Hamburg. Noch in dieser Woche dürfen alle Geschäfte in der Stadt wieder öffnen. Dass keine Testpflicht eingeführt wird, sorgt für Erleichterung.

Zum Pfingst-Shopping am Sonnabend öffnen die Geschäfte wieder – wenn auch mit einer Kundenzahl, die sich an der Größe eines Ladens bemisst. Was der Senat dem Einzelhandel zugesteht, ist allerdings an eine Bedingung geknüpft, auf die viele Geschäftsleute in den kommenden Tagen mit Bangen schauen werden: Die Sieben-Tage-Inzidenz muss stabil unter 50 bleiben. Nur dann kann auf die Vorlage negativer Tests oder anderer Unbedenklichkeitsbescheinigungen wie Impfpässe verzichtet werden. Eine solche Kontrolle aber können und wollen die Einzelhändler nicht leisten.

Für die Handelskammer machte Hauptgeschäftsführer Malte Heyne klar: „Wir freuen uns über den Beschluss des Senats, dass es im Einzelhandel und der Außengastronomie keine Vorlagepflicht für tagesaktuelle Testergebnisse geben wird. Eine solche Pflicht hätte für vier von fünf der betroffenen Betriebe die Wirtschaftlichkeit der Öffnungen infrage gestellt.“

Tschentscher: „Zahlen können auch nach unten wandern“

Der Hamburger Schuhunternehmer Christian Bode, Inhaber von 25 Filialen in Norddeutschland, stieß ins selbe Horn: Mit den neuen Vorgaben ohne Testpflicht könne das Geschäft wieder anspringen. „Dieses Berliner Modell rechnet sich nicht, weil viele Händler dann gar nicht erst öffnen.“

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Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) hatte klargemacht, dass der Verzicht auf die Testpflicht an der guten Entwicklung bei den Neuinfektionen hänge. Vor zwei Wochen hätte der Einzelhandel nur mit Testpflicht öffnen dürfen. „Aber Zahlen können auch nach unten wandern“, so Tschentscher. Steigen sie jedoch wieder, komme die Testpflicht wieder ins Spiel.

Kundenlisten und Nachverfolgung spielen eine entscheidende Rolle

 So spielen Kundenlisten und Nachverfolgung eine entscheidende Rolle beim Einkaufen. Tschentscher appellierte, die Luca-App zu nutzen, die Kontaktdaten digital speichere. Wer die App nicht verwende, könne auch Papier nehmen. Aber: „Wir sind eine digitale Stadt.“ Die Corona-Warn-App der Bundesregierung sei zum Einkaufen nicht geeignet.

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

Die Handwerkskammer, die auch die Kosmetiker, Handwerker mit Ladengeschäften sowie die Bäcker und Schlachter mit Außengastronomie vertritt, spricht vom Ende eines „Berufsverbotes“. Kammerpräsident Hjalmar Stemmann appelliert an die Betriebe und Kunden, „alle Corona-Auflagen akkurat zu befolgen“. Bei der Kosmetik als „körpernaher Dienstleistung“ ist ein aktueller negativer Schnelltest Pflicht.

Freude bei Schuhhändler Görtz

„Die entscheidende Frage für uns war, ob die Geschäfte schon am Sonnabend oder möglicherweise erst nach Pfingsten öffnen dürfen“, sagte Brigitte Nolte von der Geschäftsführung des Handelsverbands. Auch sie sagt: „Mit einer Testpflicht ist der Einzelhandel wirtschaftlich nicht sinnvoll zu betreiben. Da die Geschäfte nachweislich und anerkanntermaßen nicht zum Infektionsgeschehen beitragen, kann und darf auf die Testpflicht auch bei Inzidenzwerten bis zu 100 verzichtet werden.“

Tschentscher zündet Lockerungs-Stufe 2 - was jetzt gilt

Als positiv bewerten die Kaufleute zudem, dass die Lockerungen auch die Restaurants betreffen: „Die Händler sind sehr erleichtert und optimistisch, besonders vor dem Hintergrund, dass Handel und Außengastronomie zeitgleich öffnen dürfen“, sagte Brigitte Engler, Geschäftsführerin des City Managements in der Hamburger Innenstadt. Bei Schuhhändler Görtz ist die Freude über die bevorstehende Öffnung ebenfalls groß.

Erleichterung über die Senatsentscheidung

„Wir sind sehr erleichtert über die heutige Senatsentscheidung. In unseren sieben Hamburger Filialen laufen bereits die Vorbereitungen und unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter freuen sich, am Wochenende endlich wieder Kunden im Laden begrüßen zu können,“ sagt Geschäftsführer Frank Revermann von Görtz.

