Hamburg. Enorme Nachfrage nach dem vergünstigten Monatsticket. Doch halten Busse und Bahnen dem Andrang überhaupt stand?

Nach Sylt, Berlin oder München und zurück für neun Euro? Das ist ab morgen möglich! Ab Mittwoch gilt das 9-Euro-Monatsticket. Das Angebot, das bis zum 31. August läuft, wird von vielen Menschen angenommen: Kurz vor dem Start waren bundesweit bereits rund sieben Millionen der günstigen Fahrkarten verkauft.

Auch in Hamburg ist die Nachfrage nach dem 9-Euro-Monatsticket groß. Am Dienstag wurde die 335.000. Monatskarte seit dem Beginn des Vorverkaufs am 20. Mai im Hamburger Verkehrsverbund (HVV) abgesetzt. Zusammen mit den 680.000 Abonnenten, die automatisch auch nur noch neun Euro bezahlen, hat der HVV damit bereits zum Start der Aktion die Million übertroffen.

Eine Million 9-Euro-Tickets sind bereits vergeben

„Für uns war von Anfang an klar: Das 9-Euro-Ticket ist eine unglaubliche Chance für den öffentlichen Nahverkehr“, sagt HVV-Geschäftsführerin Anna-Theresa Korbutt. „Wir erleben gerade, dass die Menschen auch tatsächlich bereit sind, Mobilität für sich neu zu entdecken und auszuprobieren: Eine Million 9-Euro-Tickets sind bereits vergeben. Jetzt wollen wir alle, die ein 9-Euro-Ticket haben oder noch kaufen werden, von der Mobilitätswende überzeugen.“

Überwiegend kauften die Interessenten das Ticket über die HVV-App, aber auch der Onlineshop, die Servicestellen und viele Buslinien haben sich am Vorverkauf beteiligt. Von heute an wird das 9-Euro-Ticket dann zusätzlich auch über die HVV-Switch-App, an den Fahrkartenautomaten und in allen Bussen angeboten. „Wir haben mit einem großen Interesse gerechnet und auch deshalb besonders früh mit dem Vorverkauf begonnen. Die Zahlen übertreffen aber unsere Erwartungen“, sagt HVV-Sprecher Rainer Vohl.

Fahrgastzahlen liegen bei 75 bis 80 Prozent des Niveaus vor der Pandemie

Wie hoch der Andrang tatsächlich sein wird, ist noch unklar. In Hamburg sehen sich HVV und Hochbahn aber gut gerüstet. Aktuell liegen die Fahrgastzahlen bei 75 bis 80 Prozent des Niveaus vor der Pandemie. „Wir haben also auch in den Hauptverkehrszeiten noch deutlich ungenutzte Kapazitäten“, sagt Hochbahn-Sprecher Christoph Kreienbaum.

Vielmehr sei es sogar das Ziel, durch die Aktion zum ursprünglichen Fahrgastniveau aus dem Jahr 2019 zurückzukehren. „Wir befinden uns am Ausgang der Pandemie und wollen den öffentlichen Nahverkehr stärken. Wir wollen Kunden zurückgewinnen, deshalb ist es uns sehr wichtig, dass das Angebot niedrigschwellig erhältlich ist – in Bussen und Bahnen, digital und analog“, sagte Anjes Tjarks, Senator für Verkehr und Mobilitätswende.

Mehr Busse und ein höherer Takt bei der Bahn

Vereinzelt könnte es dennoch voll werden, wie Kreienbaum einräumt. „Gerade in den ersten Tagen kann es zu volleren Zügen und Bussen und Fähren an den Wochenenden Fähren kommen. Hier bitten wir bei den Fahrgästen um Verständnis und empfehlen, hier vielleicht die eine U-Bahn oder Fähre fahren zu lassen, um dann die nächste zu nehmen.“

Angesichts des erwarteten Ansturms werden außerdem mehr Busse eingesetzt. Bei den Bahnen wird der Takt erhöht. „Alle Züge und Busse im HVV sind im Einsatz, drei Angebotsoffensiven in Folge haben für viele zusätzliche Verbindungen, größere Fahrzeuge und dichtere Takte gesorgt“, sagt Rainer Vohl.

