Hamburg. Appell des Ersten Bürgermeisters, nicht unvorsichtig zu werden. Rabe stellt Öffnungsplan für Schulen vor.

Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) hat sich mit einem eindringlichen Appell an die Hamburgerinnen und Hamburger gewandt, bei den Vorsichtsmaßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus nicht nachzulassen. „Wir haben nach einigen Wochen des Rückgangs wieder steigende Infektionszahlen. Das ist ein besorgniserregender Vorgang“, sagte Tschentscher am Freitag im Rathaus.

„Wir dürfen nicht noch einmal eine Welle, dann die dritte, erleben, bevor wir durch den Fortschritt bei den Impfungen ausreichenden Schutz vor der Ausbreitung des Virus bekommen“, sagte der Bürgermeister. Besonders die britische Virus-Mutation werde sich weiter ausbreiten, die gerade bei jungen Menschen besonders ansteckend sei.

 „Wir müssen vorsichtig bleiben, obwohl ich weiß, wie groß der Wunsch ist, dass wir wieder in ein normaleres Leben gehen können – in der Wirtschaft, der Kultur, für die Familien“, sagte Tschentscher.

Sieben-Tage-Inzidenzwert stieg auf 81,5 Neuinfektionen

Ausdrücklich verteidigte er die Ausweitung der Maskenpflicht im öffentlichen Raum. „Überall dort, wo es eng wird, sollen Masken getragen werden“, so der Bürgermeister. Das gelte besonders am Wochenende, wenn viele Menschen in den Parks, an der Alster oder am Elbufer unterwegs seien. Allerdings präzisierte Tschentscher, dass es keine Pflicht gebe, generell beim Joggen eine Maske zu tragen. „Das gilt nur dort, wo es eng ist“, sagte der Bürgermeister. Eine Maskenpflicht bestehe auch auf Spielplätzen für alle über Zwölfjährigen.

Der Sieben-Tage-Inzidenzwert stieg gestern weiter auf 81,5 Neuinfektionen (Donnerstag: 79,7) pro 100.000 Einwohner an. Vor einer Woche lag die Kennzahl noch bei 68,1. Die zuerst in Großbritannien aufgetretene Variante des Coronavirus, B.1.1.7, ist in Hamburg bislang 28-mal nachgewiesen worden, die südafrikanische dreimal, berichtete die Nachrichtenagentur dpa. Derzeit gebe es 560 Verdachtsfälle, die in der Klärung seien.

„Alle Bewohner von Alten- und Pflegeheimen sind mit einer Erst- und Zweitimpfung versorgt. Das ist ein Meilenstein“, sagte Dirk Heinrich, der ärztliche Leiter des Impfzentrums in den Messehallen. Insgesamt seien dort bislang 60.497 Menschen geimpft worden. Die mobilen Impfteams hätten weitere rund 60.000 Menschen, auch in den Pflegeeinrichtungen, mit einer Impfdosis versorgt. In Hamburg sei ein Drittel der über 80-Jährigen bereits geimpft.

„Alle drei Impfstoffe sind sehr gut wirksam. Es gibt keine Sicherheitsbedenken und keinen Impfstoff zweiter Klasse“, sagte Prof. Marylyn Addo, Leiterin der Infektiologie am UKE, und begegnete damit Bedenken gegen den Wirkstoff von AstraZeneca.

Marylyn Addo: Alle zugelassenen Impfstoffe wirken exzellent

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Tschentscher kündigte an, dass die Ministerpräsidenten in der Runde mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am
3. März über weitere Öffnungsschritte beraten werden. Er bleibe aber bei seiner vorsichtigen Haltung. Derzeit sei es lediglich möglich, die ersten Öffnungsschritte bei Kitas und Schulen zu gehen, wenn die Inzidenzzahlen es zuließen.

Auch Schulsenator Ties Rabe (SPD), der die Öffnungspläne am Freitag vorstellte, betonte, dass die teilweise Rückkehr der Schülerinnen und Schüler in die Klassenzimmer unter dem Vorbehalt der weiteren Entwicklung der Pandemie stehe. Nach Ende der Frühjahrsferien sollen vom 15. März an zunächst die Klassenstufen 1 bis 4 der Grund- und Sonderschulen tageweise, also im Wechselunterricht zur Schule gehen.

