Hamburg. Abendblatt-Fotograf Andreas Laible (62) hat die Chance genutzt und sich mit Astrazeneca impfen lassen.

8634. In hellem Rot leuchtet die Zahl der erwarteten Impflinge am Donnerstag vom Monitor des Impfzen­trums in den Messehallen. Schon am Mittwoch wurden hier 8268 Impfungen mit Astrazeneca verabreicht – diese Rekordzahl könnte noch einmal übertroffen werden. Die Terminnachfrage an den drei „Astra-Tagen“, an denen die Priorisierung aufgehoben wurde und sich 60- bis 69-Jährige impfen lassen konnten, war groß. Rund 25.000 Impfungen wurden verabreicht.

Und es geht in großem Tempo weiter. Am Freitag werden für die kommende Woche 56.000 weitere Impftermine freigeschaltet. Verimpft werden alle verfügbaren Vakzine. Aufgerufen ist wieder nur die Prioritätengruppe 2: Menschen, die über 70 Jahre alt oder aus anderen Gründen impfberechtigt sind. Die Terminvergabe erfolgt ab Sonntag. „Stellen Sie sich auf kurzfristige Termine ein“, sagt Martin Helfrich, Sprecher der Sozialbehörde.

Laible hatte keine Bedenken, sich mit Astrazeneca impfen zu lassen

Abendblatt-Fotograf Andreas Laible (62 Jahre) hat die Chance genutzt, sich schon jetzt mit Astrazeneca impfen zu lassen. Bedenken wegen der Diskussionen um den Impfstoff, die auch in seiner Verwandtschaft geführt werden, hat er nicht. Im Gegenteil. „Als mir ein Freund von der Astra-Aktion erzählt hat, habe ich mir gleich online einen Termin besorgt – und schon nach zehn Minuten die Bestätigung bekommen“, sagt er.

Lesen Sie auch:

Laible ist etwas zu früh, doch freundliche Mitarbeiter winken ihn heran und lassen ihn – nach einem Blick auf sein Smartphone, ob Zeit, Impfeinladung und Code vorhanden sind – den Eingang passieren. Zügig geht es weiter zum nächsten Stop.

Gute Organisation

Die hier angesagte Taschenkontrolle entfällt für ihn, denn der Fotograf hat nur sein Handy, den gelben Impfausweis und seine Brieftasche bei sich. Dann betritt er die große Halle, wo sich – ähnlich wie vor den Check-in-Zonen am Flughafen – Schlangen vor Schaltern bilden, in denen Mitarbeiter der Gesundheitsbehörde und Ärzte die Vor- und Aufklärungsgespräche führen.

So funktioniert das Hamburger Corona-Impfzentrum:

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von Youtube, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

„Es ist alles bestens organisiert“, bestätigt Impfling Laible den Eindruck, den er schon bei seinen beruflichen Einsätzen im Impfzentrum hatte. Die Schlangen sind kurz, schnell wird Schalter 7 frei. Hinter der Scheibe sitzt Konrad Enno Kühner von der Gesundheitsbehörde, der für die Anmeldungsformalitäten verantwortlich ist. Er überprüft noch einmal Laibles Impfberechtigung, die wichtigsten Daten und legt mehrere Dokumente auf den Tresen, die gleich ein Arzt mit Laible durchgehen wird.

Bei Bedarf eine Paracetamol

Dr. Wolfgang Aschenberg fragt nach Vorerkrankungen, Medikamentenunverträglichkeiten, früheren Impfreaktionen und Allergien. Dann klärt er Andreas Laible über mögliche Impfreaktionen auf: Rötung, Schwellung, Juckreiz, leichte Temperaturerhöhung, Schüttelfrost, Gliederschmerzen. „Bei Bedarf nehmen Sie eine Paracetamol.“

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

Laible nimmt sich einen der sterilisierten Stifte und unterschreibt, dass er über die Impffolgen aufgeklärt wurde und das Impfzentrum seine Daten an das Robert-Koch-Institut und den Pandemiebeauftragten weitergeben darf, dann weist der Arzt ihn noch darauf hin, dass er das Impfdokument (ein weiterer Zettel) zur zweiten Impfung am 15. Juli mitbringen muss, und verabschiedet sich. Noch immer ist An­dreas Laible keine Aufregung anzumerken. Verspürt er jedenfalls Nervenkitzel? „Nein, wirklich nicht.“ Er lacht.

Keine zehn Minuten nach der Anmeldung betritt Laible den Impfraum.

Keine zehn Minuten nach der Anmeldung betritt der Fotograf den Impfraum. Hier erwartet ihn Lilla Kurowski, die in Hamburg aufgewachsen ist und in Anlehnung an ihren Vornamen eine lilafarbene FFP2-Maske trägt. Eigentlich sei sie OP-Schwester in der Nähe von Kassel, erzählt sie.

