Hamburg. Sieben-Tage-Wert von 71,9 in Hamburg. Laut Modellrechnung könnten alle Erwachsenen bis August vor einer Erkrankung geschützt sein.

Der Trend geht langsam weiter in die falsche Richtung: Am Mittwoch wurden 246 neue Covid-19-Fälle in Hamburg registriert, 85 mehr als noch am Dienstag und neun Fälle mehr als am vorigen Mittwoch. Die Inzidenz stieg damit von 71,4 auf 71,9. Nach Stand vom Dienstag liegt die Zahl der Corona-Patienten bei 311, 88 davon werden intensivmedizinisch behandelt. Laut Angaben des Berliner Robert-Koch-Instituts liegt die Zahl der Todesfälle in Hamburg bei 1235 – in der Statistik sind somit elf weitere Tote hinzugekommen.

Gleichzeitig wurden auch neue Fälle von Virusmutationen in der Hansestadt bestätigt. So stieg die Zahl der in sogenannten Sequenzierungen nachgewiesenen Fälle mit der britischen Variante seit Dienstag um sieben auf insgesamt 18 Fälle und die der südafrikanischen Variante um einen Fall auf drei Infektionen.

Sozialbehörde rechnet mit steigenden Infektionszahlen

„Wir gehen davon aus, dass die Zahlen weitersteigen werden“, sagte der Sprecher der Sozialbehörde, Martin Helfrich. Noch gebe es aber weiterhin keine Belege dafür, dass die Mutationen für den Anstieg der Inzidenz in Hamburg verantwortlich sein könnten.

Auffällig war zuletzt, dass sich innerhalb einer Woche auch 70 Kleinkinder im Alter von null bis fünf Jahren infizierten – so viele Fälle in dieser Gruppe gab es während der ersten Corona-Welle im Frühjahr nur in einem Zeitraum von mehr als einem Monat. Auf der anderen Seite stehen die Ergebnisse dazu, ob eine Mutante etwa den Corona-Ausbruch in einer Kita am Zeiseweg in Altona-Nord verursacht haben könnte, weiter aus.

Es drohen Bußgelder

Nach Angaben der Sozialbehörde soll die nochmals erweiterte Maskenpflicht an belebten öffentlichen Orten wie an Alster und Elbe, im Stadtpark sowie auf Spielplätzen ab Sonnabend gelten. Auf Nachfrage sagte Helfrich, die entsprechende Verfügung werde noch erstellt und sei „differenzierter“ als eine pauschale Pflicht.

 So soll das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes auch an den weiteren öffentlichen Orten ähnlich wie bereits in der Spitalerstraße nur zu bestimmten Zeiten verpflichtend sein. „Im Kern bedeutet die Regelung vor allem einen Appell, den gesunden Menschenverstand zu nutzen und eine Maske zu tragen, wenn die Abstände nicht mehr eingehalten werden können“, so Helfrich. Dennoch können auch Bußgelder drohen, wenn die Regeln missachtet werden.

Senat arbeitet an Öffnungsperspektive für die Schulen

Unterdessen wird im Senat vor allem an einer Öffnungsperspektive für die Schulen nach dem Ende der Märzferien gearbeitet. An einzelnen Grundschulen haben die Leitungen bereits in Eigenregie ein grobes Konzept für Wechselunterricht erstellt und die Eltern informiert, dass man nun auf Vorgaben der Behörde warte.

Nach jetzigem Stand werden keine oder nur sehr wenige Lehrkräfte und Betreuer nach den Ferien bereits geimpft sein – obwohl diese durch eine Entscheidung auf Bundesebene in der Impfpriorität in die zweithöchste Stufe aufgerückt sind. „Aufgrund der weiterhin bestehenden Impfstoffknappheit und der bereits vereinbarten Termine wird eine zügige Umsetzung angestrebt, bleibt aber schwierig“, sagte Schulsenator Ties Rabe (SPD) dem Abendblatt.

