Hamburg. Inzidenz steigt auf 79,7. Als Erste können offenbar Grundschüler zum Präsenzunterricht zurückkehren.
Gute Nachrichten für Hamburgs Schüler, Lehrer und Eltern: Am 15. März könnten in der Hansestadt die ersten Schulen wieder öffnen. Schulsenator Ties Rabe (SPD) will heute seine Pläne für die Wiedereröffnung nach den Frühjahrsferien Mitte März vorstellen. Der Präsenzunterricht war am 16. Dezember ausgesetzt worden. Nun aber könnte endlich ein Stück Normalität einkehren – obwohl die Infektionszahlen zurzeit wieder steigen.
Gerade weil die Corona-Lage angespannt bleibt, gelten Selbst-Schnelltests als Schlüssel für eine möglichst pandemiesichere Wiederöffnung von Schulen und Kitas. Und da will der Hamburger Senat nicht kleckern, sondern klotzen: „Wir haben zwei Millionen Selbst-Schnelltests geordert, von denen die ersten 100.000 in der kommenden Woche eintreffen werden“, sagte Martin Helfrich, Sprecher der Gesundheitsbehörde, auf Abendblatt-Anfrage.
Corona-Teststrategiefür Öffnung der Schulen geplant
Noch sei nicht darüber entschieden, wie die Einheiten verteilt werden. Hauptabnehmer dürften Schulen und Kitas sein. Die Bildungseinrichtungen können auch selbst diese Tests bestellen.
Schulsenator Rabe will heute Einzelheiten zur Wiederöffnung der Schulen vorstellen. Voraussichtlich werden zunächst die Grundschüler in den Präsenzunterricht zurückkehren können. Teil der Planungen ist eine Corona-Teststrategie. Zentraler Baustein sollen dabei wie berichtet jene gerade erst zugelassenen Selbst-Schnelltests sein. Ziel ist es, dass den Schulbeschäftigten einmal pro Woche ein solcher Selbst-Schnelltest angeboten wird.
Zahl der Schüler in den Klassen wird halbiert
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat die Schulbehörde aufgefordert, nach den Ferien in den Wechselunterricht zurückzukehren, falls die Inzidenzwerte eine vorsichtige Öffnung der Schulen überhaupt möglich machen. „Wenn Schulen geöffnet werden, muss der Einstieg mit Wechselunterricht gestaltet werden.
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Mit diesem Modell können die Schulen für unterschiedliche Herausforderungen entsprechend der personellen und räumlichen Situation vor Ort Lösungen entwickeln“, sagt Sven Quiring, stellvertretender GEW-Vorsitzender. Die Zahl der Schüler in den Klassen werde halbiert und es würden feste Gruppen gebildet. Die Vereinigung der Leitungen Hamburger Gymnasien und Studienseminare (VLHGS) fordert „mittel- und langfristig angelegte und auf die besondere sozialräumliche Situation bezogene pädagogische Konzepte“.
90 Menschen werden auf Intensivstationen behandelt
In Hamburg kamen am Donnerstag nach Angaben der Gesundheitsbehörde 343 neue Infektionen hinzu. Das sind 97 Fälle mehr als am Mittwoch und 148 mehr als Donnerstag vor einer Woche. Die Sieben-Tage-Inzidenz – also die Zahl neuer Ansteckungen pro 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche – stieg am vierten Tag in Folge auf 79,7. Eine Woche zuvor lag der Wert noch bei 68,1.
Ob weitere Fälle von Virus-Mutationen darunter sind, konnte die Gesundheitsbehörde auf Abendblatt-Anfrage zunächst nicht sagen. Das Sequenzierungsergebnis liege noch nicht vor. In Hamburger Krankenhäusern werden 290 Covid-19-Patienten stationär behandelt, davon 90 auf Intensivstationen.
268 Ordnungswidrigkeitenverfahren
Unterdessen hat die Polizei binnen 24 Stunden 268 Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen Verstoßes gegen die Corona-Regeln eingeleitet. Vor allem Jugendliche und junge Erwachsene hatten sich bei frühlingshaften Temperaturen in großen Gruppen bestehend aus zum Teil 150 Leuten versammelt und die Abstandsregeln nicht eingehalten, wie etwa im Jenischpark und am Jungfernstieg.
So funktioniert die Corona-Impfung in Hamburg:
Um besseren Schutz zu gewährleisten, gilt von Sonnabend an eine verschärfte Maskenpflicht. Eine medizinische Mund-Nasen-Bedeckung ist demnach überall dort draußen vorgeschrieben, wo Abstände aufgrund vieler Besucher nicht eingehalten werden können – wie etwa an Elbe, Alster und in den Parks.
Kontaktverfolgung spielt weiter eine zentrale Rolle
Die entsprechende Verordnung zur Maskenpflicht im öffentlichen Raum soll an diesem Freitag mit dem neuesten Regelungsstand erlassen werden, teilte die Sozialbehörde mit. Um das Infektionsgeschehen kontrollieren zu können, spielt die Kontaktverfolgung weiter die zentrale Rolle – bei der technischen Ausstattung gibt es jedoch anhaltende Kritik an einem „Sonderweg“ des Senats. Hintergrund: Trotz entsprechender Vorgaben des Bundes, möglichst die Software Sormas zur Kontaktverfolgung zu nutzen, setzt die Stadt weiter auf ihren eigenen „Hamburg Pandemie Manager“ (HPM).
