Hamburg. Rund zwei Dutzend Kundgebungen und Demos waren angemeldet – nicht alle durften stattfinden. Polizei setzt Wasserwerfer gegen Demo ein.
Rund zwei Dutzend Kundgebungen und Demonstrationszüge waren am 1. Mai in Hamburg angemeldet worden – nicht alle durften stattfinden. Unter dem Motto „Solidarität ist Zukunft“ fand die Hauptkundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) statt, unter anderem sprachen DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann und die Hamburger Landesvorsitzende Katja Karger.
Bei linken und linksradikalen Aufzügen zum Tag der Arbeit kam es vereinzelt zu Zusammenstößen zwischen den Demonstranten und den mehr als 1500 Einsatzkräften von Landes- und Bundespolizei. Mit dem Beginn der Ausgangssperre um 21 Uhr beobachtete die Polizei, dass sich die Lage "weitgehend normalisiert" habe.
Das war der 1. Mai in Hamburg:
- Polizei-Gewerkschaft kontert Vorwürfe
- Linke kritisiert Polizeieinsatz als "unnötige Eskalation"
- Ausgangssperre beginnt, Lage normalisiert sich
- Polizeikräfte setzen in St. Georg 150 Personen fest
- 350 Personen vor der Roten Flora- Polizei setzt Wasserwerfer ein
- 1.-Mai-Demo: Polizei nimmt 40 Personen in Gewahrsam
- Polizei stoppt linke Demo am Schlump
- Polizei marschiert in Eimsbüttel und an der Alster auf
- Polizei appelliert: Corona-Regeln einhalten!
- DGB: Solidarität verhindert schlimmste Corona-Folgen
- Polizei bereitet sich auf zahlreiche Versammlungen vor
- Verwaltungsgericht untersagt Aufzug von linkem Bündnis
Polizei-Gewerkschaft kontert Vorwürfe
In einer Stellungnahme hat sich die Gewerkschaft der Polizei, GdP Hamburg, zu den Vorwürfen an dem Polizeieinsatz am 1.Mai geäußert. Konsequentes Vorgehen habe sich in Hamburg seit Jahren bewährt. Dass auch Wasserwerfer in Hamburg zum Portfolio der normalen Einsatzmittel zählen, helfe den Polizisten.
„Die gewohnte Hamburger Linie verhindert Straftaten oft schon im Entstehungsprozess. Durch konsequentes Einschreiten wird gleichzeitiger friedlichen Protest erst ermöglicht. Dass Protest ohne Gewalt möglich ist, hat der DGB zusammen mit meinen Kolleginnen und Kollegen der GdP am 1.Mai erst wieder gezeigt“, sagt der Landesvorsitzende der GdP Hamburg, Horst Niens.
Grüne und Linke kritisieren Polizeieinsatz am 1. Mai
Nach dem Polizeieinsatz am 1. Mai, bei dem wiederholt Demonstranten von Beamten eingekesselt worden waren und es vor der Roten Flora zu einem Wasserwerfereinsatz kam, übt die Linke Kritik an der Einsatztaktik der Polizei. Der innenpolitische Sprecher der linken Bürgerschaftsfraktion Deniz Celik sagt: "Wasserwerfer gegen Linke, Nachsicht gegenüber Querdenken: Dazu muss sich der Hamburger Senat erklären." Nicht nur seien Kundgebungen trotz vorliegenden Hygienekonzepts "reihenweise untersagt" worden, die Polizei habe an vielen Stellen die Situation "völlig unnötig eskalieren" lassen.
Zudem sei das "vermeintliche Ziel des Infektionsschutzes" durch das Vorgehen an vielen Stellen konterkariert worden: "Immer wieder wurden Menschen in die Enge getrieben und zum Teil stundenlang in engstem Raum eingekesselt", so Celik weiter.
Auch von den regierenden Grünen kommt mindestens verhaltene Kritik am Polizeieinsatz: Die Fraktionsvorsitzende Jennifer Jasberg twitterte bereits am Abend: Es beschäme sie, "dass Hamburg erneut Bilder von Auseinandersetzungen zwischen Demonstrant*innen und Polizei sendet, die Fragen zur Verhältnismäßigkeit aufwerfen."