Die aktuellen Corona-Fallzahlen aus ganz Norddeutschland:

  • Hamburg: 2311 neue Corona-Fälle (gesamt seit Pandemie-Beginn: 430.228), 465 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (davon auf Intensivstationen: 44), 2373 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1435,3 (Stand: Sonntag).
  • Schleswig-Holstein: 1362 Corona-Fälle (477.682), 623 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 39). 2263 Todesfälle (+5). Sieben-Tage-Wert: 1453,0; Hospitalisierungsinzidenz: 7,32 (Stand: Sonntag).
  • Niedersachsen: 12.208 neue Corona-Fälle (1.594.135), 168 Covid-19-Patienten auf Intensivstationen, 7952 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1977,6; Hospitalisierungsinzidenz: 16,3 (Stand: Sonntag).
  • Mecklenburg-Vorpommern: 700 neue Corona-Fälle (381.843), 768 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 76), 1957 Todesfälle (+2), Sieben-Tage-Wert: 2366,5; Hospitalisierungsinzidenz: 11,9 (Stand: Sonntag).
  • Bremen: 1107 neue Corona-Fälle (145.481), 172 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 14), 704 Todesfälle (+0). Sieben-Tage-Wert Stadt Bremen: 1422,6; Bremerhaven: 2146,1; Hospitalisierungsinzidenz (wegen Corona) Bremen: 3,88; Bremerhaven: 7,04 (Stand: Sonntag; Bremen gibt die Inzidenzen getrennt nach beiden Städten an).

Das Gleiche gilt für die Schülerinnen und Schüler der Abschlussklassen, also die Klassenstufen 9, 10 und 13 der Stadtteilschulen sowie die Stufen 6, 10 und 12 der Gymnasien. Schließlich soll auch für die Abschlussklassen der beruflichen Bildungsgänge der Berufsschulen Wechselunterricht eingeführt werden. „Insgesamt dürfen rund 60 Prozent der Schüler wieder tageweise in die Schule kommen“, so Rabe.

Wechselunterricht bedeutet, dass die Klassen halbiert werden und jeweils eine Hälfte zu Hause bleibt oder in die Schule kommt. Ob es einen täglichen oder wöchentlichen Wechsel gibt, sollen die Schulen selbst entscheiden. „Uns kommt es darauf an, dass für alle Fächer der Unterricht zu 50 Prozent in Präsenz gegeben wird“, sagte Rabe.

Eltern entscheiden selbst, ob sie ihr Kind zur Schule schicken oder nicht

Die Schulen sollen weiterhin eine Notbetreuung für Schüler anbieten, deren Eltern ihre Kinder etwa aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit nicht beaufsichtigen können. „Unser Appell an Eltern ist, davon nur im äußersten Notfall Gebrauch zu machen, denn für die Schulen ist das eine sehr schwierige organisatorische Aufgabe“, sagte der Senator.

Umgekehrt bleibt die Präsenzpflicht weiterhin aufgehoben. Das heißt: Eltern entscheiden selbst, ob sie ihr Kind zur Schule schicken oder nicht. Das kann der Fall sein, wenn Familienmitglieder einer Hochrisikogruppe angehören.

Umfassendes Sicherheitskonzept

Zentrales Element der teilweisen Schulöffnung ist ein umfassendes Sicherheitskonzept. Rabe kündigte an, dass allen Schulbeschäftigten angeboten wird, sich zweimal in der Woche mit einem Selbst-Schnelltest auf eine Corona-Infektion testen zu lassen. Das gelte nicht für Lehrerinnen und Lehrer, sondern auch für Hausmeister, Schulsekretariate und Schulbegleiter.

Wie berichtet, hat die Gesundheitsbehörde zwei Millionen der gerade erst zugelassenen Selbsttests geordert. Ein großer Teil davon soll den Schulen zur Verfügung gestellt werden. Nach den Worten Rabes reicht das erste Kontingent in jedem Fall aus, um die Schulbeschäftigten während der ersten drei Wochen des Schulbetriebs zweimal wöchentlich zu testen.

Später sollen sich auch Schüler selbst testen können

Später sollen sich auch die Schüler selbst testen können. „Wir wollen es nach einer Anfangsphase schaffen, Schülerinnen und Schülern mindestens einmal in der Woche einen Selbsttest zur Verfügung zu stellen“, sagte Rabe. Das wird einen erheblichen organisatorischen Aufwand bedeuten, weil die Selbsttests unter Aufsicht durchgeführt werden müssen, um die korrekte Anwendung sicherzustellen. „Wenn wir ausschließen können, dass infizierte Schüler in die Schule kommen, dann können wir auch weitere Öffnungsschritte gehen“, sagte der Schulsenator.

Rabe will sich auch dafür einsetzen, dass vor allem die Lehrer der Grund- und speziellen Sonderschulen möglichst frühzeitig geimpft werden können. Die strikten Hygiene- und Abstandsregeln an Schulen gelten weiter. Alle Schulbeschäftigten und Schüler ab 14 Jahren müssen medizinische Masken tragen, die jüngeren Schüler Mund-Nase-Bedeckungen. Die Beschäftigten erhalten medizinische und FFP2-Masken kostenlos. Es bleibt bei den Lüftungsregeln.

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„Die Schulöffnung im Wechselmodell ist wichtig und richtig. Dennoch kommt Rabes Ankündigung am letzten Schultag zu spät“, kritisierte CDU-Schulpolitikerin Birgit Stöver. Schulleitungen und Lehrkräfte müssten in ihren Ferien alle Vorkehrungen treffen und die Ausgestaltung vor Ort selber übernehmen.