Amrum, Kos, Elba, Österreich, Spanien, Bayern: Abendblatt-Redakteure erzählen, wie ihr Urlaub in Corona-Zeiten funktioniert hat.
Ferien in Pandemiezeiten. Wie lief die Buchung, wie die Anreise? Welche Corona-Regeln galten, wie wurden sie ausgelegt, wie kontrolliert? Was passiert, wenn das Reiseziel nach der Ankunft plötzlich als Risikogebiet eingestuft wird wird? Fünf Abendblatt-Reporter haben ihre Urlaubserlebnisse im zweiten Corona-Jahr aufgeschrieben.
In Spanien - wenn das Land zum Risikogebiet wird
Marcelo Hernandez
Am Tag nach unserer Ankunft in Valencia erklärte Deutschland unser Urlaubsland Spanien zum Risikogebiet. Das entsprach natürlich nicht mehr unseren Vorstellungen von entspannten Ferien. Als wir die Flüge drei Wochen zuvor gebucht hatten, waren die Zahlen nur im benachbarten Katalonien hoch. Bei unserer Ankunft lag die Inzidenz in der Comunitat Valenciana jedoch bei 120 – acht Tage später, bei unserer Abreise, war sie auf 430 gestiegen.
An den Stränden war es sehr entspannt. Ganz anders, als sonst in einem „normalen Sommer“ in dieser Ecke des Landes, in der überwiegend Spanier ihre Ferien verbringen. Doch durch Corona ist bei vielen das Budget knapp und sie können nur eine statt vier Wochen Urlaub machen. Was auffiel: Die Spanier so ab 40 Jahren hielten sich vorbildlich an die Corona-Regeln: Sie trugen überall Masken, es gab keine Umarmungen und keine Begrüßungsküsschen – dabei ist Körperkontakt etwas sehr Spanisches. Für die Jüngeren ist es das nach wie vor – und zwar extrem. Überall, wo sie sich nachts unentdeckt fühlten, feierten sie Partys mit mehr als 100 Teilnehmern, viel Alkohol und ohne Abstand. Als gebe es kein Morgen – und erst recht keine Pandemie.
Was uns auch irritiert hat: Weder vor noch nach den Flügen wurde kontrolliert, ob wir geimpft oder negativ getestet sind. Nicht bei der Hinreise, auf der in Valencia immerhin unsere Temperatur gemessen wurde, und auch nicht auf dem Rückflug, als Spanien ja schon Risikogebiet war. Das Ganze beruht nur auf Vertrauen. Meine Frau und ich sind schon vollständig geimpft, unsere Tochter hatten wir testen lassen, was in Spanien nicht so einfach und dazu auch ziemlich teuer ist. Kostenlose offizielle Schnelltests, wie man sie in Hamburg an jeder Ecke findet, gibt es dort nicht. Und erst seit wenigen Tagen kann man sich überhaupt Selbsttests kaufen.
Vor der Rückreise an einem Freitag mussten wir für die Bundesregierung eine Menge Formulare ausfüllen, unseren Impfstatus und das negative Testergebnis unserer Tochter hochladen. Am Donnerstag kam zunächst eine Bestätigung des Auswärtigen Amtes und am Abend der Rückreise auch von der Hamburger Gesundheitsbehörde, dass unsere Dokumente eingegangen sind. Gleich nach der Landung wurden wir mit einer allgemein gehaltenen SMS aufgefordert, die Quarantäneregeln zu beachten. Hier wäre eine klare Kommunikation wünschenswerter.
Auf Elba ist Corona kaum ein Thema – erholsam!
Insa Gall
Ein wenig ist es so, als hätten alle während der Corona-Pandemie das Reisen verlernt – die Urlauber selbst, aber auch das Flughafen-Management und die Airlines. Meine Reise nach Italien jedenfalls beginnt mit einer Stunde in der Warteschlange am Check-in der Lufthansa am Flughafen in Fuhlsbüttel. Der Selbst-Check-in am Automaten funktioniert nicht, weil der nicht erkennt, dass ich noch einen Koffer dazugebucht habe. Also heißt es warten, während die Nervosität bei einigen Mitreisenden mit früheren Abflügen mit jeder Minute steigt. Als sie nach einer Stunde an der Reihe sind, heißt es, das Einsteigen sei bei ihrem Flug schon beendet. Sie sind entsprechend sauer.