Die aktuellen Corona-Fallzahlen aus ganz Norddeutschland:

  • Hamburg: 2311 neue Corona-Fälle (gesamt seit Pandemie-Beginn: 430.228), 465 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (davon auf Intensivstationen: 44), 2373 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1435,3 (Stand: Sonntag).
  • Schleswig-Holstein: 1362 Corona-Fälle (477.682), 623 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 39). 2263 Todesfälle (+5). Sieben-Tage-Wert: 1453,0; Hospitalisierungsinzidenz: 7,32 (Stand: Sonntag).
  • Niedersachsen: 12.208 neue Corona-Fälle (1.594.135), 168 Covid-19-Patienten auf Intensivstationen, 7952 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1977,6; Hospitalisierungsinzidenz: 16,3 (Stand: Sonntag).
  • Mecklenburg-Vorpommern: 700 neue Corona-Fälle (381.843), 768 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 76), 1957 Todesfälle (+2), Sieben-Tage-Wert: 2366,5; Hospitalisierungsinzidenz: 11,9 (Stand: Sonntag).
  • Bremen: 1107 neue Corona-Fälle (145.481), 172 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 14), 704 Todesfälle (+0). Sieben-Tage-Wert Stadt Bremen: 1422,6; Bremerhaven: 2146,1; Hospitalisierungsinzidenz (wegen Corona) Bremen: 3,88; Bremerhaven: 7,04 (Stand: Sonntag; Bremen gibt die Inzidenzen getrennt nach beiden Städten an).

„Doch ich will meinen Teil zur Bekämpfung der Pandemie beitragen und habe meine Stunden dort reduziert, sodass ich überwiegend im Impfzentrum arbeiten kann.“ Der von Millionen Menschen begehrte Moment naht. Laible zieht gelassen das Hemd aus. Weil er Linkshänder ist, wird in den rechten Arm geimpft.

Impfstoff wird beschädigt, wenn er zu schnell verimpft wird

Dann kommt der Piks. Und ist nicht schnell vorbei. „Man muss langsam bis zehn zählen, denn der Impfstoff wird beschädigt, wenn man ihn zu schnell verimpft“, sagt Lilla Kurowski. Sie erzählt, dass die Spritzen von Labormitarbeitern vor Ort aufgezogen werden, da sie innerhalb von einer Stunde verabreicht werden müssen – bei allen Impfstoffen. Dann zieht sie die Spritze endlich raus.

Fotograf Andreas Laible freut sich, dass er geimpft wurde.
Fotograf Andreas Laible freut sich, dass er geimpft wurde. © Unbekannt | Marcelo Hernandez

Das war’s. Jetzt lässt sich der Impfling doch eine Regung anmerken. Und strahlt. Jetzt geht es in den Ruheraum. Dr. Aschenberger hat Laible nach der Impfung eine 15-minütige Ruhezeit verordnet. Nur wer Blutverdünner nehme oder beispielsweise an einer Wespengiftallergie leide, müsse vorsichtshalber länger bleiben, hatte er gesagt.

Erleichterung und Freude

Nach der Ruhepause meldet sich Laible an einem Check-out-Schalter ab und geht Richtung Ausgang. Wie allen anderen, die das Impfzentrum verlassen, sind auch ihm Erleichterung und Freude ins Gesicht geschrieben. Der erste Schritt zurück ins alte Leben ist getan. Draußen werden die Frisch-Geimpften von Tim Warnhoff, einem weiteren der auffallend freundlichen Mitarbeiter des Impfzentrums verabschiedet.

Corona: Diese Testverfahren gibt es

  • PCR-Test: Weist das Virus direkt nach, muss im Labor bearbeitet werden – hat die höchste Genauigkeit aller Testmethoden, ist aber auch die aufwendigste
  • PCR-Schnelltest: Vereinfachtes Verfahren, das ohne Labor auskommt – gilt als weniger zuverlässig als das Laborverfahren
  • Antigen-Test: weniger genau als PCR-(Schnell)Tests, dafür zumeist schneller und günstiger. Laut RKI muss ein positives Testergebnis durch einen PCR-Test überprüft werden, ein negatives Ergebnis schließt eine Infektion nicht aus, insbesondere, wenn die Viruskonzentration noch gering ist.
  • Antigen-Selbsttest: Die einfachste Test-Variante zum Nachweis einer Infektion mit dem Coronavirus. Wird nicht von geschultem Personal, sondern vom Getesteten selbst angewandt. Gilt als vergleichsweise ungenau.
  • Antikörper-Test: Weist keine akute, sondern eine überstandene Infektion nach – kann erst mehrere Wochen nach einer Erkrankung sinnvoll angewandt werden
  • Insgesamt stellt ein negatives Testergebnis immer eine Momentaufnahme dar und trifft keine Aussagen über die Zukunft

 „Es gibt wohl kein anderes Team, das mit so großer Motivation an seiner eigenen Abschaffung arbeitet wie wir“, bestätigt er. Wie viele seiner Kollegen komme auch er aus einer Branche, der durch Corona die Aufträge weggebrochen sind, erzählt der Web-Producer.

