Hamburg. Bundespolizei will mit “Triple E“ die Lage an Deutschlands gefährlichstem Bahnhof in den Griff bekommen. Das sind die Pläne.
„Triple E“: Mit der so gar nicht behördlich oder gar polizeilich klingenden Bezeichnung benennt Christian Linkogel (49), der seit knapp einem Jahr Leiter der Bundespolizeiinspektion Hamburg ist, die aktuellste Kreation aus der Ideenschmiede der Kriminalitätsbekämpfung.
Natürlich heißt „Triple E“ offiziell anders: „Einsatzeinheit Einzeldienst“. Die Beamten sollen zivil an Kriminalitätsschwerpunkten eingesetzt werden. Eine Rolle wird dabei der Hauptbahnhof in Hamburg spielen. Der ist zudem deutlich aufgerüstet worden. Die Zahl der Überwachungskameras dort wurde etwas mehr als verdoppelt.
Hauptbahnhof: Ausgestaltung von „Triple E“ Hamburger Sache
Der Rahmen für Konzept „Triple E“ kam aus Potsdam, wo das Hauptquartier der Bundespolizei steht. Die Ausgestaltung ist ganz allein Hamburger Sache. „Wir haben die Konzeption konsequent nach dem Bedarf hier ausgerichtet, sagt der Bundespolizeidirektor. In der „Einsatzeinheit Einzeldienst“ werden um die 20 Beamte, vorwiegend in Zivil, arbeiten. „Wir werden das sehr flexibel handhaben“, so Linkogel.
Bereits bestehende Dienststellen wie die Zivilfahndung werden bei „Triple E“ integriert. Die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig. Die Bekämpfung von Taschendiebstahl wird ebenso auf dem Programm stehen, wie die Jagd nach Graffiti-Sprayern auf Anlagen der Bahn. Immer wenn sich irgendwo auf Bahngelände in Hamburg ein Brennpunkt abzeichnet, soll „Triple E“ zum Einsatz kommen. Ein Schwerpunkt wird jedoch die Bekämpfung von Gewaltdelikten sein.
Hauptbahnhof: Spitzenposition bei Gewaltkriminalität
Damit kommt der Hauptbahnhof ins Spiel. Bundesweit hält der Hamburger Hauptbahnhof eine Spitzenposition bei der Gewaltkriminalität. 2020 lag die Zahl der Taten annähernd so hoch wie im Vorjahr – trotz Corona und dem damit deutlich zurückgegangenen Reiseverkehr.
Das Klientel, das den Hauptbahnhof und die Umgebung als Treffpunkt nutzt, ist schwierig. Die Zahl der Delikte ist trotz Lockdown erstaunlich stabil geblieben“, so Linkogel. Die Bekämpfung der Gewaltdelikte dort und an anderen Bahnhöfen, – 2019 waren es 1759 Taten, 2020 war die Zahl annähernd gleich – hat für ihn Priorität.
Zahl der Kameras am Hauptbahnhof erhöht
Eine wichtige Unterstützung bietet dabei die Videoüberwachung im Hauptbahnhof. Die Zahl der Kameras ist von 196 auf 406 erhöht worden. Die Masse liefert Bilder in 4K-Qualität. „Mit den jetzt vorhandenen Kameras ist eigentlich jeder Bereich gut einzusehen“, sagt Linkogel. „Man bekommt bereits mit, wenn sich etwas zusammenbraut.“ So kann man präventiv eingreifen. Aber auch bei der Aufklärung von Straftaten oder zur Fahndung ist die Videoüberwachung wertvoll.
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„Als beim Fußballderby ein Mann mit Schusswaffe gemeldet wurde, konnten wir nachvollziehen, in welche S-Bahn er gestiegen ist und Maßnahmen treffen“, so der Inspektionsleiter. Auch Taschendiebe, die im Gewühl auf den Bahnsteigen lange Finger machen, können anhand von gespeicherten Aufnahmen identifiziert und überführt werden. „Die Videoaufnahmen, die die Tat selbst zeigen, sind ein hervorragender Sachbeweis“, sagt Linkogel.
Zusammenarbeit von Bundes- und Landespolizei
„Die Videoüberwachung hat für mich einen hohen Stellenwert.“ Zusammen mit der neuen „Triple E“-Truppe soll die Sicherheit weiter verbessert werden. In Hamburg ist man flott mit der Umsetzung. „Wir sind da schon die Spitze der Bewegung“, sagt Linkogel. Er setzt er dabei auf eine gute Zusammenarbeit mit der Landespolizei, wie sie schon sein Vorgänger Normen Großmann eingefädelt hat. Landes- und Bundespolizei tauschen sich regelmäßig aus. „Dass das Verhältnis so bleibt, liegt mir wirklich am Herzen“, sagt Linkogel.
Bereits beim OSZE- und G-20-Einsatz war der 49-Jährige hier in Hamburg in der Befehlsstelle. „Die enge Verzahnung zwischen Landes- und Bundespolizei ist schon außergewöhnlich“, so Linkogel über die Zusammenarbeit. Dass Hamburg ihm liegt, hat einen Grund. Er ist hier geboren. Hier machte er Abitur, ging als Wehrpflichtiger zur Bundeswehr, war zwölf Monate beim Bund in Fischbek. Danach studierte er Jura. „Es war mir aber zu langweilig. Außerdem gab es damals eine Juristenschwemme“, so der Familienvater.
Hamburg „anspruchsvoller Einsatzraum“ für Polizei
Da war die Bundespolizei, die 1996 noch Bundesgrenzschutz hieß, seine Alternative. „Ich habe es nie bereut“, sagt Linkogel. Nach der Ausbildung in Winsen folgten mehrere Posten, darunter Usedom oder die Inspektion Berlin-Ostbahnhof. „Das war sehr lehrreich“, sagt Linkogel über seine Zeit in der Hauptstadt. Hamburg ist für ihn ein „anspruchsvoller Einsatzraum“. „Die Anforderungen sind in einer Großstadt einfach anders. Es gibt mehr kritische Einsatzlagen, in denen man sich aufeinander verlassen muss.“
Dazu kommt, dass auch bei der Bundespolizei wegen vieler Neueinstellungen und gleichzeitig vielen Pensionierungen ein Generationswechsel vollzogen wird. „Die Bundespolizeiinspektion Hamburg wird deutlich verjüngt. Die neuen Kollegen lassen sich gut integrieren und sind engagiert. Das ist für einen Vorgesetzten ein echtes Geschenk“, so Linkogel. Und die Bundespolizei wird personell wachsen. Auch das dürfte die Kriminalitätsbekämpfung im Bereich von Fern- und S-Bahn in Hamburg beeinflussen.