Hamburg. Niendorferin muss ihre Pakete regelmäßig selbst abholen – obwohl sie schwer erkrankt ist. Der Ärger über die Post ist nicht neu.
Elke Jepsen (Name geändert) hat Ärger mit DHL. Die 52-Jährige kann wegen einer schweren Erkrankung und einer Bewegungseinschränkung keine langen Einkaufstouren durch die Stadt oder ihr Wohnviertel machen, deshalb bestellt sie seit einigen Monaten immer wieder online. Bislang war das nie ein Problem. Sie wohnt in einer kleinen Sackgasse, kennt alle ihre Nachbarn, die auch seit Jahren ganz unproblematisch Pakete füreinander annehmen, wenn jemand mal nicht zu Hause ist.
Elke Jepsen ist aber ständig zu Hause, seit sie pandemiebedingt zunächst im Homeoffice gearbeitet hat und nun schon länger krankgeschrieben ist. „Seit ein paar Monaten ist auf DHL kein Verlass mehr“, sagt die Niendorferin. Sie muss nun regelmäßig zur Postbank am Tibarg in Niendorf, um Pakete entgegenzunehmen.
Lange Wartezeiten bei Hamburger Postbank
Dort betragen die Wartezeiten oft eine Stunde und länger, dabei fällt ihr langes Stehen sehr schwer. Und Sitzgelegenheiten gibt es in der Warteschlange, die sich durch das Einkaufszentrum schlängelt, nicht.
Jahrelang hätten die DHL-Boten Pakete bei den Nachbarn abgegeben, „seit dem Frühling haben sie dann ganz oft nur Karten in den Briefkasten eingeworfen, auf denen steht, der Zustellversuch sei nicht erfolgreich gewesen, weil sie mich nicht angetroffen hätten, auch wenn ich den ganzen Tag zu Hause war.“ Manchmal lande dann ein Paket auch beim Nachbarn, was noch der idealste Fall sei, sagt Jepsen.
Schon länger Ärger mit der Post in Hamburg
„Als ich den Boten, den ich vor der Tür sogar noch gesehen habe, zur Rede stellte, sagte er nur ,keine Zeit, keine Zeit‘.“ Sie fand daraufhin im Briefkasten eine Benachrichtigungskarte über den erfolglosen Zustellversuch.
Der Ärger über die Post und das Tochterunternehmen DHL ist nicht neu. Die Verbraucherzentrale hatte dafür 2018 eine eigene Sparte eingerichtet – und die Beschwerden zwischen Juli und Dezember analysiert. Schon damals, weit vor dem durch die Pandemie immens gestiegenen Paketaufkommen, lagen die Beschwerden über das Ausbleiben einer Sendung trotz Ankündigung und Anwesenheit bundesweit bei 41,4 Prozent.
Paketboten versuchen Zustellung gar nicht erst
Mit 30 Paketbeschwerden pro 100.000 Einwohner lag Hamburg gleich hinter Berlin (34,1). Bis auf Bremen (15,6) lagen alle weiteren Bundesländer im einstelligen Bereich. Aufgeschlüsselt nach Paketdiensten zeigt sich, dass die DHL bundesweit mit 71,9 Prozent den größten Anteil an den Beschwerden verzeichnet – gefolgt von Hermes (13,2) und DPD (9,6).
Auch heute noch sind einschlägige Internetforen voll von Kritik an der DHL. Immer wieder taucht dort der Vorwurf auf, dass die Paketboten die Zustellung gar nicht erst versucht haben – aus Faulheit oder Zeitmangel. Dass Sendungen an falsche Adressen geliefert wurden und die unfreiwilligen Empfänger dann von der DHL-Hotline zu hören bekamen, die Pakete könnten nicht abgeholt, sondern müssten von ihnen selbst zur Post gebracht werden. Auch von aufgerissenen Paketen und gestohlenen Inhalten ist immer wieder zu lesen.
Verbraucherzentrale Hamburg äußert sich
Julia Rehberg von der Verbraucherzentrale Hamburg weiß, wie viel Ärger die Betroffenen haben. Wirklich etwas tun könnten sie aber nur, wenn Sendungen verloren oder beschädigt wurden. „Mittlerweile gibt es eine verbindliche Schlichtung bei der Bundesnetzagentur“, sagt sie. Vorher müssten die Betroffenen aber versuchen, selber eine Klärung herbeizuführen (https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Vportal/Schlichtung/Schlichtung_Post/start2.html).