Die Polizei Hamburg selbst sieht den ihren Einsatz als gelungen an. Polizeisprecherin Sandra Levgrün fasste den Tag aus Sicht der Einsatzkräfte bereits am Abend so zusammen: "Der heutige Tag hat die Einschätzung der Versammlungsbehörde auf ganzer Linie bestätigt. Wir waren an unterschiedlichen Stellen in der Stadt gefordert, weil sich immer wieder Menschen unerlaubt versammelt haben." Das Ziel sei gewesen, die Versammlungsfreiheit zu gewährleisten, ohne den Infektionsschutz zu gefährden: "Es ist daher nur konsequent, dass das verantwortungslose Verhalten der heute festgestellten Personen auch sanktioniert wird", so Levgrün weiter.
Beginn der Ausgangssperre: Lage "weitgehend normalisiert"
Um kurz vor 21 Uhr meldet die Polizei per Twitter, dass sich die Lage in der Stadt weitgehend normalisiert habe. Die Polizei Hamburg hat das Demonstrationsgeschehen am Sonnabend mit etwa 1.500 Einsatzkräften begleitet, darunter auch Beamte der Polizei Schleswig-Holstein und der Bundespolizei.
Rund 150 Personen bei unangemeldeter Demo in der Schanze
Gegen 20.20 hatte sich auf dem Schulterblatt erneut ein nicht genehmigter Demonstrationszug mit rund 150 Teilnehmern formiert, in dem auch Pyrotechnik gezündet wurde. Als die Polizei diesen Zug stoppen wollten, entfernten sich die Personen in unterschiedliche Richtungen. Eine Flasche wurde in Richtung der Einsatzkräfte geworfen. Der mutmaßliche Flaschenwerfer wurde vorläufig festgenommen.. Verletzt wurde niemand.
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Polizeikräfte setzen in St. Georg mehr als 200 Personen fest
Die Einsatzkräfte der Polizei haben sich gegen 18 Uhr auf das Gebiet rund um den Hauptbahnhof konzentriert. Hintergrund ist, dass hier eine Demonstration von Linken für die Zeit von 18 Uhr bis 21.30 Uhr angemeldet war, die von der Behörde nicht genehmigt wurde. Wie die Polizei per Twitter mitteilt, haben sich dort mittlerweile auch einige Menschen eingefunden, die offenbar an der nicht Veranstaltung teilnehmen wollen. Sie hatten sich zunächst am Hauptbahnhof versammelt, wo der als gewaltorientiert eingestufte Rote Aufbau eine Demonstration angemeldet hatte, die aber aufgrund des Infektionsschutzes von der Versammlungsbehörde untersagt worden war.
Verfolgt von starken Polizeieinheiten zogen sie dennoch los und wurden nach einigen Hundert Metern gestoppt. Bei ihnen werden jetzt die Personalien festgestellt, Es werden Ordnungswidrigkeitsanzeigen wegen des Verstoßes gegen die Corona-Auflagen gestellt und Platzverweise erteilt. Ein 17-jähriger wurde vorläufig festgenommen. Er steht in Verdacht, im Lohmühlenpark mit einer Eisenstange gegen Einsatzkräfte ausgeholt zu haben. Verletzt wurde dabei niemand.
Da rund um den Hauptbahnhof zurzeit viele Einsatzkräfte unterwegs sind, warnt die Polizei vor Verkehrsbehinderungen.
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350 Personen vor der Roten Flora- Polizei setzt Wasserwerfer ein
Vor der Roten Flora haben sich gegen 16.30 Uhr etwa 350 Personen versammelt, die Veranstaltung ist bei der Polizei nicht angemeldet. Die Polizei gehrt davon aus, dass es sich um eine Ersatzveranstaltung für die nicht genhemigte Demonstration handelt. Außerdem liegt die Zahl der Teilnehmer weit über den nach den Corona-Auflagen genehmigten 200. Deswegen hat die Polizei sie jetzt über Lautsprecher dazu aufgefordert, sich zu entfernen. Da auch nach dreimaliger Aufforderung nur wenig passiert, hat die Polizei jetzt den Einsatz von Wasserwerfern angekündigt.
