Hamburg. Wer künftig um die Außenalster joggen möchte, braucht eine Maske. Selbstversuch eines Abendblatt-Volontärs.
„Es ist doch eigentlich wie immer“, denke ich, als ich zufrieden auf das AlsterCliff zu jogge. Die Sonne glitzert auf dem spiegelglatten Wasser, für einen kurzen Moment ist die FFP2-Maske fast vergessen. Auch dass an diesem Mittwochmorgen am gesamten Alsterufer kein einziger Mensch eine Maske zu tragen scheint, stört mich nicht. Zu angenehm sind die frühlingshaften Temperaturen, zu entspannt die vielen Spaziergänger. Falsch gedacht.
„Du hast sie doch nicht mehr alle“, schnauzt mich eine entgegenkommende Joggerin an. Und obwohl ihr aggressives und mit verdrehten Augen garniertes Gekeife beinahe noch von einem ungesund klingenden Schnaufen verschluckt wird, wird mir plötzlich klar, dass ich auf manche Leute wie ein Außerirdischer wirken dürfte.
FFP2-Masken haben eine bessere Luftabdichtung
Dabei hatte Senatssprecher Marcel Schweitzer am Dienstag angekündigt, dass an besonders frequentierten Straßen und Plätzen, wie beispielsweise am Jungfernstieg, an den Landungsbrücken und rund um die Alster künftig eine Maske getragen werden müsse. Die Verschärfung der Maskenpflicht, die auch Jogger betreffe, werde spätestens am kommenden Wochenende in Kraft treten. „Fangen Sie am besten heute damit an, auch wenn es noch kein Gesetz ist“, appellierte Schweitzer.
Gesagt, getan. Bis auf die mit einem Kopfschütteln an mir vorbeigelaufene Joggerin und ein paar skeptische Blicke fühle ich mich nach rund zwei Kilometern immer noch gut. Ich bin kaum erschöpft - auch wenn das Atmen durch die eng anliegende FFP2-Maske ein bisschen schwerer fällt.
„Die FFP2-Masken haben eine bessere Luftabdichtung. So wird der Gasabtausch mit Absicht verändert. Der Sauerstoffgehalt in der Luft reduziert sich beim einmaligen Ein- und Ausatmen um etwa vier Prozent. Das heißt aber nicht, dass man mit der Luft nicht weiteratmen könnte“, sagt einer, der es wissen muss.
Mehr Kohlenstoffdioxid unter der Maske
Dr. Jan Schröder forscht an der Universität Hamburg am Institut für Bewegungswissenschaft im Bereich Sportmedizin. „Ein Problem könnte sein, dass in dieser Ausatemluft auch vier Prozent Kohlenstoffdioxid ist. Normalerweise sind in der Luft nur 0,04 Prozent Kohlenstoffdioxid. In der Atemkammer unter der Maske hätte man dann eine Verhundertfachung des Kohlenstoffdioxids. Das ist aber nicht gefährlich. Man kriegt auch von außerhalb der Maske Luft, sodass es immer noch einen Austausch gibt“, beruhigt Schröder.
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Obwohl es noch keine Studien zum Sporttreiben mit einer Maske gebe, vermutet Schröder, dass man durch die Maske an Leistungsfähigkeit verliere und schneller in Luftnot gerate. Dann seien ein geringeres Tempo und Laufpausen sinnvoll. „Von einer Gefährdung würde ich dabei aber nicht reden. Wenn jemand, der aus Gründen der Gesundheit oder für den Trainingseffekt läuft, wegen zu wenig Sauerstoff übersäuert, wird er langsamer oder hört auf. Da passiert gar nichts Schlimmes“, betont der Sportmediziner.
Die vermeintlich luftigere OP-Maske ist unangenehmer
Mittlerweile habe ich die Krugkoppelbrücke erreicht, von Luftnot bin ich glücklicherweise noch ein ganzes Stück entfernt. Während auf den breiten Wegen am Alsterufer noch genug Platz war, wird es auf der Brücke plötzlich ziemlich eng.
„So schlecht ist die Maske doch nicht“, denke ich, während ich auf das andere Alsterufer wechsle, die FFP2-Maske in einen Mülleimer schmeiße und eine medizinische OP-Maske als Alternative ausprobiere. Keine 500 Meter weiter bereue ich meine Entscheidung. Anders als die steife FFP2-Maske ist die vermeintlich luftigere OP-Maske unangenehmer. Abgesehen davon, dass sie ständig verrutscht, wird die OP-Maske durch das kräftige Einatmen durch den Mund mitunter regelrecht angesogen. Klingt eklig, ist auch eklig.
Keine besonderen Trainingseffekte
Zugegeben: Ich bin kein Leistungssportler, sondern leidenschaftlicher Amateurfußballer in einer Mannschaft, dessen korpulenter Mittelstürmer mitunter fragwürdige Positionen zum Ausdauersport („Wer viel läuft, steht falsch.“) vertritt. Dass man durch das vergleichsweise anstrengende Joggen mit Maske besondere Trainingseffekte erzielen kann, glaubt Sportmediziner Schröder nicht.