Wie jetzt eine Senatsanfrage der FDP-Abgeordneten Anna von Treuenfels in der Bürgerschaft ergab, plant der Senat weiterhin nicht, vollständig auf das bundesweit einheitliche System umzusteigen. „Der HPM ist auf die Anforderungen der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) zugeschnitten und verfügt derzeit über ein umfangreicheres Leistungsspektrum als die aktuelle Version von Sormas“, heißt es zur Begründung.
Kritik von der FDP
Die Entwicklung des eigenen Systems hat 210.000 Euro gekostet, hinzu kamen allein im Jahr 2020 rund 105.000 Euro an Servicekosten. Die FDP kritisiert, dass Hamburg sich mit seiner „Insellösung“ die Kontaktverfolgung unnötig schwer mache. Schließlich wird in allen umliegenden Bundesländern Sormas genutzt – und Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) hatte zuletzt selbst betont, dass insbesondere Pendler ein Treiber der steigenden Infektionszahlen in Hamburg sind.
Die aktuellen Corona-Fallzahlen aus ganz Norddeutschland:
- Hamburg: 2311 neue Corona-Fälle (gesamt seit Pandemie-Beginn: 430.228), 465 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (davon auf Intensivstationen: 44), 2373 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1435,3 (Stand: Sonntag).
- Schleswig-Holstein: 1362 Corona-Fälle (477.682), 623 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 39). 2263 Todesfälle (+5). Sieben-Tage-Wert: 1453,0; Hospitalisierungsinzidenz: 7,32 (Stand: Sonntag).
- Niedersachsen: 12.208 neue Corona-Fälle (1.594.135), 168 Covid-19-Patienten auf Intensivstationen, 7952 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1977,6; Hospitalisierungsinzidenz: 16,3 (Stand: Sonntag).
- Mecklenburg-Vorpommern: 700 neue Corona-Fälle (381.843), 768 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 76), 1957 Todesfälle (+2), Sieben-Tage-Wert: 2366,5; Hospitalisierungsinzidenz: 11,9 (Stand: Sonntag).
- Bremen: 1107 neue Corona-Fälle (145.481), 172 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 14), 704 Todesfälle (+0). Sieben-Tage-Wert Stadt Bremen: 1422,6; Bremerhaven: 2146,1; Hospitalisierungsinzidenz (wegen Corona) Bremen: 3,88; Bremerhaven: 7,04 (Stand: Sonntag; Bremen gibt die Inzidenzen getrennt nach beiden Städten an).
„Die Stadt bleibt starrköpfig bei ihrem Sonderweg. Die Frage ist, ob wir uns das angesichts der Lage und einer möglicherweise bevorstehenden dritten Welle noch leisten können“, sagte die FDP-Bezirksabgeordnete Katharina Blume aus Altona. Wie die Sozialbehörde auf Anfrage des Abendblatts bestätigte, gibt es bislang tatsächlich noch keine funktionierende Schnittstelle zu Sormas.
Peter Pane Burger-Grill und Bar will zehn Standorte als Impfzentren zur Verfügung stellen
Diese werde nun auf der Bundesebene entwickelt. „Der HPM wird dadurch in der Lage sein, Daten mit dem Sormas-System auszutauschen“, sagt Behördensprecher Martin Helfrich. Bereits jetzt wird der HPM aber als ausreichend angesehen. „Wir wollen unsere Energie investieren, um gute Pandemiebekämpfung zu leisten, Kontakte nachzuverfolgen und wichtige Aufgaben der Gesundheitsämter zu erledigen. Umfangreiche Softwareumstellungen kosten Zeit und Energie“, sagte Helfrich. Er betonte auch, dass der HPM bereits seit Frühjahr 2020 eingesetzt wird, als Sormas noch nicht zur Verfügung gestanden habe. Man rechne damit, dass die Schnittstelle bis Ende März zur Verfügung stehe.
Nach Abendblatt-Informationen gab es auch bei den Grünen Bedenken, ob die eigene Software in Hamburg sinnvoll sei. Auf Anfrage begrüßte der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Bürgerschaftsfraktion, Michael Gwosdz, dass mit der neuen Schnittstelle der Datenaustausch leichter werde. „Gleichzeitig kann das umfangreichere Leistungsspektrum des Hamburger Pandemiemanagers (HPM) weiter genutzt werden. Wichtig ist, dass es statt vieler Insellösungen eine bundesweite Lösung gibt.“
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Ein weiteres Thema bewegt Hamburg: das Impfen. Auch in der Hansestadt versuchen einzelne Bürger, vorzeitig und damit nicht regelkonform geimpft zu werden. So wurden im zentralen Impfzentrum 200 Menschen in der vergangenen Woche abgewiesen, weil sie mit falschen Angaben den Impftermin bekommen hatten.
In 35 Prozent der Fälle seien die Betroffenen noch keine 80 Jahre alt gewesen. Unterdessen bietet ein Hamburger Unternehmen seine Unterstützung an: Peter Pane Burger-Grill und Bar will zehn seiner bundesweit 42 Standorte als Impfzentren zur Verfügung stellen. Dazu gehört auch die Filiale Bleichenhof.