Ich hingegen erreiche meinen Flieger nach Frankfurt, wo wir weit ab vom Terminal zum Stehen kommen, um uns herum nur Frachtmaschinen. 20 Minuten warten wir noch im Flugzeug, weil die Aussteigetreppen nicht herankommen. Dann geht es eine weitere Viertelstunde im Bus über das weitläufige Flugfeld. Als wir endlich aussteigen können, haben unmittelbar vor uns zwei weitere Busse gestoppt. Alles drängt sich eine schmale Treppe hinauf, denn die Rolltreppe ist kaputt.
Im langen Tunnel auf dem Weg zum Terminal B, von wo aus mein Flug nach Pisa startet, funktioniert das Laufband zwar, aber nur in entgegengesetzter Richtung. Nachdem ich im Laufschritt noch ein Brötchen erstanden habe (im Flugzeug wird coronabedingt keinerlei Essen serviert), geht es wiederum im Bus zum nächsten Flieger. Auch der steht am anderen Ende des gigantischen Flughafens. Wüsste ich nicht, dass ich in Frankfurt bin, würde ich mich in einem Entwicklungsland wähnen.
Dann ab nach Italien: Diese Wärme! Die weiche Luft! Das glitzernde Meer! Das sonnenbeschienene Ocker der Häuser. Per Taxi, Eisenbahn und Bus geht es zum Fährhafen von Piombino, und das funktioniert erstaunlich gut. Als die Fähre ablegt mit Kurs auf Elbas Hauptstadt Portoferraio, steigt die Vorfreude wie verrückt – wie jedes Mal, wenn im Dunst die Felsen der Insel auftauchen.
Die Italiener gehen ebenso diszipliniert wie unaufgeregt mit Corona um. In Bus und Bahn, in Läden und dem Inneren von Restaurants werden wie selbstverständlich Gesichtsmasken getragen, ebenso in engen Einkaufsgassen, wo sich viele Menschen drängeln. Im Freien hingegen nicht – und im Sommer spielt sich das Leben eben fast ausschließlich im Freien ab. Wie erholsam, dass Corona mal eine Weile kein Thema ist!
Seit wohl 25 Jahren kommen wir immer wieder nach Elba, die Insel und vor allem die saftig grün herabfallenden Hänge rund um das Bergdorf Capoliveri sind für uns ein Sehnsuchtsort. Der Blick auf drei Hügel über dem Golfo Stella ist unvergleichlich. Wir kennen mittlerweile einige Einheimische; die Frage, ob ausreichend Touristen kommen, begleitet sie ständig. Im vergangenen Jahr haben wir in Gedanken mit ihnen gelitten, weil die deutschen Urlauber wegen Corona weitgehend ausblieben.
Ob es dieses Jahr besser würde? Von wegen: Wir hatten uns komplett getäuscht. Im vergangenen Jahr war es auf Elba so voll wie selten, und 2021 scheint sogar noch besser zu werden. Denn wie die Deutschen angesichts der Pandemie ihre Heimat als Urlaubsland entdeckt haben, so geht es auch den Italienern. Sie machen Urlaub im eigenen Land und viele von ihnen zieht es nach Elba. Entsprechend voll ist es an Stränden und in den Restaurants, nur sind überwiegend italienische Stimmen zu hören und nicht wie sonst deutsche. Kein Wunder, dass auf der Piazza ein Riesenfest stieg, als die Squadra Azzurra den Europameistertitel holte.