Um 17 Uhr teilt sie per Twitter mit, dass der Paltz jetzt mithilfe von Wasserwerfern geräumt wurde. Zwei Wasserwerfer spritzten die Straße frei. Immer wieder stellten sich linke Demonstranten in den Weg.
Um 17.30 Uhr hat sich der Platz vor der Roten Flora geleert. Die Versammlung hat sich aufgelöst. Die Demonstranten sind in Richtung Pferdemarkt abgezogen. Dort halten sich noch kleine Gruppen auf. Die Polizei spricht von einer sehr ruhigen Lage.
1.-Mai-Demo: Polizei nimmt 40 Personen in Gewahrsam
Nachdem die Polizei eine Demonstration zum 1. Mai in Eimsbüttel gestoppt hat, kam es am Sonnabendnachmittag zu Auseinandersetzungen zwischen linken Gruppen und der Polizei. Die Gruppen versuchten immer wieder, dennoch Demonstrationszüge zu formen oder Transparente zu entrollen, und lieferten sich ein Katz-und-Maus-Spiel mit den Sicherheitskräften.
Nach Angaben eines Polizeisprechers habe sich im Bereich Planten un Blomen eine Gruppe von mehr als 40 größtenteils schwarz gekleideten Demonstranten zusammengefunden.
Sie wurde wenig später in der Nähe der Messehallen von der Polizei eingekesselt. Die Teilnehmenden seien in Gewahrsam genommen worden, sagte ein Polizeisprecher.
Polizei stoppt linke Demo am Schlump
Zuvor war es am Schlump zu Handgreiflichkeiten gekommen, nachdem die Polizisten eine nicht genehmigte 1.-Mai-Demonstration von Linksextremisten gestoppt und die Demonstrierenden von der Straße gedrängt hatte.
Laut Polizei etwa 80 vermummte, der anarchistischen Szene zuzurechnende Demonstranten hatten sich zuvor am U-Bahnhof Emilienstraße eingefunden und waren mit einem wartenden Lautsprecherwagen Richtung Dammtor gezogen. Nach gut 100 Metern wurden sie von Polizeikräften gestoppt. Nachdem sich der Anmelder nicht zu erkennen gegeben habe, sei der Lautsprecherwagen beschlagnahmt worden.
Ursprünglich hatte die Gruppe unter dem Motto „Sachma', geht's noch?! Kapitalismus ist der Superspreader“ eine Demonstration am U-Bahnbahnhof Emilienstraße angemeldet, die jedoch wegen Verstoßes gegen den Infektionsschutz gerichtlich untersagt worden war.
Polizei marschiert in Eimsbüttel und an der Alster auf
Am Freitag hat das Hamburger Verwaltungsgericht klargestellt:Ausnahmen von der in der Corona-Eindämmungsverordnung wird es nicht geben. Die linken Bündnisse "Schwarzroter 1. Mai" und "Wer hat, der gibt" hatten für Sonnabend in Eimsbüttel und Harvestehude Versammlungen mit mehr als den erlaubten 200 Teilnehmenden angemeldet. Die zuständige Behörde lehnte das ab, die Kammer bestätigte dies mit Hinweis auf den Infektionsschutz.
Um zu vermeiden, dass es trotzdem zu großen Menschenansammlungen kam, zog die Polizei mit einem Großaufgebot an den geplanten Demonstrationsorten an der Emilienstraße sowie im Bereich Moorweide und Alsterpark auf. Am U-Bahnhof Emilienstraße boten die Sicherheitskräfte auch die Reiterstaffel und mehrere Wasserwerfer auf.
Zunächst blieb es nach offiziellen Angaben ruhig. An dem Einsatz waren neben der Polizei Hamburg auch Beamte der Polizei Schleswig-Holstein und der Bundespolizei beteiligt.
In den Abendstunden sollte zudem ein Aufzug mit 1000 Teilnehmern vom Hauptbahnhof nach Wandsbek ziehen. Aufgerufen hatte der als gewaltbereit eingestufte Rote Aufbau. Auch dieser Demonstration erteilte die Versammlungsbehörde keine Ausnahmegenehmigung.
Polizei appelliert: Corona-Regeln einhalten!
