Hamburg. Konkurrieren Impfzentrum und Hausärzte um den Impfstoff? Was Ärzte sagen und wie sie schon heute von der Reihenfolge abweichen.

In Hamburg haben sich führende Ärzte und ihre Vertreter dafür ausgesprochen, so schnell es geht, die bestehende Impfreihenfolge (Priorisierung) aufzuheben und die Entscheidung über die Vergabe von Impfstoffen gegen das Coronavirus in die Hände der Mediziner zu geben. Der Präsident des Weltärztebundes, Prof. Frank Ulrich Montgomery, sagte dem Abendblatt: Die Priorisierung sei eine Reaktion auf den Mangel an Impfstoff. „Wenn genug Impfstoff vorhanden ist und genug Impfärzte da sind – sei es in Impfzentren oder in Praxen –, dann braucht man keine Priorisierung mehr.“

Reihenfolge bei Corona-Impfung werde weniger wichtig

Für das zweite Quartal 2021 hat die Bundesregierung mehr Dosen von Biontech angekündigt als bislang geplant. Auch soll die Verteilung des Impfstoffs von Johnson&Johnson jetzt starten, der nur eine Spritze statt zwei erfordert.

Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg, Walter Plassmann, sagte: „Je mehr Impfstoff verfügbar ist, umso unwichtiger ist die Priorisierung. Die KV Hamburg kann nur für die Arztpraxen sprechen. In den Praxen gilt nur die Impfverordnung und nicht die Auslegung dieser Verordnung durch die Sozialbehörde. In der Impfverordnung ist zudem vorgesehen, dass von der Priorisierung abgewichen werden kann, um beispielsweise zu vermeiden, dass Impfstoff verlorengeht. Der Arzt kann also recht frei nach medizinischen und praktischen Kriterien entscheiden, wer zur Impfung eingeladen wird.“

Sobald mehr Impfstoff vorhanden ist, wollen die niedergelassenen Ärzte eine neue Form der Terminbuchung nur für das Impfen einführen.

Impfreihenfolge: Das können Ärzte selbst entscheiden

Auch der Sprecher der medizinischen Leiter im Impfzentrum, Dr. Dirk Heinrich, glaubt an das schnelle Ende der geltenden Impfreihenfolge. In seiner Funktion als Verbandspräsident der Hals-Nasen-Ohren-Ärzte sagte er: In wenigen Wochen könne man jedem Erwachsenen eine Impfung anbieten.

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

„Die Debatte, wer jetzt vorrangig mit Impfstoff beliefert werden sollte, wird künstlich angeheizt und ist überflüssig. Es gibt keine Konkurrenz zwischen Impfzentren und Arztpraxen.“ Die Praxen müssten einen großen Aufwand für das Impfen betreiben. Deshalb brauche man das Nebeneinander von zentralen und dezentralen Impfungen. Von Juni an werde sich der Schwerpunkt des Impfens aus den Impfzentren auf die Praxen verlagern.

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HNO-Ärzte impfen seit Ostern gegen Corona. Solange die Priorisierung der Ständigen Impfkommission gelte, werde man sich daran halten. Heinrich sagte: „Wir kennen unsere Patientinnen und Patienten und wissen genau, wer schwer oder chronisch krank ist.“ Derzeit gehe es vor allem um Tumorpatienten, Patienten mit chronischen Atemwegserkrankungen oder Patienten mit Biologika-Therapien.