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In Bad Gastein gelingen die mit Abstand schönsten sieben Tage
Hinnerk Blombach
Unser Urlaubs-Countdown des Jahres 2021 lautet 15-12-7. Zunächst hatten wir 15 Tage Portugal geplant, in einem kleinen Haus im Hinterland. Lange hatten wir damit gewartet und ziemlich kurzfristig gebucht. Doch als das RKI das Land zum Virusvariantengebiet mit strengsten Quarantäne-Regeln erklärte, mussten wir stornieren. Hektisch machten wir uns auf die Suche nach Alternativen und entschieden uns für 12 Tage auf einer griechischen Insel. Zwei Tage vor der geplanten Abreise platzte auch diese Variante. Wiederum hektisch durchforsteten wir alle möglichen Quellen, um vielleicht doch noch für ein paar Tage aus der gewohnten Umgebung herauszukommen. Dieses Mal wollten wir ein mit dem Auto erreichbares Ziel suchen, um bei einer veränderten Lage möglichst autark zu sein. Fündig wurden wir schließlich in Österreich. Am Ende unseres Urlaubs-Countdowns standen nun 7 Tage in einem Familienhotel in Bad Gastein.
Die Corona-Regeln in Österreich wurden weitgehend gelockert. In Hotels wie in unserem „Sonngastein“ gibt es keine Maskenpflicht mehr – und nach anfänglichem, sehr kurzem, Unbehagen, fühlt sich das an wie früher, wie in einer Zeit vor Corona. Und es fühlt sich gut an. Gleichwohl wird auch hier überall die „3-G-Regel“ (geimpft, genesen, getestet) eingehalten, sowohl im Hotel als auch in den Almhütten.
Aber hier wie dort gibt es ausreichend Platz, um Abstände einhalten zu können – im Restaurant, aber vor allem in den Weiten des Gasteiner Tales. Das Hotel bietet jede Menge Aktivitäten für Eltern sowie vor- und vollpubertierende Jungs. Für schlechtes (und auch gutes) Wetter gibt es eine riesige Indoor-Spielhalle mit Trampolinen, Basketball- und Fußballplatz, Tischtennis, Billard und vielem mehr. Draußen stehen Tennisplätze und ein Beachvolleyball-Feld zur Verfügung. Und die wohl coronakonformste Freizeitaktivität lässt sich mit den in großer Anzahl kostenlos ausleihbaren Mountainbikes genießen – bei Touren durch die beeindruckende Berglandschaft der Hohen Tauern mit imposanten Wasserfällen, die aus allen Richtungen in das Tal stürzen. Das Ganze kann man natürlich auch erwandern, was aber nicht bei allen Familienmitgliedern auf uneingeschränkte Begeisterung stößt („Wandern ist komplett Zeitverschwendung, Pabba!“).
Unser Fazit: 7 ist ein Glücksgriff geworden. Wer weiß, wie 12 oder 15 gewesen wären ...
Auf Kos – eine (fast) unbeschwerte Ferienzeit
Geneviève Wood
Wer in Corona-Zeiten verreist, ist noch dankbarer für diese Auszeit vom Alltag als ohnehin schon. Der Strand, das warme Wasser des Mittelmeeres, die Sonne und die leeren Strände sind in diesen Zeiten wertvoller denn je. Statt an überfüllten Ostseestränden zu liegen, war es uns wichtig, Platz zu haben und unbeschwerten Urlaub ohne Strandampeln machen zu können. Genau wie im vergangenen Jahr ging es auch in diesem Sommer mit der Familie wieder auf die griechische Insel Kos. Auf einen norddeutschen Sommer mit hohem Schmuddelwetter-Risiko hatten wir nach diesen Monaten in der Enge unserer Mietwohnung keine Lust. Der Drang nach Freiheit und Leichtigkeit war enorm.
Und genau wie im Sommer 2020 schon, war die Anreise auf die Insel unkompliziert. Vor dem Abflug haben wir ein digitales Einreiseformular mit unseren persönlichen Daten ausfüllen müssen, um überhaupt nach Griechenland einreisen zu dürfen. Außerdem war ein negativer Corona-Schnelltest notwendig. Zu unserer Überraschung wurde dieser Test bei der Abreise am Flughafen Hannover gar nicht kontrolliert. Wir wurden lediglich gefragt, ob wir einen gültigen negativen Test vorweisen können. In das ausgedruckte Einreiseformular hingegen hat die Mitarbeiterin hineingeschaut.
