Hamburg. Fridays-for-Future-Streik mit 30.000 Teilnehmern in Hamburg. Interventionistische Linke will Verkehr in Hamburger City lahmlegen.

Zwei Tage vor dem zweiten globalen Klimastreik der Fridays for Future-Bewegung, bei dem die Polizei in Hamburg mit bis zu 30.000 Teilnehmer rechnet, ist bekannt geworden, dass Linksextremisten die friedliche Demo für ihre Zwecke nutzen wollen. "Lasst uns gemeinsam am 20.09. im Anschluss an die große Global-Streik-Demonstration mit Aktionen des zivilen Ungehorsams den Verkehr in der Innenstadt Hamburgs lahmlegen, um auf die Dringlichkeit der Klimakrise aufmerksam zu machen!!", teilt die Interventionistische Linke (IL) Hamburg in sozialen Netzwerken mit.

Der Verfassungsschutz stuft die Gruppe als extremistisch ein und hatte bereits im April davor gewarnt, dass die IL  versucht, die Schülerdemonstration für ihre politischen Zwecke zu „instrumentalisieren“ – was bisher aber fehlschlug. Linksextremisten versuchten jedoch weiterhin, das Thema Klimaschutz für sich zu instrumentalisieren.

Verfassungsschutz warnt vor Linksextremisten bei Klima-Demo

"Es wird weiter versucht, über den persönlichen Kontakt sowie Unterstützungshandlungen Fridays for Future zu beeinflussen", teilte der Hamburger Verfassungsschutz am Mittwoch mit. Diese Bemühungen dienten auch dazu, für sich selbst und die eigenen Ziele – letztlich die „Beseitigung des kapitalistischen Systems“ – zu werben und neue Anhänger zu rekrutieren.

"Im Gegensatz zu Fridays for Future und gleichgelagerten Gruppen geht es linksextremistischen Gruppierungen wie der Interventionistischen Linken bei ihren Aktionen nicht um den Klimaschutz, sondern um den Anschluss und die 'Scharnierfunktion' linksextremistischer Gruppen an das bürgerliche Spektrum, um dieses anschließend zu radikalisieren", warnte der Hamburger Verfassungsschutz.

Linksextreme wollen "zentrale Verkehrsrouten Hamburgs blockieren"

Aktivisten der Gruppe “Sitzenbleiben!” – ein Zusammenschluss aus den Gruppen "Ende Gelände Hamburg", der Interventionistischen Linken Hamburg und anderen Initiativen – wollen am Freitag ab 16 Uhr nach eigenen Angaben "zentrale Verkehrsrouten Hamburgs blockieren". So solle der Druck auf die Politik  erhöht werden. „Lassen Sie Ihr Auto am 20. September lieber gleich Zuhause, um lange Staus zu vermeiden“, rät Sitzenbleiben!-Aktivistin Jule Furthmann. „Wenn wir die Klimakatastrophe aufhalten wollen, müssen wir jetzt handeln. Es ist Zeit für einen Klima-Generalstreik!“

Der Verfassungsschutz geht davon aus, dass die linksextremistischen Gruppen die geplanten Blockade-Aktionen auch bei der friedlichen Klima-Demo am Mittag bewerben werden.

Auch inksextremistische "Antifa Altona Ost" beteiligt sich

Bereits am Donnerstag gibt es ein sogenanntes Blockade- und Aktionstraining in Räumlichkeiten des AStA der Uni Hamburg. Abends treffen sich Teilnehmer der Straßenblockade zu einem "Barabend" in der Roten Flora. Wo die Linksradikalen am Freitag für ein Verkehrschaos sorgen wollen, soll erst kurz vorher via Twitter mitgeteilt werden. Fest steht: Die Aktivisten wollen auf einer Verkehrskreuzung einen "Teach-In mit Klima-Workshops" geben. Die Polizei hält sich noch bedeckt, was eine Einschätzung der Lage angeht: "Störaktionen werden wir vor Ort genau beobachten und angemessen reagieren“, sagte Polizeisprecher Timo Zill. Am Freitag werden mehrere Hundertschaften im Einsatz sein.

