleibt, ist ein gutes Gefühl, dass wir es hinbekommen“, sagte Scholz.

Der Bürgermeister zeigte Verständnis für die verschiedenen Demonstrationen am Rande des OSZE-Treffens. Deutschland sei ein Land, in dem Menschen ohne Angst ihre Meinung frei äußern könnten. Daher gehörte derartige Veranstaltungen dazu.

ADAC kritisiert Beeinträchtigungen im Verkehr

Nach Ansicht des ADAC versetzte die OSZE-Konferenz den Hamburger Straßenverkehr in einen „geordneten Ausnahmezustand“. Die Straßensperrungen rund um den Tagungsort auf dem Messegelände, kurzfristige Abriegelungen von Kreuzungen, 3000 Polizeifahrzeuge, zahlreiche Wagenkolonnen - das alles habe massive Einschränkungen für die Autofahrer bedeutet, sagte der Sprecher des ADAC-Hansa-Clubs, Christian Hieff.

Anders als große Sportveranstaltungen oder Freizeitevents wie die Harley Days habe der OSZE-Ministerrat die Autofahrer im Berufsverkehr getroffen. Behindert worden seien auch die Busse in der Innenstadt. Nur mit der Bahn oder dem Fahrrad sei man weitgehend unbeeinträchtigt vorangekommen.

Mit Blick auf das geplante Treffen der Staats- und Regierungschefs der führenden Industrie- und Schwellenländer am 7. und 8. Juli 2017 sagte der ADAC-Sprecher: „Die Autofahrer haben zu spüren bekommen, was der G20-Gipfel bedeuten wird.“ Die Hamburger müssten auf gutes Wetter hoffen, damit sie auf das Fahrrad umsteigen oder kürzere Strecken zu Fuß bewältigen könnten.

Gegen 19.30 Uhr am Freitag waren alle zuvor gesperrten Straßen rund um die Messehallen wieder freigegeben.

Bewohner machen ihrem Ärger Luft

Zum Schutz der Minister setzte die Polizei in der Hansestadt mehr als 10 000 Beamte ein, Hubschrauber kreisten über der Innenstadt, Straßen wurden gesperrt und die Ausweise von Anwohnern in der Sicherheitszone kontrolliert - nicht alle fanden dies gut. Viele machten ihrem Ärger im Kurznachrichtendienst Twitter Luft. „Ich habe gefühlt heute so viele Polizeiautos und Hubschrauber gesehen, wie noch nie in meinem Leben“, schrieb ein Nutzer. Andere klagten über Staus und Umwege, die durch die Sicherheitszonen notwendig geworden seien. Bereits am Freitagmorgen nahm die Polizeipräsenz in der Stadt deutlich ab, weil viele Delegationsteilnehmer bereits abgereist waren. Auch das Rathaus wurde wieder komplett freigegeben.

Laut Innensenator Andy Grote präsentierte sich Hamburg während der OSZE-Tagung als weltoffene Metropole und guter Gastgeber. „Sicherheitskonzept und Einsatzorganisation haben sich bewährt und für einen reibungslosen Ablauf gesorgt“, sagte der SPD-Politiker. „Uns ist bewusst, dass diese Großveranstaltung für die Hamburgerinnen und Hamburger auch mit Belastungen verbunden war. Unterm Strich konnten die Einschränkungen aber in Grenzen gehalten werden.“

Linke-Fraktion sagt Kundgebung ab

Auch die Teilnehmerzahlen bei den Protestveranstaltungen hielten sich in Grenzen. Zu einem Demonstrationszug von deutschen, kurdischen und türkischen Gruppen erschienen am Donnerstag rund 500 Menschen - angemeldet hatten die Veranstalter 1500 Teilnehmer.

Lediglich eine Demonstration linker Gruppen am Donnerstagabend mit rund 1300 Teilnehmern fand größeren Widerhall - angemeldet waren zunächst nur 200 Teilnehmer. Die letzte Versammlung wurde abgesagt. „Nachdem die erste Kundgebung insgesamt wenig Rücklauf hatte, haben wir uns entschieden, die Veranstaltung am Freitag entfallen zu lassen“, sagte die Geschäftsführerin der Linke-Fraktion, Margret Geitner.