Hamburg. Privatpersonen nehmen Ukrainer auf. In Bezug auf den Vermieter, Chef und die Versicherung gibt es einiges zu beachten.
In Hamburg öffnen Privatpersonen ihr Zuhause für Geflüchtete aus der Ukraine. So auch Familie Krauser aus Heimfeld, die ihren echten Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. „Uns geht es nicht um ,Tu Gutes und sprich drüber‘. Wir wollen einfach nur helfen und nicht selber in den Vordergrund treten“, sagt der Vater. Ihre sechsjährige Tochter war Ansporn, Geflüchteten über das Bündnis Hamburger Flüchtlingsinitiativen eine Unterkunft anzubieten: „Seit wir Eltern sind, haben wir einen ganz anderen emotionalen Zugang zu Ereignissen auf der Welt, in die Kinder involviert sind. Da ist der Funke übergesprungen“, sagt Krauser. „Spenden ist eine gute Sache, aber wir wollten mehr tun. Auch, wenn das auch über unsere Komfortzone hinausgeht.“
Bei Familie Deneke gab ein Gespräch mit Freunden den Anstoß: „Sie wollten in ihrer Wohnung eine Familie aufnehmen“, erzählt die Sozialtherapeutin Elena Deneke. Die zweifache Mutter war beeindruckt – und dachte an ihre Eigentumswohnung, die ebenfalls in Heimfeld ist und gerade leer steht. „Da können wir doch welche aufnehmen!“ Bei der Kirchengemeinde St. Petrus meldete sie ihre Vierzimmerwohnung als frei an. Sie plant, die schon vorhandene Einrichtung mithilfe der Kirchengemeinde zu erweitern. Etwa sechs Personen möchte sie aufnehmen. „Das ist keine Massenunterkunft. Die Menschen sind traumatisiert, ich möchte, dass sie Platz haben und zur Ruhe kommen können.“
Aufnahme von Geflüchteten: Hamburger Familien wollen helfen
Den mentalen Zustand der Geflüchteten bedenkt auch die Familie Krauser: „Traumatisierte Menschen brauchen eine andere Ansprache als Gäste, die man über AirBnB begrüßt.“ Die Familie lebt in einem Drei-Parteien-Haus und nutzt selbst insgesamt 300 Quadratmeter im Erd- und ausgebauten Kellergeschoss. Geflüchteten möchten sie ab Mitte April ein eigenes Bade- und Gästezimmer und Wohnraum zur Verfügung stellen. Die Küche würde man sich teilen. „Wir wissen natürlich nicht, was kommt. Und wir haben keine Erfahrungen auf dem Gebiet“, so der Heimfelder Vater. „Aber wir sind gedanklich darauf vorbereitet, uns an entsprechende Stellen zu wenden und Hilfe zu holen.“ Traumatisierte Menschen können sich in Hamburg beispielsweise an das Koordinierende Zentrum für traumatisierte Geflüchtete „Centra“ wenden.
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„Aber all diese Gedanken müssen natürlich hinter dem viel wichtigeren Umstand zurückstehen, dass Menschen hier bei uns Platz finden und sicher sind“, sagt Familie Krauser über ihre Entscheidung. „Und wir werden abwarten, was und wie viel die Geflüchteten dann selber möchten oder eben nicht. Wir bieten alles an, aber wir erwarten gar nichts.“
Elena Deneke selbst lebt in Buchholz. Sie sprach schon mit Nachbarn im Haus in Heimfeld – die waren begeistert und bieten sich gern als Ansprechpartner an. „Außerdem wohnt meinte Mutter in der Nähe. Sie wird mit ihnen gern Formulare ausfüllen oder zu den Behörden gehen.“
Auch die Tochter von Familie Krauser bereitet sich vor: Sie hofft ein Kind in ihrem Alter begrüßen zu können – und hat dafür schon Stofftiere bereitgelegt, die sie teilen möchte.
Vermieter, Chef, Versicherung – was man wissen muss
Wer Geflüchtete bei sich aufnehmen möchte, will einfach helfen. Dennoch sollten ein paar Dinge dabei beachtet werden. Beispielsweise dürfen Arbeitnehmer nicht davon ausgehen, tageweise von der Arbeit freigestellt zu werden, wie Arbeitsrechtler Nils Schramm erklärt: „Das Engagement für Geflüchtete ist rechtlich gesehen eher eine Privatangelegenheit“. Esko Horn, Präsident des Hamburger Arbeitsgerichts, fügt hinzu: „Es gibt die Möglichkeit, an einzelnen Tagen aufgrund besonderer persönlicher Belange der Arbeit fernzubleiben. Ich halte es jedoch für höchst fragwürdig, ob diese Vorschrift auch für diesen Fall Anwendung finden könnte.“
Zu beachten ist zudem, ob die eigene Hausrats- und Haftpflichtversicherung auch für die Geflüchteten gilt. Nils Schramm empfiehlt, sich abzusichern und bei der Versicherungsgesellschaft zu informieren. Auf Anfrage des Abendblatts gaben die Versicherungsgesellschaften sehr differierende Antworten. Die HUK Coburg etwa erklärte, dass Schäden nicht automatisch abgedeckt seien, wohingegen die Allianz Versicherung äußerte, eine befristete kostenlose Erweiterung des Versicherungsschutzes anbieten zu wollen.
Eine kurzfristige Unterbringung Geflüchteter in der eigenen Wohnung ist darüber hinaus nicht bedenklich. Wie der Hamburger Verein „Mietern helfen Mietern“ erklärt, würde dies in den Rahmen des Besuchsrechts fallen. Nach ungefähr sechs Wochen solle aber die Zustimmung des Vermieters beantragt werden, um das bestehende Mietverhältnis nicht zu gefährden.