Hamburg. Mit den derzeitigen Schwankungen der Inzidenz haben die neuen Regeln nichts zu tun. Wann mit besseren Zahlen zu rechnen ist.
Endlich mal eine Maßnahme, die sofort wirkt: Kaum hatte der Hamburger Senat am Mittwoch erstmals in der Corona-Pandemie eine Ausgangssperre verkündet, gingen am Donnerstag die Corona-Infektionszahlen schon runter – die Inzidenz sank von 163,7 auf 163,3. Echt jetzt? Nein. April, April!
Natürlich konnte die Auflage, von 21 bis 5 Uhr die Wohnung nur noch mit triftigem Grund zu verlassen, an jenem 1. April noch nicht wirken – denn sie gilt erst seit Karfreitag. Außerdem bilden die positiven Tests immer das Infektionsgeschehen von vor zehn bis 14 Tagen ab. Ob die „Ausgangsbeschränkungen“, wie der Senat sie offiziell nennt, wirklich wirken, dürfte sich in den Zahlen also erst Mitte April bemerkbar machen.
Zahl der Corona-Patienten in Hamburgs Krankenhäusern steigt
Ein Fünkchen Hoffnung macht die Entwicklung dennoch: Denn auch am Freitag wurden mit 483 Neuinfektionen 60 weniger verzeichnet als am Freitag zuvor. Die Inzidenz sank daher weiter auf 160,1. Zuvor war sie zehn Tage in Folge nur gestiegen. Der Senat bewertet solche minimalen Ausschläge allerdings traditionell zurückhaltend. Denn bislang hatte es in jeder stetigen Auf- oder Abwärtsbewegung auch immer mal kleinere Schwankungen gegeben.
Zudem gibt es auch Grund zur Sorge: Die Zahl der Covid-19-Patienten in den Krankenhäusern stieg mit Stand vom 1. April auf 281 (Vortag 277). Darunter waren 91 Intensivpatienten, zwei mehr als am Vortag. Und: Die Zahl der Hamburger, die an oder mit Corona gestorben sind, stieg ebenfalls stark an: um elf auf 1393. Der Senat hatte die Ausgangssperren unter anderem mit der drohenden Überlastung des Gesundheitswesens begründet.
Jugendliche feiern an der Alster – Polizei löst Corona-Partys auf
Wie schwer es vor allem jungen Menschen fällt, abends zu Hause zu bleiben, zeigte sich am Mittwochabend. An der Alster feierten Hunderte Jugendliche bei milden Frühlingstemperaturen Partys und verstießen gegen die Kontaktbeschränkungen, die unabhängig von der Ausgangssperre schon galten. Laut Polizei versammelten sich rund 150 Menschen im Bereich der Krugkoppelbrücke, weitere 350 bis 400 im Alstervorland. Darunter waren nicht nur größere Gruppen angetrunkener Jugendlicher, sondern auch Spaziergänger und Familien.
Lesen Sie auch:
- Die aktuellen Corona-Nachrichten für Hamburg und den Norden
- Gebuchte und bezahlte Corona-Tests verweigert
- Corona-Tests gibt es im Hamburg jetzt im Drive-In
Im weiteren Verlauf des Abends wurde die Polizei alarmiert, eine größere Gruppe plane eine Feier mit Musik. Die Stimmung sei sehr aufgeheizt und aggressiv gewesen, teilte die Polizei weiter mit. Mehrere Streifenwagen waren im Einsatz. Als die Beamten eintrafen, verließen viele schnell den Ort. Die Einsatzkräfte erteilten mehr als ein Dutzend Platzverweise und leiteten zahlreiche Ordnungswidrigkeitsverfahren ein.
Mehrere Glasflaschen wurden in Richtung des Fahrers eines Polizeimotorrads geworfen. Auch zwei Streifenwagen wurden beschädigt.
Verbotener Demonstrationszug gegen Ausgangssperre
Am Donnerstagabend zogen Gegner der Ausgangsbeschränkungen trotz eines Verbots mit Spruchbändern durch St. Pauli und Altona. Wie ein Sprecher der Polizei sagte, war zwar eine Kundgebung mit 50 Teilnehmenden am Grünen Jäger auf St. Pauli unter dem Motto „Gegen die Ausgangssperre – für einen konsequenten Lockdown“ angemeldet und zugelassen worden.
Die aktuellen Corona-Fallzahlen aus ganz Norddeutschland:
- Hamburg: 2311 neue Corona-Fälle (gesamt seit Pandemie-Beginn: 430.228), 465 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (davon auf Intensivstationen: 44), 2373 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1435,3 (Stand: Sonntag).
- Schleswig-Holstein: 1362 Corona-Fälle (477.682), 623 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 39). 2263 Todesfälle (+5). Sieben-Tage-Wert: 1453,0; Hospitalisierungsinzidenz: 7,32 (Stand: Sonntag).
- Niedersachsen: 12.208 neue Corona-Fälle (1.594.135), 168 Covid-19-Patienten auf Intensivstationen, 7952 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1977,6; Hospitalisierungsinzidenz: 16,3 (Stand: Sonntag).