"Auch die linksextremistische 'Antifa Altona Ost' wird sich mit ihrem Label 'Jugend gegen rechte Hetze' im Mottoblock 'No Future for Capitalism!“ an der Demonstration beteiligen", teilte der Hamburger Verfassungsschutz am Mittwoch mit. Sie werbe ebenfalls für Blockadeaktionen.

Alle Hamburger zur Klima-Demo aufgerufen

Seit Anfang des Jahres protestieren Schüler und Studenten unter dem Motto Fridays for Future für mehr Klimaschutz – auch in Hamburg gehen jeden Freitag Hunderte junge Menschen auf die Straße. Beim zweiten globalen Klimastreik der Fridays for Future-Bewegung unter dem Motto "Alle fürs Klima" sind diesmal nicht nur Schüler und Studenten, sondern alle Hamburger aufgerufen, sich an den Protesten für mehr Klimaschutz zu beteiligen, sagte Nele Brebeck, Studentin und Mitorganisatorin bei Fridays for Future in Hamburg.

Nicht nur Fridays for Future-Aktivisten rufen zum Protest auf, sondern auch Umweltverbände wie BUND, Greenpeace, die Nordkirche und verschiedene Gewerkschaften, darunter Ver.di, DGB und die IG Metall mobilisieren zu der Demonstration. Hintergrund für den „globalen Klimastreik" sind der Entwurf des Klimaschutzgesetzes, den die Bundesregierung am Freitag vorlegt, und der am 23. September stattfindende Klimagipfel in New York.

Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen zum Klima-Protest in Hamburg:

Wann und wo findet die Protest-Aktion statt?

Die Marschroute
Die Marschroute © HA | Unbekannt

Die Demonstration soll um 12 Uhr am Jungfernstieg starten. Die Marschroute verläuft über folgende Straßenzüge: Jungfernstieg, Bergstraße, Mönckebergstraße, Steintorwall, Glockengießerwall, Lombardsbrücke, Esplanade, Stephansplatz, Gorch-Fock-Wall, Johannes-Brahms-Platz, Dragonerstall, Valentinskamp, Gänsemarkt, Jungfernstieg.  Die Anfangs-und Schlusskundgebung findet auf dem Vorplatz der Europapassage statt. Die Straßen werden zeitweilig gesperrt.

 Eine dauerhafte Vollsperrung ist für den Bereich Ballindamm und Jungfernstieg von 9 Uhr bis 16 Uhr geplant. Polizeipressesprecher Timo Zill: "Diese Demonstrationen und Veranstaltungen werden in der Innenstadt, aber in Teilen auch darüber hinaus zu erheblichen Verkehrsbeeinträchtigungen führen. Wir bitten deshalb die Verkehrsteilnehmer sich darauf einzustellen, den Bereich großräumig zu umfahren oder den öffentlichen Nahverkehr zu nutzen.“

Was ist das Besondere an dieser Protestaktion?

Unter dem Hashtag #AllefürsKlima ruft Fridays for Future erstmals nicht nur Schüler sondern explizit auch Erwachsene auf, an dem Protest teilzunehmen. Auch Musiker unterstützen die Veranstaltung. Auf den Kundgebungen in der Hansestadt werden unter anderem die Musiker Bosse, Enno Bunger, Mal Eleve und Mia auftreten. Außerdem wird Kampf der Künste einen Poetry Slam vortragen und der Klimaforscher Mojib Latif eine Rede halten. Prominente wie Jan Delay und Udo Lindenberg rufen ebenfalls zum Klimastreik auf.

Können auch Lehrer an dem Streik teilnehmen?

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) ruft zwar nicht offiziell zum Streik auf, zeigt sich mit der Aktion aber solidarisch. Laut einem Sprecher handle es sich aus rechtlicher Sicht auch nicht um einem Streik, da sich dieser in der Regel auf Tarifverträge bezieht. Dennoch sei es indirekt möglich, auch als Lehrer teilzunehmen. In einem Schreiben an alle Lehrerinnen und Lehrer gibt die GEW Tipps, etwa den Freitag offiziell zum Wandertag zu machen oder gemeinsam mit den Schülern als Exkursion mit auf die Demo zu nehmen.

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Was sagt die Schulbehörde?