Die neueste Masche, so Jepsen, sei, dass DHL ihr nur per Mail mitteile, der Zustellversuch sei nicht geglückt – es offenbar aber gar nicht probiert habe. Sie habe daraufhin als Ablageort einfach „Haustür“ gewählt. „Dann kann sich DHL nicht rausreden, ich sei nicht zu Hause gewesen“, sagt sie. Leider klappte auch das nicht. In der vergangenen Woche erhielt sie wieder nur eine Mail über einen erfolglosen Zustellversuch. „Guten Tag, leider konnten wir Ihr Paket nicht persönlich übergeben. Es wird für Sie in der Filiale 554 hinterlegt.“
Niendorferin über Paket-Ärger: „Ich finde das unmöglich"
Diese ist vier Kilometer entfernt. „Ich finde das unmöglich, denn das Paket sollte gar nicht persönlich übergeben werden“, sagt Jepsen verärgert. In der Mail stand weiter: „Die zur Abholung benötigte Benachrichtigungskarte wird Ihnen innerhalb der nächsten Tage per Brief zugestellt.“ Eine Woche später ist sie immer noch nicht angekommen.
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Bei der Deutschen Post nachgefragt, verweist Sprecher Stefan Laetsch darauf, dass Ablageorte bestimmte Kriterien erfüllen müssten: Sie dürften für Dritte nicht einsehbar und müssten trocken, auf dem eigenen Grundstück und frei zugänglich sein. Im Fall von Elke Jepsen ist das alles gegeben: Büsche verdecken den Blick auf die Haustür, es gibt ein vor Regen schützendes Vordach und einen Vorgarten ohne Pforte.
Deutsche Post liefert keine Zahlen für Hamburg
Auch, dass der Zusteller den Ablageort nicht kannte, ist laut Laetsch ausgeschlossen: „Sobald der Zusteller das Paket für Kunden scannt, die einen Ablageort hinterlegt haben, taucht automatisch der hinterlegte Ablageort auf. Von daher kennen sowohl die Stammzusteller auch als die Vertreter die Ablageorte.“
So geht es auch |
Die Beschwerden über Probleme bei der Paketzustellung reißen nicht ab. Obwohl der Empfänger zu Hause ist, geht das Paket als unzustellbar zurück in die Filiale; bei Nachbarn wird nicht geklingelt, um wenigstens dort die Lieferung loszuwerden; Abholscheine landen nicht im Briefkasten ... Doch es geht auch anders. Ganz anders. Wie in den Straßenzügen, die direkt ans Niendorfer Gehege grenzen. Hier stellt seit Jahren derselbe Fahrer die Pakete zu.Hat Michael Dienst, findet jedes Paket einen Empfänger. Den richtigen, den Nachbarn, den Bekannten. Ist wirklich mal niemand anzutreffen – dieser freundliche, immer gut gelaunte Zusteller weiß, wo er das Paket ablegen soll und kann. Jeder hier kennt Michael, und jeder hier mag den hilfsbereiten Mann von der Post, der – das nur als ein Beispiel – die schwere Weinlieferung auch gern mit der Sackkarre gleich in den Keller bugsiert, statt die Kisten einfach nur im Flur abzustellen.So geht es auch. Danke! |
Vielleicht haben die DHL-Mitarbeiter keine Zeit, um jedes einzelne Paket zuzustellen? Zahlen für Hamburg liefert die Deutsche Post nicht. Aber bundesweite Durchschnittszahlen aus 2020. Da haben 118.500 Zusteller täglich 5,9 Millionen Pakete bearbeitet. Fünf bis zehn Prozent davon wären, weil sie nicht zugestellt werden konnten, zur Abholung in eine Post- oder Partnerfiliale gebracht worden. Elke Jepsen rät Laetsch, die Hotline anzurufen (0228/433 31 12). Dort könne anhand der Sendungsnummer aufgeklärt werden, von wem und warum das Paket nicht zugestellt wurde.