Mit 9-Euro-Ticket durch Norden reisen

Die Nachfrage nach den 9-Euro-Tickets, die auch über die Kanäle der Deutschen Bahn erhältlich sind, ist in Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bremen ebenfalls groß, der Verkauf sehr gut angelaufen, so eine Bahnsprecherin. Auf einzelnen Verbindungen nach Sylt könne das Sitzplatzangebot durch den Einsatz zusätzlicher Doppelstockwagen und verlängerter Züge erhöht werden. Zwischen Bremen und Norddeich verkehren an einzelnen Wochenenden, unter anderem zu Pfingsten, Bereitschaftsbusse mit Fahrradanhängern. Die Bahnsprecherin stellt klar, dass eine Fahrradmitnahme aber nicht garantiert werden könne. Weitere Bereitschaftsbusse stehen zudem in Kiel, Lübeck und Husum zur Verfügung.

Die Verantwortlichen in den Küstenorten sehen dem möglichen Andrang an Gästen gelassen entgegen. „Da wir Gastgeber sind, freuen wir uns über jeden Gast, der die Lübecker Bucht besuchen möchte“, sagt Doris Wilmer-Huperz von der Tourismus-Agentur Lübecker Bucht. Weil Nachhaltigkeit eine immer größere Rolle spielt, sei die Anfahrt mit der Bahn ohnehin zu empfehlen. „Die Anreise per Bahn bietet den Vorteil, etwaige Staus auf der Autobahn zu umgehen und in den Orten sorgt es für ein geringeres Verkehrsaufkommen.“

Auf Sylt werden auch Probleme erwartet

Wie viele Gäste das Angebot des 9-Euro-Tickets nutzen werden, sei schwer zu kalkulieren. „Allerdings kann es durchaus zu einer deutlichen Zunahme an Fahrgästen führen – insbesondere an schönen Wochenendtagen im Sommer --, da die Lübecker Bucht gut angebunden und ein beliebtes Ostsee-Reiseziel ist. Daher empfehlen wir, Tagesrandzeiten oder wenn möglich, Wochentage für die Reise zu nutzen.“ Besucher, die an einem der Bahnhöfe ankommen, finden unter www.luebecker-bucht-ostsee.de/anreise den Weg zum Strand.

Auch in Timmendorf sieht man das 9-Euro-Ticket als Bereicherung: „Wir finden die Initiative der Bundesregierung positiv“, so Tourismusdirektor Joachim Nitz.

Auf Sylt dagegen erwartet Moritz Luft von der Sylt Marketing GmbH durchaus auch Probleme. „Mit dem Hindenburgdamm haben wir ein Nadelöhr, das wir seit Jahren ansprechen. Und ich finde es besser, wir sagen vorher ehrlich, an der einen oder anderen Stelle könnte das Nadelöhr enger werden, weil wir es dann noch anpacken und steuern können. Das dürfen die Reisenden zu Recht von uns erwarten, und das tun wir im Koordinationsteam nach Kräften.”

Das Personal in den Zügen und an Bahnhöfen wurde aufgestockt

Um An- und Abreise sowie Aufenthalte möglichst stressfrei zu gestalten, wurde ein Maßnahmenpaket zusammengestellt. Die DB Regio, DB Station&Service, der Verkehrsverbund Nah.SH und die Sylt Marketing mit den Gemeinden der Insel arbeiten in einem „Koordinationsteam für Mobilität und Service“ zusammen. Zu den Maßnahmen gehört die Erweiterung der Zugkapazitäten von Nah.SH und die Analyse des Fahrgastaufkommens.

Zudem stocken DB Regio sowie DB Station&Service Personal auf, um für Reisende in Zügen und an Bahnhöfen besser ansprechbar zu sein und sie zu unterstützen. Reisende finden Infos unter www.sylt.de/9-euro-ticket. Moritz Luft: „Unser Koordinationsteam arbeitet partnerschaftlich und lösungsorientiert zusammen. Dabei geht es uns um die Sache: Ein gutes Urlaubserlebnis, eine möglichst reibungslose An- und Abreise und einen nahtlosen Arbeitsweg für Pendler. Das ist für uns wichtig und gehört auch zu unserem Verständnis von Gastfreundschaft.”

Die Aktion soll private Haushalte entlasten

Der Bund hatte das dreimonatige Angebot ursprünglich im Rahmen des sogenannten Entlastungspakets beschlossen. Die Aktion soll private Haushalte angesichts der stark angestiegenen Energiepreise entlasten und zugleich mehr Menschen zum Umstieg vom Auto auf Bus und Bahn ermuntern.

Welche besonderen Ausflugsmöglichkeiten es mit dem 9-Euro-Ticket in Hamburg und Umgebung gibt, finden Sie im neuen Magazin „Ausflüge“ vom Hamburger Abendblatt. Es ist erhältlich in der Abendblatt-Geschäftsstelle am Großen Burstah 18–32 gleich hinter dem Rathaus, auf abendblatt.de/shop und im Buch- und Zeitschriftenhandel.