Hamburg. Mediziner Matthias Riedl erklärt, warum Übergewichtige bei Diabetes Typ 2 größere Heilungschancen haben. 16 Ernährungstipps.
Die Diagnose Diabetes ist für Betroffene immer niederschmetternd. „Aber man ist dieser Krankheit nicht hilflos ausgeliefert“, versichert Ernährungs-Doc Dr, Matthias Riedl, sondern man könne immer etwas tun und auf Besserung hoffen. „Ohne Hoffnung, das weiß ja jeder Pastor, können wir ja gar nicht leben.“ Diabetes sei genetisch mitveranlagt, „aber bei einer gesunden Ernährungsweise und ausreichend Bewegung verringert sich das Risiko zu erkranken drastisch.“
Diabetes Typ 1 sei eine Autoimmunerkrankung, bei der der Körper seine insulinproduzierenden Beta-Zellen zerstört. Man kenne die Gründe dafür nicht genau, aber man wisse, dass auch Kinder mit einer Corona-Infektion einen Typ-1-Diabetes entwickeln können, weil Corona Autoimmunprozesse auslöse. Typ-1-Diabetiker müssten ein Leben lang Insulin spritzen, denn leider sei die Krankheit nicht heilbar.
Diabetes mellitus: Menschen mit Fettleber haben hohes Risiko
Viel verbreiteter ist laut Riedl mit etwa 90 Prozent aber Diabetes Typ 2. „Menschen mit Fettleber haben ein besonders hohes Risiko, Typ-2-Diabetes zu bekommen. Die Schlanken, die weniger Leberverfettung haben, sind leider schlechter therapierbar.“ Die gute Nachricht: „Wenn jemand ganz dick ist und eine große Fettleber hat, dann sind seine Chancen gigantisch, wenn er 50 Kilo verliert“, sagt der Leiter des Medicums Hamburg, in dem viele Diabeteskranke therapiert werden.
Einer seiner Patienten mit 260 Kilo, der nur noch im Elektrorollstuhl fuhr, hat seinen Angaben zufolge in zwei Jahren 120 Kilo abgenommen. „Wenn man soviel abnehmen kann, kann man Diabetes nachhaltig heilen. Aber wenn man schon sportlich ist, wenig Fettleber und nur ein bisschen Bauchfett hat, hat man schlechtere Chancen als der im Rollstuhl“, sagt der Internist, Diabetologe und Ernährungsmediziner.
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Diabetes sei nicht in jedem Fall heilbar, aber es gebe eine gute Chance, versichert Riedl. Bei jemandem, der 15 Kilo abnehmen könne, liege die Heilungschance bei über 80 Prozent. Dafür müsse die Ernährung individuell angepasst werden. „Gezielte Ernährung und Bewegung können die Krankheit bereits zurückdrängen. Bei rechtzeitiger Ernährungsumstellung können Folgeerkrankungen verhindert und große Medikamentenmengen vermieden werden“, sagt der Experte.
Diabetes mellitus: Wie die LOGI-Methode helfen kann
Die sogenannte LOGI-Methode (Low Glycemic and Insulinemic Diet) eignet sich laut Riedl zur Vermeidung von Blutzuckerschwankungen. „Dabei werden hauptsächlich Lebensmittel konsumiert, die den Blutzuckerspiegel kaum oder wenig beeinflussen. Die Basis bilden Salate, Gemüse, zuckerarmes Obst und Omega-3-haltige Öle, dazu ausreichend sättigendes Fleisch, Milchprodukte, Hülsenfrüchte und Nüsse. Zu jeder Hauptmahlzeit sollte man Eiweiß zu sich nehmen. Dies sättigt und bremst den Blutzuckeranstieg. Am effektivsten wirkt das Eiweiß, wenn es vor der Mahlzeit oder zu Beginn gegessen wird“, sagt der Ernährungs-Doc.
Diabetes mellitus: 16 Tipps zur Ernährung
- Mindestens drei Portionen Gemüse pro Tag essen.
- Kohlenhydrate hauptsächlich in komplexer Form, also Vollkornprodukte konsumieren.
- Täglich 30 Gramm Ballaststoffe aufnehmen.
- Weil Hafer den Blutzucker senken kann, sollte man Hafertage als Kurzkur machen.
- Obst wie Bananen, Ananas oder Weintrauben vermeiden. Besser sind Beeren, Orangen, Äpfel oder Papaya.
- Auf Weißmehlprodukte und Zucker verzichten, da diese den Blutzucker schnell steigen lassen.
- Gesüßte Getränke oder Limonaden vermeiden, stattdessen täglich zwei Liter Wasser oder ungesüßten Tee trinken.
- Kaffee am besten schwarz trinken, da in der Milch Zucker in Form von Laktose vorhanden ist.
- Maximal einmal die Woche Fertigprodukte, da diese sehr zuckerreich sind und ungesunde Fette haben.
- Eine Handvoll Süßes am Tag ist vertretbar, am besten direkt nach der Hauptmahlzeit essen.
- Süßstoffe erhöhen den Blutzucker nicht, sollten aber nicht uneingeschränkt genutzt werden. Sie könnten den Appetit anregen und den Geschmack zu sehr an Süßes gewöhnen.
- Alkohol vermeiden, da er viele Kalorien hat und Unterzuckerung verursachen kann.
- Nicht rauchen. „An Diabetes stirbt man nicht, aber er fördert das Infarkt- und Schlaganfallrisiko, und wenn ich auch noch rauche, multiplizieren sich die Risiken, es macht den Diabetes noch viel gefährlicher. Ich sage es mal so: Ich habe keinen rauchenden Diabetiker im Rentenalter als Patienten. Die sind alle tot“, sagt Matthias Riedl. Man schaffe das 70. Lebensjahr in den meisten Fällen nicht, wenn man Diabetes hat und raucht.
- Drei Mahlzeiten möglichst ohne Zwischenmahlzeiten essen.
- Ess-Pausen von etwa vier Stunden einhalten und Zwischenmahlzeiten und Snacks vermeiden. Über Nacht mindestens 12 Stunden Essenspause.
- Als Snacks blutzuckerneutrale Lebensmittel wie Gemüse zum Knabbern, Ei oder Nüsse verwenden.
Diabetes mellitus: Viele Betroffene haben Mineralstoffmangel
„Es sollte auf die Mineralstoffzufuhr geachtet werden. Durch den erhöhten Harndrang leiden viele Diabetiker an Mineralstoffmangel, besonders Magnesium, Chrom und Zink. Gute Quellen sind Kürbis- und Sonnenblumenkerne, Amarant, Quinoa, Bohnen und Linsen“, sagt der Ernährungsexperte.
Wichtig sei auch, das Bauchfett zu reduzieren, da es entzündungsfördernde Stoffe produziere. Durch die gesündere Ernährung werden seinen Angaben zufolge auch typische Begleiterkrankungen wie Bluthochdruck, erhöhte Blutfette oder ein erhöhter Harnsäurespiegel positiv beeinflusst. „Bereits fünf Prozent Gewichtsabnahme steigern die Wirkung des Insulins um 25 Prozent.“
Und auch Bewegung sei entscheidend, weil dadurch Muskeln aufgebaut würden, die helfen, den Blutzucker schneller zu senken. „Bei regelmäßigem Sport wird der Blutzucker niedrig gehalten und die Empfindlichkeit der Muskelzellen für Insulin gefördert.“ Also runter vom Sofa – raus in die Natur.