- Mecklenburg-Vorpommern: 700 neue Corona-Fälle (381.843), 768 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 76), 1957 Todesfälle (+2), Sieben-Tage-Wert: 2366,5; Hospitalisierungsinzidenz: 11,9 (Stand: Sonntag).
- Bremen: 1107 neue Corona-Fälle (145.481), 172 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 14), 704 Todesfälle (+0). Sieben-Tage-Wert Stadt Bremen: 1422,6; Bremerhaven: 2146,1; Hospitalisierungsinzidenz (wegen Corona) Bremen: 3,88; Bremerhaven: 7,04 (Stand: Sonntag; Bremen gibt die Inzidenzen getrennt nach beiden Städten an).
Im Laufe des Abends hätten sich aber bis zu 250 überwiegend junge Menschen am Demonstrationsort versammelt. Etwa 200 von ihnen schlossen sich später um kurz nach 22 Uhr dem nicht erlaubten Marsch an. Die Teilnehmenden des Aufzugs seien dem linken Spektrum zuzuordnen gewesen. Es kam zu vereinzelten Sachbeschädigungen. So wurden in der Straße Am Brunnenhof SPD-Plakate abgerissen und an der Großen Bergstraße Baustellenmaterial auf die Fahrbahn gezogen. Der Aufzug wurde schließlich von der Polizei zerstreut.
Demo auf dem Rathausmarkt kurz vor Inkrafttreten der Ausgangssperre
Kurz vor dem Inkrafttreten der nächtlichen Ausgangsbeschränkungen haben am Karfreitagabend zudem linke Gruppen auf dem Rathausmarkt gegen die Corona-Politik des Senats demonstriert. Statt einseitig die privaten Kontakte einzuschränken, müssten die Betriebe heruntergefahren werden, forderten Rednerinnen vor – laut Polizei – rund 250 Teilnehmern.
Zu der Demonstration aufgerufen hatten linke und linksextreme Gruppen wie die Interventionistische Linke, die DKP und die Föderation der Demokratischen Arbeitervereine.
Die Corona-Regeln in Hamburg während der Ostertage
In Hamburg sind private Zusammenkünfte auch während der Ostertage auf den eigenen Hausstand und maximal eine weitere Person begrenzt, wobei Kinder unter 14 Jahren nicht mitgezählt werden. „Das bedeutet: Eine Zusammenkunft von mehr als zwei Haushalten ist eine Ordnungswidrigkeit“, stellte die Sozialbehörde klar.
Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick
- Corona in Hamburg – die aktuelle Lage
- Die Corona-Lage für ganz Deutschland im Newsblog
- Interaktive Corona-Karte – von China bis Hamburg
- Überblick zum Fortschritt der Impfungen in Deutschland
- Interaktiver Klinik-Monitor: Wo noch Intensivbetten frei sind
- Abonnieren Sie hier kostenlos den täglichen Corona-Newsletter
- So wird in Deutschland gegen Corona geimpft
Die seit Karfreitag geltenden Ausgangsbeschränkungen erlauben den Aufenthalt im öffentlichen Raum zwischen 21 und 5 Uhr nur noch „aus triftigem Grund“. Dazu zählen beruflich bedingte Wege, medizinische Notfälle, die Versorgung von Tieren (auch das Gassigehen mit dem Hund) und körperliche Ertüchtigungen – also zum Beispiel ein Spaziergang oder eine Joggingrunde.
Diese Ausnahmen gelten aber nur für Einzelpersonen. Wer in der Sperrzeit in Begleitung unterwegs ist oder keinen Grund vorweisen kann, muss mit einem Bußgeld von mindestens 150 Euro rechnen.
Wer nach 21 Uhr schließen muss – und wer weiter öffnen darf
Auch Lebensmittelgeschäfte und Kioske müssen in dieser Zeit schließen – nur Tankstellen und Apotheken dürfen weiter öffnen, Lieferdienste dürfen weiterhin Essen ausliefern. Die Verordnung untersagt ab sofort „körpernahe Dienstleistungen“ in Kosmetik-, Massage-, Tattoo- und Sonnenstudios. Ausgenommen sind Friseure und Fußpflege, für deren Besuch aber ein negativer Corona-Test erforderlich ist.
Grundsätzlich zulässig bleiben auch alle medizinisch notwendigen Dienstleistungen wie Physiotherapie – anders als am Donnerstag berichtet, ist hierfür kein negativer Test erforderlich. Es gelten nur die üblichen Hygienebedingungen.
Von den Unternehmen wird erwartet, dass sie ihren Arbeitnehmern wo immer möglich Homeoffice anbieten. Wo das nicht geht, müssen die Mitarbeiter medizinische Masken tragen, sobald zwei Menschen in einem Raum zusammenkommen. Zudem „sollen“ die Firmen ihren Mitarbeitern zwei Schnelltests pro Woche zur Verfügung stellen. Sollte der Bund das nicht absehbar zur Pflicht machen, will der Senat dies über ein Landesgesetz einführen.