Wenn viele Menschen geimpft seien gehe es für sie wieder bergauf. „Tschüs, alles Gute“, sagt er zu Andreas Laible. Der Fotograf ist noch verabredet. Ein ehemaliger Kollege hatte kurz vor ihm ebenfalls einen Impftermin. „Wir trinken noch einen Kaffee zusammen“, sagt Laible, bevor er zu seinem Auto geht. Eigentlich müsste es ja ein Astra sein. „Aber“, sagt er, „Astra ist nicht mein Bier.“ Dafür sein Impfstoff.

Diese Corona-Impfstoffe sind in Deutschland zugelassen

  • Biontech/Pfizer: Der erste weltweit zugelassene Impfstoff gegen das Coronavirus wurde maßgeblich in Deutschland entwickelt. Der mRNA-Impfstoff, der unter dem Namen Comirnaty vertrieben wird, entwickelt den vollen Impfschutz nach zwei Dosen und ist für Menschen ab zwölf Jahren zugelassen. Laut Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat er eine Wirksamkeit von etwa 90 Prozent – das heißt, die Wahrscheinlichkeit, schwer an Covid-19 zu erkranken, sinkt bei Geimpften um den genannten Wert. Ebenfalls von Biontech stammt der erste für Kinder im Alter von fünf bis elf Jahren zugelassene Impfstoff in Deutschland.
  • Astrazeneca: Der Vektorimpfstoff des britischen Pharmaunternehmens wird unter dem Namen Vaxzevria vertrieben. Aufgrund von seltenen schweren Nebenwirkungen empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko), den Impfstoff nur für Patienten zu verwenden, die älter als 60 Jahre sind. Offiziell zugelassen ist der Impfstoff aber für Menschen ab 18 Jahren. Vaxzevria weist laut BMG nach zwei Impfdosen eine Wirksamkeit von bis zu 90 Prozent in Bezug auf schwere Erkrankungen auf.
  • Moderna: Der von dem US-Unternehmen entwickelte mRNA-Impfstoff mit dem Vertriebsnamen Spikevax ist für alle ab 12 Jahren zugelassen, die Stiko empfiehlt aufgrund eines erhöhten Risikos schwerer Nebenwirkungen aber, ihn auf die Altersgruppe der über 30-Jährigen zu beschränken. Der Moderna-Impfstoff hat laut BMG eine Wirksamkeit von bis zu 90 Prozent in Bezug auf schwere Erkrankungen, wenn der volle Impfschutz nach zwei Impfdosen erreicht worden ist.
  • Johnson&Johnson: Das US-Unternehmen hat einen Vektorimpfstoff entwickelt, der bereits nach einer Impfdosis Schutz vor dem Coronavirus entwickelt. Er wird unter dem Namen Covid-19 Vaccine Janssen vertrieben. Das Präparat hat laut BMG eine Wirksamkeit von bis zu 70 Prozent bezogen auf schwere Erkrankungen – zudem ist die Zahl der Impfdurchbrüche im Vergleich zu den anderen Impfstoffen erhöht, daher empfiehlt die Stiko für mit Johnson&Johnson Geimpfte schon nach vier Wochen eine zusätzliche Impfdosis mit Comirnaty oder Spikevax, um den vollständigen Impfschutz zu gewährleisten.
  • Novavax: Das US-Unternehmen hat den Impfstoff Nuvaxovid entwickelt. der mitunter zu den sogenannten Totimpfstoffen gezählt wird. Er enthält das Spike-Protein des Covid-19-Erregers Sars-CoV-2. Dabei handelt es sich aber genau genommen nicht um abgetötete Virusbestandteile, die direkt aus dem Coronavirus gewonnen werden. Das Protein wird stattdessen künstlich hergestellt. Das menschliche Immunsystem bildet nach der Impfung Antikörper gegen das Protein. Der Impfstoff wird vermutlich ab Ende Februar in Deutschland eingesetzt und soll laut BMG in bis zu 90 Prozent der Fälle vor Erkrankung schützen.
  • Weitere Impfstoffe sind in der Entwicklung: Weltweit befinden sich diverse Vakzine in verschiedenen Phasen der Zulassung. Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA prüft derzeit das umstrittene russische Präparat Sputnik V sowie die Impfstoffe der Hersteller Sinovac, Sanofi und Valneva. Der deutsche Hersteller CureVac hat seinen Impfstoff vorerst aus dem Zulassungsverfahren zurückgezogen.