Zeitplan für die Impfkampagne nimmt konkretere Züge an

 „Denn die Anzahl der Personen, die insgesamt in die Kategorie der ,hohen Priorität‘ fallen, ist sehr hoch. Sicherzustellen ist auch weiterhin, dass ältere Menschen sowie schwerkranke Menschen prioritär geimpft werden.“ Martin Helfrich von der Sozialbehörde ergänzt: „Die zweithöchste Prioritätengruppe ist bislang noch nicht zur Impfung aufgerufen worden. Dies betrifft zuerst unter anderem auch Menschen im Alter von über 70 Jahren.“

Dennoch nimmt der Zeitplan für die gesamte Impfkampagne konkretere Züge an: Schon Anfang August könnten alle erwachsenen Hamburger zweimal geimpft sein – wenn gewisse Voraussetzungen erfüllt sind. Das geht aus einer Modellberechnung des Zentralinstituts (ZI) der Kassenärztlichen Bundesvereinigung hervor. Die Simulation wurde am Mittwoch bei einer Pressekonferenz vorgestellt. Sie beruht auf der Annahme, dass alle bislang zugesagten Impfstofflieferungen auch tatsächlich zum vereinbarten Zeitpunkt zur Verfügung stehen.

Arztpraxen spielen eine wichtige Rolle

Gelingen kann das bis Anfang August allerdings nur, wenn auch in Arztpraxen geimpft wird – und wenn die Impfstoffe, die derzeit getestet werden, eine Zulassung bekommen. Klappt es mit der Zulassung nicht, verschiebt sich der Zeitpunkt der Durchimpfung auf den 12. September. Wird nicht in den Praxen, sondern weiterhin nur in den Impfzen­tren geimpft, wird die Durchimpfung erst deutlich später erreicht.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung empfiehlt deshalb, möglichst rasch die Voraussetzungen für Impfungen bei den niedergelassenen Ärzten zu schaffen. „Wir haben die Möglichkeit, Impfungen in großer Zahl vorzunehmen, wie jedes Jahr wieder bei den Grippeimpfungen zu sehen ist“, sagte Andreas Gassen, der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV).

Impfstoffmangel bereits Ostern vorüber?

Bei der KBV geht man davon aus, dass der große Impfstoffmangel bereits Ostern vorüber sein wird. Laut Zentralinstitut haben BionTech und Pfizer für das zweite Quartal (April bis Juni) 40,2 Millionen Dosen zugesagt. Zugleich rechnet das BMG mit großen Lieferungen von Moderna (6,4 Millionen) und AstraZeneca (16,9 Millionen). Hinzu kämen die Impfstoffe von Johnson & Johnson sowie Curevac, falls sie bis dahin zugelassen sind.

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

Aus dem derzeitigen Impfstoffmangel wird also sehr schnell ein Impfstoffüberschuss. Laut KBV droht dann wegen der begrenzten Kapazitäten der Impfzentren ein Stau. Und der wäre, da sind sich Epidemiologen einig, schädlich. Jede gegebene Impfung hilft dem Geimpften und ist zugleich ein Schritt in Richtung Herdenimmunität.

Im Video: So funktioniert das Hamburger Corona-Impfzentrum

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Jede eingelagerte Impfdosis bewirkt das Gegenteil: Das Erreichen des vollen Impfschutzes wird verzögert. Arztpraxen könnten die Sache wesentlich beschleunigen. Nach Angaben des ZI könnten 50.000 der bundesweit rund 75.000 Arztpraxen täglich jeweils 20 Impfstoffdosen verabreichen und dadurch bis zu fünf Millionen Impfungen pro Woche vornehmen.

Für Hamburg bedeutet das laut Modellrechnung: Die Stadt wäre schneller durch mit dem Impfen. Auch ohne weitere Impfstoffzulassungen könnte unter Hinzuziehung der Ärzte am 18. April die Prioritätsgruppe 1 durchgeimpft sein. Die Gruppe 2 wäre am 6. Juni (ohne Praxen: 13. Juni) fertig, die Gruppe 3 am 18. Juli (ohne Praxen: 12. September). Bis 12. September wären alle Erwachsenen geimpft. Ohne Hilfe der Praxen wäre das erst Monate später der Fall.

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Das optimistischste Szenario sieht so aus: Erste Gruppe bis 18. April fertig, zweite Gruppe bis 23. Mai, dritte Gruppe bis 20. Juni, alle erwachsenen Hamburger bis 1. August zweimal geimpft. Laut KBV dürfte das Impfen nach Priorisierungstabelle dabei bald der Vergangenheit angehören. KBV-Chef Sassen sagt: „Sobald der Impfstoff in großer Menge in die Arztpraxis kommt, wird die Priorisierung schnell nachrangig werden.“