Hamburg. Reißverschlussverfahren für die Besetzung von Parteiämtern vorgeschlagen. Drei Frauen hatten Aufstand gegen Männerriege geprobt.

Es war ein beispielloser Vorgang für die Hamburger Christdemokraten: Vor etwas mehr als einem Jahr probten drei Frauen den Aufstand gegen die Männerriege in der Partei. Birgit Stöver, heute Vize-Fraktionschefin in der Bürgerschaft, Karin Prien, heute schleswig-holsteinische Bildungsministerin, und die damalige Vorsitzende der Frauen-Union, Marita Meyer-Kainer, forderten in einem offenen Brief eine bessere Platzierung der Frauen auf der Kandidatenliste für die Bundestagswahl am 24. September.

Kommentar: Es wird kein Spaziergang

Geholfen hat der massive Vorstoß, für den die drei viel Unterstützung erhielten, jedoch nicht: Der Landesparteitag folgte Anfang Dezember dem Vorschlag des mächtigen 17er-Gremiums der CDU, einer Art erweiterter Parteiführung – und nun sitzen zwar vier Männer, aber keine Frau der CDU im neu gewählten Bundestag. Das ist sogar ein Verstoß gegen die Satzung der Bundes-CDU, die vorsieht, dass auf den ersten drei Plätzen eine Frau nominiert werden soll.

Emotional geführte Auseinandersetzung

Doch die damalige, mit ungewohnter Schärfe und emotional geführte Auseinandersetzung hat offensichtlich Langzeitwirkung. In einem zurückhaltend als Diskussionspapier bezeichneten 13-seitigen Text, der dem Abendblatt vorliegt, will die CDU-Spitze nun ernst machen mit der Frauenförderung. „In Zukunft will die CDU Hamburg deutlich mehr Frauen in die Position bringen, Parteiämter sowie öffentliche Mandate zu bekleiden“, heißt es in dem Papier, das im Wesentlichen von der „Lenkungsgruppe Teilhabe“ verfasst wurde. Diesem Gremium gehören Parteichef Roland Heintze, Fraktionschef André Trepoll, weitere Mitglieder des Partei- und Fraktionsvorstandes sowie Karin Prien und die Vorsitzende der Frauen-Union, Franziska Hoppermann, an.

Ausgangspunkt der Reformvorschläge ist die Bundessatzung der CDU, nach der „Frauen an Parteiämtern in der CDU und an öffentlichen Mandaten mindestens zu einem Drittel beteiligt“ werden sollen. Dieses Drittel-Quorum ist eine Soll-Vorschrift und keine verpflichtende Quote. „Die CDU Hamburg möchte ab Kreisverbandsebene über die im Statut festgelegte Forderung nach einem Drittel-Quorum hinausgehen und strebt an, zukünftige Gruppenwahlvorschläge für Parteiämter abwechselnd nach dem Reißverschlussprinzip an Männer und Frauen zu vergeben.“

Quorum 2016 schon annähernd erreicht

Das bedeutet: Vorschläge – etwa des Landesvorsitzenden – für die Wahl zum Landesvorstand oder der sieben Kreisvorstände müssen künftig zur Hälfte Namen von Frauen enthalten. Aber Vorschlag und Wahl sind bekanntlich zweierlei. „Sollte dieses Quorum im ersten Wahlgang analog zum Bundesstatut nicht berücksichtigt werden, ist das Ergebnis ungültig“, heißt es in dem Diskussionspapier. Beim dann erforderlichen zweiten Wahlgang soll das Ergebnis unabhängig vom erreichten Frauenanteil gelten. Die 50:50-Regelung soll auch für Vorschläge zur Wahl von Parteitagsdelegierten auf Landes- und Kreisebene gelten.

Bei dem im Juni 2016 gewählten Landesvorstand ist das Quorum schon annähernd erreicht worden. Immerhin zwölf der 27 Mitglieder sind weiblich. Mit Birgit Stöver und der früheren Bürgerschaftsabgeordneten Friederike Föcking sind zwei der vier stellvertretenden Parteichefs Frauen. Dagegen ist die Führung der Kreisverbände häufig nach wie vor eine Männerdomäne.

Neues Verfahren zur Kandidatenfindung

Neu geregelt werden soll auch das Verfahren zur Kandidatenfindung vor allgemeinen Wahlen – auch hier will die „Lenkungsgruppe Teilhabe“ die Hälfte der Plätze den Frauen sichern. „Listenvorschläge für die Wahllisten für Bezirks-, Bürgerschafts-, Bundestags- und Europawahlen sollen gleichberechtigt und bis mindestens Platz sechs nach dem Reißverschlussverfahren besetzt werden, wobei Listen sowohl von einem Mann als auch von einer Frau angeführt werden können“, heißt es in dem Diskussionspapier.

Nicht nur im Bundestag, auch in der Bürgerschaft ist die CDU von dieser Norm noch weit entfernt: Nur zwei der 20 Abgeordneten sind Frauen. Dabei sind fast 40 Prozent der Hamburger CDU-Mitglieder weiblich – bundesweiter Spitzenwert. Künftig soll es eine „Führungsaufgabe“ sein, dafür zu sorgen, dass auch bei der Aufstellung von Direktkandidaten Frauen „ausreichend beteiligt“ werden. Über die Vorschläge soll ein Landesparteitag Anfang März entscheiden. 2012 war der Versuch der Parteispitze, eine feste Drittelquote für Parteiämter einzuführen, an der Mehrheit der Delegierten gescheitert.