Hamburg/Berlin. Die Hansestadt erreicht im diesjährigen Länderranking Platz fünf. Es sind zwei Faktoren, die zu der positiven Entwicklung beitragen.
Das Hamburger Bildungssystem kann sich im Ländervergleich auf einem der vorderen Plätze festsetzen. Das ist ein Ergebnis des in Berlin vorgestellten „Bildungsmonitors 2017“ des arbeitgebernahen Instituts der Deutschen Wirtschaft (DIW). Danach belegt Hamburg in dem breit angelegten Vergleich der Leistungsfähigkeit, Gerechtigkeit und Effizienz der Bildungssysteme wie im Vorjahr Rang fünf unter den 16 Ländern. Im Vierjahresvergleich hat Hamburg nach dem Saarland die größten Fortschritte erzielt.
Es sind im Wesentlichen zwei Faktoren, die laut „Bildungsmonitor“ zu der positiven Entwicklung beitragen: der hohe Standard des Fremdsprachenunterrichts und der konsequente Ausbau der Ganztagsbetreuung. Fast jeder Hamburger Grundschüler (99,3 Prozent) wird in Englisch unterrichtet – in der Regel von Klasse drei an.
Quote bundesweit lediglich bei 67,1 Prozent
Bundesweit liegt die Quote lediglich bei 67,1 Prozent. Auch der Anteil der Berufsschüler mit Fremdsprachenunterricht ist mit 79 Prozent weit überdurchschnittlich (Bundesschnitt: 33,7 Prozent). Schließlich weisen die Hamburger Schüler weit überdurchschnittliche Leistungen im Hörverstehen und im Lesen des Englischen auf. Damit belegt Hamburg Platz eins unter den Ländern im Bereich Internationalisierung.
Leitartikel: Lohnende Investitionen
Exakt 98,1 Prozent der Grundschüler lernten bereits 2015 an einer Ganztagsschule (Bundesschnitt: 34,4 Prozent). Auch in der Sekundarstufe I ist die Ganztagsquote mit 94,8 Prozent gegenüber 41,5 Prozent bundesweit überdurchschnittlich. „In Hamburg sind die Schüler-Lehrer-Relationen insbesondere an den Grundschulen und in der Sekundarstufe I der Gymnasien besonders gut. Hamburg erzielt hier jeweils den besten Wert aller Länder“, heißt es im „Bildungsmonitor“.
Ein Grundschullehrer für 12,9 Kinder
Auf einen Grundschullehrer kamen rechnerisch 12,9 Kinder, im Bundesdurchschnitt waren es 16,2 Kinder. Pro Lehrer gibt es in den Klassen 5 bis 10 der Gymnasien 13,4 Schüler (Bund: 15). Besonders schlecht ist die Schüler-Lehrer-Relation im Bundesvergleich dagegen in der Sekundarstufe II.
Aus Sicht des „Bildungsmonitors“ liegen die Schwächen des Hamburger Bildungssystems unter anderem in den Bereichen Integration und „Bildungsarmut“: So hatte die Vergleichsstudie des Instituts für Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) 2015, auf die Bezug genommen wird, einen engen Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg nachgewiesen. Bei der Überprüfung des Bildungsstandards im Lesen hatten relativ viele Hamburger Schüler zudem nur die unterste Kompetenzstufe erreicht und landeten auf Platz 14 unter allen Ländern. Allerdings kam Hamburg beim Gesamtdurchschnitt in der Lesekompetenz auf Platz neun.
Kritisch fällt das Urteil des „Bildungsmonitors“ auch beim Thema Digitalisierung an Schulen aus. Laut der sogenannten Telekom-Studie aus dem Jahr 2016 ist Hamburg Schlusslicht bei der Nutzung digitaler Medien im Unterricht. So sollen nur vier Prozent der Schüler (bundesweit 16 Prozent) täglich mit IT-Infrastruktur lernen, 71 Prozent (Bund: 50 Prozent) dagegen seltener als einmal wöchentlich. Allerdings basieren die Angaben aus dieser Studie ausschließlich auf einer Befragung von relativ wenigen Lehrern.
„Ich freue mich darüber, dass wir insgesamt gut bewertet worden sind“, sagte Schulsenator Ties Rabe (SPD). Der Ausbau der Ganztagsbetreuung und der frühe Englischunterricht hätten Hamburg „nach vorn gerissen“. Doch Rabe sieht die Studie auch kritisch. „Es werden viele richtige Einzelfakten zusammengetragen, aber wie daraus in der Gesamtschau ein Ranking wird, ist ein Buch mit sieben Siegeln“, sagte der SPD-Politiker. Es sei nicht klar, wie es zu der Gewichtung der untersuchten Bereiche gekommen sei.
Spitzenreiter: Sachsen, Thüringen und Bayern
Die SPD-Schulpolitikerin Barbara Duden nannte die Ergebnisse des Bildungsmonitors „Bestätigung und Ansporn“ der rot-grünen Bildungspolitik. Dennoch habe Hamburg besondere Herausforderungen zu bewältigen, so etwa im Bereich Integration. „Hier gilt es, weiter mit aller Kraft am Ziel der Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit zu arbeiten.“ Die FDP-Bildungsexpertin Anna von Treuenfels-Frowein kritisierte, dass Bildung noch immer zu stark vom Elternhaus abhängig sei. „In Hamburg ist der Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungsarmut noch immer viel zu groß. Das ist sozial ungerecht.“
Der „Bildungsmonitor“ bilanziert die Entwicklung von Schulen und Hochschulen auf zwölf Handlungsfeldern aus einer wirtschaftlichen Perspektive: Es geht um Bildungsausgaben, Effizienz des Mitteleinsatzes, Betreuungsbedingungen, Schulqualität, Integration sowie Arbeitsmarkt- und Forschungsorientierung. Spitzenreiter des Rankings sind Sachsen, Thüringen, Bayern und Baden-Württemberg. Hamburg führt das Mittelfeld an, während Nordrhein-Westfalen, Bremen und Berlin am Ende rangieren.