„Ich vermute, dass der chronische Trainingseffekt von einer verstärkten Blutkörperchenbildung, die sich beispielsweise beim Höhentraining über ein paar Tage oder Wochen einstellt, nicht durch das vergleichsweise kurze Laufen mit einer Maske erreicht wird“, sagt Schröder. Schade.
Kurze Kontaktzeit
Ich habe inzwischen die Wege rund um die Alster verlassen und mich von der ungeliebten OP-Maske getrennt. Der letzte Kilometer wird somit fast angenehm. Bleibt die Frage, ob eine Maskenpflicht beim Joggen überhaupt sinnvoll ist. Laut Wolfgang Schillings, Mannschaftsarzt beim HSV, sei die Infektionsgefahr beim Joggen an der frischen Luft gering.
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„Sollte es tatsächlich mal zu einer Begegnung mit einem Corona-positiven Jogger kommen, so liegt die Kontaktzeit innerhalb der 1,5-Meter-Mindestabstand-Zone bei etwa einer Sekunde, womit die Wahrscheinlichkeit, sich in dieser Situation anzustecken, vernachlässigbar gering ist“, schrieb Schillings im Dezember in einem Gastbeitrag.
Mein Fazit steht fest: So schön die Laufstrecke um die Außenalster auch sein mag – das nächste Mal laufe ich anderswo. Ohne Maske.
Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Maskenpflicht im Überblick:
Welche Typen von medizinischen Masken gibt es?
- OP-Masken: Mehrlagige Masken, die einen besseren Schutz als einfache Stoffmasken bieten.
- FFP2-Masken: Müssen 94 Prozent aller Aerosole zurückhalten, um die Norm zu erfüllen.
- FFP3-Masken: Müssen laut Norm 99 Prozent der Aerosole zurückhalten.
- KN95-, N95-, P2-, D2- oder CPA-Masken: Importierte Masken, die vereinfachte Prüfverfahren durchlaufen, beim Bezug über die Apotheke aber etwa gleichwertigen Schutz wie FFP2-Masken bieten.
Kann ich die Masken mehrfach verwenden?
- OP-Masken sind reine Wegwerfprodukte, die spätestens dann entsorgt werden sollten, wenn sie durchfeuchtet sind.
- FFP2-Masken sind offiziell nur dann wiederverwendbar, wenn sie herstellerseitig mit einem "R" gekennzeichnet wurden. Laut Forschern der Uni Münster können aber auch Einweg-FFP-2-Masken ("NR") bis zu fünf Mal verwendet werden, wenn man sie für mindestens eine Woche an der Luft trocknet, bevor man sie wieder verwendet. Die Trocknung im Ofen ist umstritten.
- Desinfektionsmittel zerstören die Filtereigenschaften der Maske und machen sie unbrauchbar
Was muss ich beim Kauf von Masken beachten?
- Beim Kauf im Einzelhandel oder im Internet ist bei OP-Masken und FFP2-Masken auf das CE-Zeichen und eine vierstellige Nummer zu achten. Diese gibt die Prüfstelle an und kann im Internet überprüft werden.
- Masken mit Ventil sind in Hamburg nicht erlaubt: Sie vereinfachen zwar das Atmen, geben die Luft aber ungefiltert an die Umwelt ab - bieten also zwar Eigen-, aber keinen Fremdschutz.
Was kosten medizinische Masken?
Mit der Einführung der erweiterten Maskenpflicht steigen auch die Preise für Masken teilweise stark an – FFP2-Masken kosten normalerweise zwischen 3 und 7 Euro pro Stück, OP-Masken sind zum Teil für deutlich weniger als einen Euro pro Stück im Paket zu bekommen. Vorsicht ist bei besonders günstigen Angeboten besonders im Internet geboten: Dahinter könnten ungeprüfte Importe oder Ausschussware stecken, die nicht denselben Schutz bieten wie eine zertifizierte Maske.
Was ist beim Tragen der Masken zu beachten?
- OP-Masken sitzen relativ lose. Der Sitz kann verbessert werden, wenn man sie mit einer Stoffmaske kombiniert.
- FFP2-Masken müssen eng anliegen, damit sie ihre volle Filterwirkung entfalten. Dann wird aber auch das Atmen spürbar anstrengender. Ein Vollbart verhindert den korrekten Sitz der Maske.
- Allgemein gilt, dass Masken spätestens ausgetauscht werden müssen, wenn sie feucht sind.
- Benutzte Masken nicht an der Filterfläche berühren: Etwaig aufgenommene Viren geraten dann an die Hände. Die Masken sollten nur an den Bändern berührt werden.
Weitere Fragen beantwortet unser großer Überblick zum Thema FFP2-Masken