Harburg. Gleisbauarbeiten zwischen Harburg und Lüneburg: Pendler und Neukunden an der Bahnmagistrale haben nichts vom 9-Euro-Ticket.
Dass im Sommer gebaut wird, ist durchaus gängige Praxis. Gerade auf Berufsverkehrsstrecken wird die Ferienzeit gerne für große Baumaßnahmen gewählt, weil dann ohnehin etwas weniger Verkehr anfällt. Nach unkontrollierten Häufungen solcher Baustellen in den vergangenen Jahren lautete das Versprechen für 2022: Alle Arbeiten werden abgestimmt.
Für den Hamburger Süden wurde eine ausgefeilte Baustellen-Choreografie vorgelegt. Diese scheint allerdings jetzt schon ins Wanken zu geraten.
Hamburg-Lüneburg: 9-Euro-Ticket kommt – aber kein Zug
Nun kommt eine weitere böse Überraschung hinzu: Zwischen Harburg und Lüneburg wird über den Sommer nur selten ein Metronom fahren. Die Pendlerzugverbindung wird ab dem 11. Juni bis in den August durch Gleisbauarbeiten eingeschränkt. Pendler, die ein Auto besitzen, werden auf dieses umsteigen und zum Verkehrsaufkommen im Hamburger Süden beitragen, besonders auf der Winsener Straße. Dort allerdings sind nicht nur sie und die üblichen Pendler unterwegs, sondern auch der Schienenersatzverkehr und Bauleute. Die Verkehrswende führt sich ad absurdum.
Das 9-Euro-Ticket kommt – aber kein Zug. Zumindest auf der Strecke Hamburg-Lüneburg bleiben die Menschen bei der Regionalzug-Offensive außenvor. Der Grund Gleisbauarbeiten an der Strecke – einem der höchstfrequentierten Bahnabschnitte Deutschlands. Bei solchen Einschränkungen hat der Fernverkehr Priorität, der Nah- und Regionalverkehr muss leiden. Für den Metronom bedeutet das: Nur eine Fahrt pro Richtung und Stunde.
In der Hauptverkehrszeit sind stündlich je Richtung bis zu vier Züge auf den Gleisen. Vorrang und Nachordnung gibt es auch beim Metronom: Fahren werden hauptsächlich die schnellen Verbindungen, die zwischen Harburg und Lüneburg lediglich noch in Stelle und Winsen halten. Der „Bummelzug“ mit zusätzlichen Halten in Meckelfeld, Maschen, Ashausen, Radbruch und Bardowick fällt nahezu komplett weg und die Nachtzüge fallen ganz aus.
Schienenersatzverkehr zwischen Harburg und Winsen
Ein Schienenersatzverkehr wird zwischen Harburg und Winsen eingerichtet. Vier Abfahrten pro Stunde und Richtung sind geplant, davon zwei „Schnellbusse“, die alle Halte bis Stelle auslassen, sowie eine Sonderlinie, die lediglich Meckelfeld bedient und dort Anschluss an die HVV-Linie 248 nach Maschen hat und eine Linie mit allen Halten bis Stelle. Damit sollen zur Rush Hour drei Züge mit je bis zu 810 Sitzplätzen ersetzt werden. Amazon-Arbeiter werden mit gesonderten Bussen in Harburg abgeholt.
Besonders werden sich die Pendler aus der Gemeinde Elbmarsch über den Ausfall ärgern: Als Ersatz für die nach Pfingsten monatelang gesperrte Brücke nach Geesthacht (das Abendblatt berichtete), über die der Bus zur S-Bahn Bergedorf fuhr, sollen für sie Sonderbusse zum Bahnhof Winsen eingerichtet werden. Dort fährt dann bloß kaum ein Zug.
Bahnchaos im Raum Harburg – Baustelle auch auf A39
Für viele bleibt lediglich der Umstieg aufs Auto. Eine vergnügungspflichtige Fahrt wird das allerdings nicht: Die Sanierung der A39 bei Winsen, die eigentlich in den nächsten Tagen abgeschlossen sein sollte, verzögert sich um mehrere Wochen (das Abendblatt berichtete) und es bleibt bei Fahrbahneinengungen.
Auf den verbleibenden Spuren stauen sich dann bereits die, die schon in Lüneburg, Bardowick und Radbruch keinen Zug bekommen haben. „Die Sommermonate werden insbesondere für Pendler, Stamm-Fahrgäste und unsere Mitarbeiter zwischen Harburg und Lüneburg eine echte Geduldsprobe“, sagt eine Metronom-Sprecherin. Ausflüglern rät sie ganz davon ab, im Sommer diese Strecke zu benutzen.
Hat der Zugausfall Auswirkungen auf Umbau des "Doppelknoten"?
Auswirkungen hat der Zugausfall bis nach Harburg hinein. Sogar der Umbau des „Doppelknoten“ genannten Straßenkreuzungskomplexes am Harburger Bahnhof könnte sich dadurch noch weiter verzögern. Eigentlich sollte im ersten Bauabschnitt die Hannoversche Straße vom Bahnhof bis zur Winsener Straße erneuert werden. Diese Arbeiten sollen im vollen Umfang zwar erst im Herbst beginnen, aber vorbereitende Leitungsarbeiten sind jetzt bereits gestartet, beispielsweise in den Nebenflächen zwischen Bahnhof und Phoenix-Center.
Mehr sollten es auf diesem Abschnitt aber nicht werden, erbat die Metronom GmbH beim Hamburger Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer, denn hier sollen ja die Ersatzbusse fahren. Sie starten ab dem Bahnhofsvorplatz. „Wir koordinieren die Leitungsarbeiten neu und hoffen, dass es zu keinen Bauverzögerungen kommt“, sagt eine LSBG-Sprecherin.
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Bahnchaos um Harburg droht: Betroffene zeigen sich überrascht
Danach sollen die Ersatzbusse über die Winsener Straße geführt werden. Auf der werden zusätzlich zum üblichen Verkehr bereits zahlreiche PKW von Pendlern unterwegs sein, die vom Zug aufs eigene Auto umgestiegen sind. Kurz vor der Hamburger Landesgrenze wird es dann noch einmal eng: Knapp ein Jahr nach dem offiziell verkündeten Ende der Bauarbeiten auf der Winsener Straße ist der LSBG dort immer noch mit „geringfügigen Nacharbeiten“ beschäftigt und pflastert die Radwege neu (das Abendblatt berichtete).
Die Busspur stadteinwärts ist zwischen Meckelfelder Weg und Rönneburger Kirchweg dafür ebenso gesperrt, wie die Haltestellen stadtauswärts. Stadtauswärts halten die Linienbusse dann auf der Fahrbahn. Der nachfolgende Verkehr muss dahinter warten – auch die Schienenersatzbusse.
Alle Betroffenen zeigen sich überrascht von dieser Entwicklung. Grundsätzlich angekündigt waren die Beeinträchtigungen im Zugverkehr allerdings schon lange: Im Metronom-Fahrplanheft, das seit Dezember erhältlich ist, wird bereits angekündigt, dass es ab Juni Schwierigkeiten gibt.