Hamburg. Dekanat der Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften gibt sich ob des Wiesendanger-Papiers “befremdet“.
Die Veröffentlichung der umstrittenen „Studie“ zum Ursprung des Coronavirus durch die Universität Hamburg schlägt weiter hohe Wellen. Kritik kommt nun auch aus der Universität selbst. So distanzierte sich das Dekanat der Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften (MIN) in einer offiziellen Stellungnahme.
Bei der von der Uni-Pressestelle unter der Bezeichnung „Studie“ veröffentlichten Ausarbeitung handle es sich „nicht um eine wissenschaftliche Studie mit qualitätsgesicherten Inhalten und Standards“. Das Papier habe keinen Peer-Review-Prozess durchlaufen und sei daher eher als nichtwissenschaftlicher Aufsatz oder Meinungsäußerung zu bezeichnen, schreibt das MIN-Dekanat.
Wuhan-Studie: Dekanat reagiert "befremdet"
„Da die 'Studie' über die offiziellen Kanäle der Universität Hamburg verbreitet wurde, wird der Anschein erweckt, dass es sich um fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse handeln würde, die mit anerkannten wissenschaftlichen Methoden erreicht wurden. Dies befremdet das MIN-Dekanat und einen Großteil der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Fakultät, die sich von den indizienbasierten Aussagen distanzieren“, heißt es.
Die Forschenden der Fakultät arbeiteten weiterhin mit aller Kraft daran, faktenbasierte Informationen zu ermitteln und diese anhand qualitätsgesicherter Standards in verständlicher Form zur Verfügung zu stellen.
Prof. Wiesendanger betrieb keine eigene Forschung
Wie berichtet, hatte die Pressestelle der Uni eine Arbeit des Physik-Professors Roland Wiesendanger beworben, die zu dem Schluss kommt, dass die Corona-Pandemie Folge eines Unfalls in einem Labor der chinesischen Stadt Wuhan sei.
Eigene Forschung betrieb Wiesendanger dafür nicht, sondern sammelte frei zugängliche „Hinweise“. Mit diesen Hinweisen beschäftigte sich auch die „Coronavirus Structural Taskforce“, ein internationales Netzwerk von Expertinnen und Experten auf dem Gebiet der Strukturbiologie, im Einzelnen.
"Kein gutes Licht auf die Universität Hamburg"
„Leider ist diese Studie gar keine, sondern eine reichlich verworrene Medienrecherche“, heißt es in einer Stellungnahme. „Es ist gut und richtig, dass Professoren an deutschen Unis veröffentlichen und erforschen können, was sie wollen. Aber dass dieser Artikel in enger Absprache mit dem Präsidenten, aber ohne Peer Review im Namen der Uni veröffentlicht wird, wirft kein gutes Licht auf die Universität Hamburg, die ja auch unsere eigene wissenschaftliche Heimat ist.“
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Auch die Kommunikationswissenschaftlerin Prof. Juliane Lischka distanzierte sich auf Twitter von dem „als Studie bezeichneten Meinungspapier“. Die Publikation habe klare Desinformationsmerkmale. „Keine Verantwortlichen haben reagiert. Es wird ein trauriges Fallbeispiel in meinem Desinformations-Seminar“, schrieb die Journalistik-Professorin der Uni Hamburg.