Auf Kos angekommen, hat der Flughafenmitarbeiter auf unsere negativen Schnelltests und Personalausweise einen schnellen Blick geworfen. Ziemlich oberflächlich, aber bei der Zahl an ankommenden Flügen wohl nicht anders zu leisten. Die vielen Menschen im Flughafen sorgten für ein mulmiges Gefühl, es war ganz schön dicht gedrängt. Aber die Sorge vor einer Ansteckung war in den kommenden zwei Wochen nahezu verflogen.
Stattdessen erlebten wir eine unbeschwerte Zeit an Stränden mit wenigen Menschen und viel Platz, ohne Verbotsschilder wie bei uns an den Küsten. In diesem Jahr waren wesentlich mehr Touristen auf Kos als im vergangenen Jahr, aber voll war es nirgends. Unsere Masken mussten wir kaum tragen, da unser Leben auf dem Zeltplatz nur draußen stattfand. Weil auf Kos das Wetter im Sommer immer schön ist, sitzt man auch in Restaurants draußen. Lediglich die Mitarbeiter müssen Masken tragen, die Gäste hingegen nicht. Eine App zum Einchecken? Fehlanzeige. Während der 14 Tage haben wir unsere Masken vielleicht sechsmal getragen, in Supermärkten und beim Bäcker. Corona war so schön weit weg. Bis die 15-Jährige Tochter nach einem Bootsausflug einen Schnupfen bekam und sich krank fühlte.
Wir ließen sie vom Zeltplatz-Chef auf Corona testen. Fehlanzeige! In den Minuten bis zum Testergebnis war das einzige Mal im Urlaub Bangen angesagt. Der Gedanke, auf der Insel – so schön sie auch ist – in Quarantäne bleiben zu müssen und in einem Hotel eingesperrt zu werden, war furchtbar. Aber zum Glück hat es uns nicht erwischt. Wie auch? Es waren Ferien am Strand, im Meer und nur draußen mit wenigen nahen Kontakten. Vor der Abreise nach Deutschland konnten wir auf dem Zeltplatz einen obligatorischen zertifizierten Corona-Schnelltest für 30 Euro pro Person machen lassen und mit dem Gefühl, wohl gesund zu sein, nach Hause fliegen.
Urlaub in Deutschland – in der Föderalismusfalle
Matthias Iken
Über Monate war die Ministerpräsidentenkonferenz das entscheidende Gremium der Coronapolitik, Provinzfürsten wuchsen zu halber Kanzlergröße auf und schnurrten danach wieder zusammen. Es war der Zufall, der uns erst ins Land von Bruder Leichtfuß Daniel Günther (Amrum) brachte – und dann zu Markus Söder, dem Mannschaftskapitän des Teams Vorsicht (Murnau am Staffelsee). Und wo kann man besser Urlaub machen? Im Norden.
Auf der Nordseeinsel gehört der aktuelle Corona-Test dazu wie der Küstenwind – ein enges Netz an Teststationen ermöglicht Abstriche ohne Wartezeit, quasi im Vorbeigehen. Man benötigte ein negatives Testergebnis, um beispielsweise drinnen zu essen oder bestimmte Fähren zu nutzen. Allgegenwärtig ist die Luca-App – eben weil Schleswig-Holstein als Modellregion schon im April den Fremdenverkehr in Corona-Zeiten neu erfunden hatte. Der Vorsprung bleibt.
In Bayern galten ganz andere Regeln: Schon in das erste Geschäft in Murnau am Staffelsee komme ich kaum hinein – denn im Handel gilt die FFP2-Maskenpflicht. „Die CSU hat so viele Masken bestellt, die müssen unters Volk“, scherzt der Inhaber des Bioladens, der uns mit unserer OP-Maske erst hineinlässt, als das Geschäft leer ist. Für die Beschäftigten reicht seltsamerweise eben diese Maske. Dann suchen wir eine Teststation, die wir gar nicht benötigen: In der Gastronomie hat Bayern früher als andere die Testpflicht in Innenräumen ausgesetzt. Die Luca-App ist viel weniger verbreitet als im Norden. Vielerorts regiert noch die Zettelwirtschaft.
Doch egal ob auf Amrum oder im Alpenland – anders als 2020 wirft das Virus insgesamt weniger Schatten auf die Sommerfrische. Offenbar lernen wir, mit dem Virus zu leben. Endlich.