Hamburg. Wegen Datenlücken seien die Senats-Angaben zur Infektionsrate von Ungeimpften drastisch überhöht. Die Hintergründe.

Linke und FDP werfen dem rot-grünen Senat vor, falsche Daten zur Corona-Inzidenz von Geimpften und Ungeimpften veröffentlicht zu haben. Die Sozialbehörde hatte die Zahlen zuletzt Ende November nebeneinander gestellt. Demnach hatte die Inzidenz in Hamburg bei den Geimpften in der 47. Kalenderwoche bei 24,0 gelegen, der Wert bei den Ungeimpften oder nicht vollständig Geimpften lag aber bei 898,2.

Antworten des Senats auf Kleine Anfragen von Linken-Gesundheitspolitiker Deniz Celik und der FDP-Abgeordneten Anna von Treuenfels-Frowein zeigen nun, dass die Datengrundlage für diese Berechnungen offenbar mehr als wacklig gewesen ist. Demnach ist in der 47. Kalenderwoche bei rund 70 Prozent der Coronainfizierten der Impfstatus gar nicht erhoben worden. Menschen, bei denen die Impfung nicht nachgewiesen und also erhoben werden konnte, wurden offenbar zu den Ungeimpften gezählt – was mathematisch zu einer fälschlich höheren Inzidenz der Ungeimpften und einer fälschlich niedrigeren der Geimpften führen kann.

Corona Hamburg: Inzidenzen bilden nicht die Realität ab

„Der Senat unterscheidet bei der Berechnung der Inzidenz letztlich nicht zwischen Geimpften und Ungeimpften“, sagte FDP-Politikerin von Treuenfels-Frowein. „Die veröffentlichten Inzidenzen sind verzerrend und bilden nicht die Realität ab. Dieses Vorgehen ist unverantwortlich: Wer auf der Grundlage falscher Zahlen unter anderem Grundrechtseingriffe vornimmt, darf sich nicht wundern, wenn deren Akzeptanz bei den Hamburgern rapide abnimmt.“

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Auf die Anfrage des Linken-Gesundheitspolitikers Celik räumte der Senat ein, dass auch bei Klinikpatienten der Impfstatus in rund einem Drittel der Fälle gar nicht erhoben wird. „Die ganzen Angaben zu den Inzidenzen von Geimpften und Ungeimpften sind praktisch wertlos“, so Celik, „Durch die Verzögerung bei der Erfassung des Impfstatus wird die Zahl der Impfdurchbrüche insgesamt unterschätzt.“ Um das Pandemiegeschehen sachlich bewerten zu können, müsse man sich aber auf die Daten verlassen können, sonst verspiele man nur das Vertrauen der Bevölkerung.

Die Sozialbehörde wies darauf hin, dass es immer wieder den Wunsch nach getrennten Inzidenzen gegeben habe. Man habe dabei immer darauf hingewiesen, dass es Nachmeldungen geben könne. Da die Gesundheitsämter nun sehr beansprucht seien und die Daten nicht mehr liefern könnten, habe man die getrennte Ausweisung eingestellt. Tatsächlich wird der Impfstatus von Infizierten offenbar mittlerweile so gut wie gar nicht mehr erhoben. Laut Senatsantwort konnte der Impfstatus in der 49. Kalenderwoche bei rund 90 Prozent der Infizierten nicht mehr registriert werden.

1001 Neuinfektionen binnen 24 Stunden in Hamburg

Am Donnerstag meldete die Sozialbehörde hamburgweit insgesamt 1001 Neuinfektionen. Die Inzidenz sank nach einem Rekordstand von 283,7 am Mittwoch leicht auf jetzt 282,1 – da die Infektionszahl am Donnerstag vergangener Woche mit 1031 noch etwas höher gelegen hatte. 232 Menschen werden wegen eines schweren Verlaufs derzeit in Hamburger Kliniken behandelt, 58 davon auf Intensivstationen. Der Senat meldete elf weitere Coronatote. Seit Pandemiebeginn sind es in Hamburg nun 1940.

Ausbruch bei Klassenfahrt: Hälfte der Schüler infiziert

In Hamburger Schulen hat es zwischen dem 5. und 14. Dezember laut Schulbehörde 908 Infektionen mit dem Coronavirus gegeben, 839 bei Schülern und 69 bei Lehrern oder anderem Schulpersonal. Die meisten Infektionen gab es seit 5. Dezember (Stand Mittwoch) an der Otto-Hahn-Schule (39 Fälle), Lessing Stadtteilschule (25), Berufliche Schule für medizinische Fachberufe auf der Elbinsel (23), Ev. Wichern-Schule (22) , Stadtteilschule Stellingen (19) und Gyula Trebitsch Schule (17).

Einen größeren Ausbruch verzeichnete das Gesundheitsamt Eimsbüttel an der Katholischen Schule Am Weiher. Auf einer Klassenfahrt infizierten sich dort nach Abendblatt-Informationen 12 von 21 Schülern der vierten Klasse. „Wir haben die Klasse wegen der hohen Fallzahl zum Schutz anderer Schüler komplett in Quarantäne geschickt“, sagte Eimsbüttels Bezirksamtssprecher Kay Becker.

Corona-Hamburg: Proben auf Omikron untersucht

Bisher sei die als hochansteckend geltende Omikronvariante unter den Infizierten nicht nachgewiesen worden. Laut Schulbehörde gilt das für alle Hamburger Schulen. Einzelne Omikron-Verdachtsfälle hätten sich bisher nicht bestätigt.

Eine Vorziehen der Weihnachtsferien wegen der Infektionslage lehnt die Schulbehörde ab – und weiß sich damit im Einklang mit Elternkammer und Lehrergewerkschaft GEW. „Der organisatorische Aufwand wäre größer als der Nutzen“, sagte GEW-Geschäftsführer Dirk Mescher dem Abendblatt. Der Vorstand der Elternkammer, Thomas Koester, sagte: „Wir sind dafür, die Schulen so lange wie möglich aufzuhalten, zumal es auch viel nachzuholen gibt.“