Die Schulbehörde teilte mit, dass es nicht zulässig sei, die Teilnahme einer Demo als Wandertag oder Exkursion zu bezeichnen. „Die Teilnahme an einer Demonstration, gleich wie sie deklariert wird, ist kein Unterricht“, sagte Behördensprecher Peter Albrecht. Schülerinnen und Schüler würden von ihren Lehrkräften quasi zur Teilnahme an einer Demo verpflichtet, da ja Schulpflicht besteht. Es entspräche nicht demokratischen Regeln, dass jemand verpflichtet werde, an einer Demo teilzunehmen. „Die Schulen werden präventiv von uns nochmal entsprechend informiert.“

Dürfen andere Arbeitnehmer an der Demonstration teilnehmen?

Jochen Wilkens, Hauptgeschäftsführer des Allgemeinen Norddeutschen Arbeitgeberverbandes, sagt: „Einheitliche Regelungen für Unternehmen gibt es nicht. Grundsätzlich gilt: Wenn der Arbeitgeber keine Erlaubnis erteilt, während der Arbeitszeit an der Demonstration teilzunehmen, muss der Arbeitnehmer Urlaub nehmen oder wenn möglich das Zeitkonto nutzen und Überstunden abbauen. Eine Teilnahme an diesen Aktionen während der Arbeitszeit befreit nicht von der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung. Das unberechtigte Fernbleiben von der Arbeit ist ein Vertragsverstoß, der durch eine Abmahnung oder im Wiederholungsfall auch durch eine Kündigung sanktioniert werden kann.“

Welche Hamburger Unternehmen machen mit?

  • Alle Mitarbeiter von Axel Springer, die an dem Klimastreik teilnehmen wollen, können dies tun, ohne dafür extra Urlaub zu nehmen.
  • Das Verlagshaus Gruner + Jahr hat es allen Mitarbeitern freigestellt, am Streik teilzunehmen, ohne Urlaub einreichen zu müssen.
  • Der Biomarkt Alnatura will den Streik unterstützen, indem er den teilnehmenden Schülern und Studenten Bio-Obst schenkt. Das Angebot gelte für alle „Super Natur Märkte“ in Deutschland.
  • Flixbus fährt Klimastreik-Teilnehmer gratis.

Der Oberbürgermeister von Düsseldorf hat alle seine 10.000 Mitarbeiter für den Freitag freigestellt. Ist so etwas auch in Hamburg geplant?

Marcel Schweitzer, Senatssprecher: „Im Rahmen der flexiblen Arbeitszeitregelungen ist eine Teilnahme natürlich möglich. Der Senat hat im August verabredet, den Hamburger Klimaplan bis Jahresende fortzuschreiben. Die Hamburgerinnen und Hamburger erwarten, dass wir das auch einhalten.“

Welche Aktionen sind noch geplant?

Der ADFC ruft als Teil des globalen Klimastreiks für den 20. September unter dem Motto „Das Klima braucht #MehrPlatzFürsRad – jetzt!“ zur Fahrraddemo auf. Die Aktion, bei der rund 400 Teilnehmer erwartet werden, startet um 16.30 Uhr auf dem Gänsemarkt. Die Route: Jungfernstieg, Ballindamm, Ferdinandstor, An der Alster, Schwanenwik, Mundsburger Damm, Winterhuder Weg, Herderstraße, Bachstraße, Barmbeker Straße, Winterhuder Marktplatz, Hudtwalkerstraße, Ludolfstraße, Heinickestraße, Eppendorfer Marktplatz, Martinistraße, Schottmüllerstraße, Breitenfelder Straße, Gärtnerstraße, Im Gehölz, Schulweg, Doormannsweg, Alsenplatz, Alsenstraße, Holstenplatz, Holstenstraße, Reeperbahn, Millerntorplatz, Millerntordamm, Ludwig-Erhard-Straße, Willy-Brandt-Straße, Brandstwiete, Alter Fischmarkt, Schmiedestraße, Bergstraße, Jungfernstieg.

Die Hauptkirche St. Petri lädt für 11.45 Uhr zusammen mit der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland zu einer Klimaandacht vor St. Petri ein mit anschließendem Glockenläuten um fünf vor 12 Uhr. Gemeinsam werden die Teilnehmer im Anschluss zur großen Demonstration auf dem Rathausmarkt gehen.