Hamburg. Ernährungs-Doc Matthias Riedl erklärt, warum Mahlzeiten in Gesellschaft ideal sind und was es mit dem Seelenhunger auf sich hat.
- Ernährungs-Doc Matthias Riedl gibt Tipps, wie Essen zu einer besseren Laune beitragen kann.
- Gemüse und Obst beispielsweise gelten als Stimmungsaufheller.
- Wer Kalorien sparen will, könne laut Ernährungs-Doc schnell in einem Teufelskreis gefangen sein.
Wenn Werbung uns ein Lebensmittel sehr schmackhaft machen will, dann spielt oft die sprichwörtliche Rama-Familie dabei eine wichtige Rolle. Und tatsächlich könne Essen ein Stück vom Glück sein, sagt Ernährungs-Doc Dr. Matthias Riedl.
„Essen in Gesellschaft ist ideal, weil wir dann langsamer essen und wir besser kauen. Wenn wir allein und hastig essen, schaffen wir es innerhalb kürzester Zeit, eine Menge Kalorien in uns reinzuschaufeln.“ Abgesehen davon gebe es tatsächlich bestimmte Nahrungsmittel, die unsere Laune direkt mitbeeinflussen, sagt Riedl. Gemüse und Obst beispielsweise seien Stimmungsaufheller.
Ernährungs-Doc Dr. Matthias Riedl: Essen sollte Genuss sein
Um Ratschläge für eine gesunde Ernährung langfristig umzusetzen, reiche es aber nicht aus, einfach nur satt zu werden, sagt der Ernährungsexperte: „Essen sollte kulinarischer Genuss sein. Am Anfang eines jeden Genusses steht immer ein sinnlicher Eindruck, dazu gehören auch das Aussehen und der Geruch der Mahlzeit.“
Details zu Geschmack und Duft gelangen seinen Angaben zufolge auf direktem Wege in die Amygdala, welche einen Teil des limbischen Systems im Gehirn bildet. „Dieser Teil des Gehirns sorgt unter anderem dafür, dass wir Situationen emotional bewerten. Außerdem werden dort Endorphine, im Volksmund Glückshormone genannt, ausgeschüttet. Im limbischen System wird ein riesiger Speicher gebildet, in dem auch Geschmackseindrücke, welche wir im Leben erlebt haben, abgelegt werden. Diese Eindrücke werden gebündelt mit Gefühlen abgespeichert“, sagt der Leiter des Medicums Hamburg. Dadurch gebe es also Lebensmittel, die automatisch schöne Erinnerungen in uns auslösen. „Haben wir eines unserer Lieblingsgerichte im Mund, dann schüttet unser Gehirn Dopamin, ein Motivationshormon, aus. Wir fühlen uns so gut, wenn dieses Hormon durch unseren Körper strömt, dass der Körper dazu angeregt wird, die entsprechende Handlung zu wiederholen.“
Ernährungs-Doc Riedl: Genussvolles Essen hilft auch gegen Anspannung
Problematisch dabei sei, dass das besonders bei hochkalorischen und zuckerreichen Lebensmitteln geschehe. Bei Bitterstoffen oder Saurem bleibe die Dopaminausschüttung aus. „Das ist evolutionsbedingt und sollte früher dazu beitragen, einem das Überleben zu sichern“, sagt der Internist, Diabetologe und Ernährungsmediziner, denn Bitteres sei oft giftig gewesen, Süßes dagegen unbedenklich.
Genuss helfe auch gegen Anspannung, sagt Riedl, denn bei Stress schütte der Körper Hormone wie beispielsweise Adrenalin und Cortisol aus, die wiederum nicht in der Kombination mit Glückshormonen ausgeschüttet werden könnten. „Problematisch ist, dass emotionales Essen schnell zu einer Verhaltenssucht werden kann“, so der Ernährungs-Doc. Zucker in Süßigkeiten führe zu einem schnellen Anstieg des Blutzuckerspiegels und der Denkleistung, danach sinke der Blutzuckerspiegel und die Konzentration nehme stark ab.
Wer Kalorien sparen will, ist schnell im Teufelskreis gefangen
Der klassische Hunger komme in unserer Gesellschaft dagegen kaum vor. Der Mediziner spricht eher von „Augenhunger“, wenn uns beispielsweise die Werbung etwas Leckeres zeigt, von „Nasenhunger“, weil es irgendwo sehr gut riecht und von „Seelenhunger“, wenn es einem gerade nicht gut geht.
„Viele Menschen wollen Kalorien sparen, das ist tief in der Gesellschaft verankert. Aber es führt dazu, dass man mit ständigem Hunger durchs Leben läuft, das ist die Konstellation, die uns für Augen-, Nasen- und Seelenhunger anfällig macht“, sagt Riedl. „Dann gönne ich mir das, was die Werbung anbietet, die Snacks, das Süße, das Kohlenhydratreiche. Damit bin ich in einem Teufelskreis gefangen, denn damit ist ein hoher Zuckerkonsum verbunden, der die Laune belastet.“
Warum heißt es dann, dass Schokolade glücklich macht? „In dem Moment, wenn ich sie sehe, macht sich das Gehirn eine Vorstellung davon, wie sie schmeckt. Dann wollen wir sie auch essen. Ob sie dann so befriedigend ist, wenn ich sie gegessen habe, ist die andere Frage, weil sie uns ja auch nicht guttut“, sagt der Ernährungs-Doc. Ein wenig dunkle Schokolade könne allerdings durchaus die Laune heben, aber es sollte nicht mehr als eine Tafel pro Woche sein.
Auch das regelmäßige Trinken sollte man nicht vergessen
Mit gesunden Lebensmitteln könne man durchaus seine Laune optimieren, sagt Matthias Riedl. Wichtig für das Gehirn und das Denken seien eine ausreichende Nährstoffversorgung, aber auch ausreichend Getränke (vor allem Wasser oder ungesüßte Tees), denn ein Flüssigkeitsmangel führe zu Kopfschmerzen und Konzentrationsmangel.
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Auch gesunde Fette müsse man ausreichend konsumieren, besonders Omega-3-Fettsäuren, die Energie für das Gehirn liefern. „Eine zu geringe Versorgung mit Omega 3 verschlechtert die Stimmung, andersherum wirken ausreichende Spiegel antidepressiv. In die gleiche Richtung gehen viele antientzündliche Gemüsesorten wie Knoblauch“, sagt Riedl. Auch Chili und Pfeffer heben seinen Angaben zufolge die Stimmung. Eiweiß mache unsere Psyche gelassener und wir seien eher bereit, mit anderen zu teilen.
Ernährungs-Doc: Gerichtstermine nach der Mittagspause
Der Ernährungs-Doc weiß auch von einer Studie zu berichten, bei der die Entscheidungen von Richtern unter die Lupe genommen wurden: „Da hat man festgestellt, dass die tolerantesten Entscheidungen nach dem Essen passieren. Nach einem eiweißreichen Essen sind sie am tolerantesten. Wenn man einen Gerichtstermin direkt vor dem Mittag hat, sollte man ihn besser absagen und versuchen, einen neuen Termin zu bekommen, direkt nach der Mahlzeit.“