Diese Corona-Impfstoffe sind in Deutschland zugelassen

  • Biontech/Pfizer: Der erste weltweit zugelassene Impfstoff gegen das Coronavirus wurde maßgeblich in Deutschland entwickelt. Der mRNA-Impfstoff, der unter dem Namen Comirnaty vertrieben wird, entwickelt den vollen Impfschutz nach zwei Dosen und ist für Menschen ab zwölf Jahren zugelassen. Laut Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat er eine Wirksamkeit von etwa 90 Prozent – das heißt, die Wahrscheinlichkeit, schwer an Covid-19 zu erkranken, sinkt bei Geimpften um den genannten Wert. Ebenfalls von Biontech stammt der erste für Kinder im Alter von fünf bis elf Jahren zugelassene Impfstoff in Deutschland.
  • Astrazeneca: Der Vektorimpfstoff des britischen Pharmaunternehmens wird unter dem Namen Vaxzevria vertrieben. Aufgrund von seltenen schweren Nebenwirkungen empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko), den Impfstoff nur für Patienten zu verwenden, die älter als 60 Jahre sind. Offiziell zugelassen ist der Impfstoff aber für Menschen ab 18 Jahren. Vaxzevria weist laut BMG nach zwei Impfdosen eine Wirksamkeit von bis zu 90 Prozent in Bezug auf schwere Erkrankungen auf.
  • Moderna: Der von dem US-Unternehmen entwickelte mRNA-Impfstoff mit dem Vertriebsnamen Spikevax ist für alle ab 12 Jahren zugelassen, die Stiko empfiehlt aufgrund eines erhöhten Risikos schwerer Nebenwirkungen aber, ihn auf die Altersgruppe der über 30-Jährigen zu beschränken. Der Moderna-Impfstoff hat laut BMG eine Wirksamkeit von bis zu 90 Prozent in Bezug auf schwere Erkrankungen, wenn der volle Impfschutz nach zwei Impfdosen erreicht worden ist.
  • Johnson&Johnson: Das US-Unternehmen hat einen Vektorimpfstoff entwickelt, der bereits nach einer Impfdosis Schutz vor dem Coronavirus entwickelt. Er wird unter dem Namen Covid-19 Vaccine Janssen vertrieben. Das Präparat hat laut BMG eine Wirksamkeit von bis zu 70 Prozent bezogen auf schwere Erkrankungen – zudem ist die Zahl der Impfdurchbrüche im Vergleich zu den anderen Impfstoffen erhöht, daher empfiehlt die Stiko für mit Johnson&Johnson Geimpfte schon nach vier Wochen eine zusätzliche Impfdosis mit Comirnaty oder Spikevax, um den vollständigen Impfschutz zu gewährleisten.
  • Novavax: Das US-Unternehmen hat den Impfstoff Nuvaxovid entwickelt. der mitunter zu den sogenannten Totimpfstoffen gezählt wird. Er enthält das Spike-Protein des Covid-19-Erregers Sars-CoV-2. Dabei handelt es sich aber genau genommen nicht um abgetötete Virusbestandteile, die direkt aus dem Coronavirus gewonnen werden. Das Protein wird stattdessen künstlich hergestellt. Das menschliche Immunsystem bildet nach der Impfung Antikörper gegen das Protein. Der Impfstoff wird vermutlich ab Ende Februar in Deutschland eingesetzt und soll laut BMG in bis zu 90 Prozent der Fälle vor Erkrankung schützen.
  • Weitere Impfstoffe sind in der Entwicklung: Weltweit befinden sich diverse Vakzine in verschiedenen Phasen der Zulassung. Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA prüft derzeit das umstrittene russische Präparat Sputnik V sowie die Impfstoffe der Hersteller Sinovac, Sanofi und Valneva. Der deutsche Hersteller CureVac hat seinen Impfstoff vorerst aus dem Zulassungsverfahren zurückgezogen.

Zu den Einkaufsmagneten gehört das Alsterhaus. Dessen Chefin Alexandra Bagehorn sagte über die nächsten Schritte bis zur Öffnung: „Bereits morgen kommen einige unserer Mitarbeiter wieder zurück, um die Wiedereröffnung vorzubereiten – nach der langen Zeit der Schließung und mit dieser positiven Perspektive sind einfach alle überaus glücklich.“ Ähnlich die Reaktion beim Outdoorgeschäft Globetrotter: „Wir zeigen uns alle sehr erleichtert, dass sich die Inzidenzen in den letzten Wochen so gut nach unten bewegt haben und wir nun die Möglichkeit haben, den Geschäftsbetrieb unserer beiden Häuser in Hamburg aufzunehmen“, sagt Geschäftsführer Andreas Bartmann.

Hygiene und Jobsicherheit stehen für die Gewerkschaft Ver.di im Vordergrund

Lukas Nemela vom Einkaufscenter-Betreiber ECE sagte, die Häuser seien mit Hygiene- und Präventionskonzepten „bestens“ auf die Öffnung vorbereitet. Hygiene und Jobsicherheit stehen für die Gewerkschaft Ver.di im Vordergrund: Deren Fachbereichsleiterin Heike Lattekamp sagte: „Zum Schutz der Beschäftigten und der Kundinnen und Kunden fordern wir jedoch gleichzeitig ein umfassendes und mit den Betriebsräten abgestimmtes Hygienekonzept, das konsequent umgesetzt wird.“