Die Polizei Hamburg appellierte an alle Demonstrierenden, die geltenden Regeln des Infektionsschutzes "mit der Wahrnehmung des Versammlungsgrundrechts in Einklang zu bringen". Polizeisprecher Florian Abbenseth sagte: "Bitte helfen Sie dabei, und bleiben Sie verantwortungsbewusst. Das Tragen eines Mund-Nasenschutzes, der Abstand und das Einhalten der maximalen Teilnehmerzahl helfen allen, ihre Anliegen in die Öffentlichkeit zu bringen, ohne die gute Entwicklung beim Gesundheitsschutz zu gefährden." Auch die ab 21 Uhr geltende Ausgangsbeschränkung möge eingehalten werden.
DGB: Solidarität verhindert schlimmste Corona-Folgen
In der Corona-Pandemie ist es nach Überzeugung des DGB-Bundesvorsitzenden Reiner Hoffmann mit solidarischem Handeln gelungen, das Schlimmste zu verhindern. Allerdings seien die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Krise enorm, sagte Hoffmann nach einer Mitteilung des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) bei der zentralen Kundgebung zum Tag der Arbeit am Sonnabend in Hamburg. Wegen der Pandemie konnten nur 200 Menschen an der zentralen Veranstaltung auf dem Hamburger Fischmarkt teilnehmen.
Die Gewerkschaften hätten sich erfolgreich für mehr Arbeits- und Gesundheitsschutz eingesetzt und dafür gesorgt, dass verbindliche Regeln fürs Homeoffice gelten, teilte Hoffmann mit. Auch die Unterstützung für Familien sei verbessert und das Kurzarbeitergeld auf Druck der Gewerkschaften verlängert und erhöht worden. „In den vergangenen Monaten haben Gewerkschaften, Betriebs- und Personalräte dafür gekämpft, dass soziale Härten abgefedert und viele Jobs gesichert wurden.“
Die Veranstaltung wurde wie im vergangenen Jahr per Livestream übertragen. „Denn eines ist in diesen Zeiten wichtiger denn je: Zeigen, dass die Gewerkschaften für die Menschen in diesem Land aktiv sind“, hieß es im Aufruf des Gewerkschaftsbundes.
Polizei bereitet sich auf zahlreiche Versammlungen vor
Zudem wurden in Hamburg laut Polizei für Sonnabend zwei Dutzend stehende Versammlungen und fünf Aufzüge angemeldet, darunter eine Demonstration des Roten Aufbaus zum „revolutionären 1. Mai“ und mehrere Kundgebungen des Bündnisses „Wer hat, der gibt“, deren Organisatoren aus der autonomen Szene kommen.
Neben der kompletten Hamburger Bereitschaftspolizei sowie den Alarmhundertschaften, bestehend aus Beamten der Polizeiwachen, sind auch Hundertschaften aus Schleswig-Holstein und der Bundespolizei im Einsatz.
Coronabedingt dürfen Demonstrationszüge laut Polizei höchstens 50 Teilnehmer haben, stehende Versammlungen mit Ausnahmegenehmigung maximal 200. Außerdem gilt ab 21 Uhr in Hamburg eine Ausgangsbeschränkung.
Verwaltungsgericht untersagt Aufzug von linkem Bündnis
Ein vom Bündnis „Schwarzroter 1. Mai“ angemeldeter Aufzug wurde vom Verwaltungsgericht Hamburg mit Hinweis auf die Coronavirus-Eindämmungsverordnung untersagt. Es sei davon auszugehen, dass sich zur selben Zeit bis zu 700 Personen an einem Ort einfänden, hieß es in der Begründung.
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Erste Kundgebungen linker und linksextremer Gruppen rund um den 1. Mai hatte es bereits am Freitag gegeben, unter anderem im Schanzenviertel und auf St. Pauli. Bei einer Demonstration am S-Bahnhof Sternschanze schritt die Polizei ein, weil sich etwas dreimal so viele Teilnehmende eingefunden hätten wie erlaubt.
Insgesamt ist es bei der sogenannten Walpurgisnacht aber ruhig geblieben. Wie der Lagedienst der Polizei mitteilte, hatten sich bis zum Beginn der Ausgangsperre alle Kundgebungen aufgelöst.