Hamburg. Je weiter von der Innenstadt entfernt, desto größer die Pkw-Dichte. Verkehrsbehörde will gegensteuern. Wo die Quote am höchsten ist.
Der rot-grüne Senat will die Mobilitätswende in der Hansestadt schaffen und setzt darauf, dass immer mehr Hamburgerinnen und Hamburger immer häufiger vom eigenen Auto umsteigen auf Rad, Bus und Bahn oder sogenannte Shared-Angebote nutzen. Doch der Wandel kommt in den verschiedenen Regionen der Stadt unterschiedlich weit voran, wie neue Zahlen des Statistikamts Nord zeigen.
So verfügen – wenig überraschend – in den Randbezirken der Metropole sowie in den ländlichen Stadtteilen noch viel mehr Menschen über ein eigenes Auto als in den urbaneren Quartieren der inneren Stadt. Während in den Walddörfern, einigen Elbvororten sowie den ländlich geprägten Gebieten im Südosten der Stadt zwischen Moorfleet, Altengamme und Kirchwerder mehr als jeder Zweite einen privaten Pkw angemeldet hat, ist dies in der City teilweise nur noch bei jedem fünften Bewohner der Fall, wobei zu bedenken ist, dass Kinder und Jugendliche bis 18 Jahren da mit eingerechnet sind.
Verkehr in Hamburg: Viele Autos in Randbezirken
Die höchste Quote gibt es nach den neuen Stadtteilprofilen des Statistikamts Nord in Tatenberg. Dort sind mit Stand Januar 2021 pro 1000 Einwohnerinnen und Einwohner 603 private Autos angemeldet. Gleich dahinter folgen Reitbrook mit 598 und Allermöhe mit 580 privaten Pkw pro 1000 Einwohner. Im Nordosten der Stadt gibt es in Lemsahl-Mellingstedt mit 582 und in Wohldorf-Ohlstedt mit 564 Privatwagen auf 1000 Köpfe gerechnet besonders viele Wagen. Auch Nienstedten (519/1000) und Blankenese (497/1000) ragen heraus.
Zum Vergleich: Die wenigsten Privatautos auf 1000 Einwohner gibt es auf dem (kaum bewohnten) Kleinen Grasbrook/Steinwerder mit 121, in Hammerbrook mit 163, auf der Veddel mit 193 und in Harburg mit 210 Wagen. Auch in dicht besiedelten innerstädtischen Vierteln verzichten bereits viele Menschen auf ein eigenes Auto, hier ist das Netz von Bussen und Bahnen gut ausgebaut, es gibt bereits viele neuartige Mobilitätsangebote. Im Schanzenviertel haben beispielsweise nur 195 von 1000 Menschen ein eigenes Auto, auf St. Pauli sind es 205, in St. Georg 211, in der HafenCity und in Eimsbüttel jeweils 260.
Carsharing fehlt am Stadtrand
Das hat nicht allein mit dem Angebot von alternativen Verkehrsmitteln zu tun, sondern womöglich auch mit der politischen Einstellung, finanziellen Mitteln und fehlenden Parkplätzen. Die Zahlen machen aber deutlich, dass an den Stadträndern noch viele Menschen glauben, ein eigenes Auto haben zu müssen. Während es in der inneren Stadt etwa Carsharing, E-Scooter und Moia gibt, fehlen diese an den Rändern noch.
Um auch in den äußeren Stadtteilen mehr Menschen zum Verzicht auf das Auto zu bewegen, will die Verkehrsbehörde öffentliche Mobilitätsangebote auch dort weiter ausbauen. „Für den Erfolg der Mobilitätswende ist es absolut entscheidend, dass wir auf allen Ebenen die Alternativen zum privaten Pkw attraktiver machen – gerade auch in der äußeren Stadt“, sagte Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) dem Abendblatt.
Telefahrdienst Vay soll in Bergedorf starten
„Denn während wir im Innenstadtkern schon jetzt ein dichtes Netz an ÖPNV-Haltestellen, StadtRad-Stationen und Carsharing-Anbietern haben, ist dies in den äußeren Bezirken heute noch nicht überall der Fall. Daran arbeiten wir deshalb gemeinsam mit den umliegenden Kommunen und Kreisen unter Hochdruck.“ Ziel sei etwa „die Integration zusätzlicher Kreise in das HVV-Gebiet, die Verbesserung der Fahrradinfrastruktur und neuen StadtRad-Stationen, aber auch der Ausbau der digitalen Angebote – hier sehr häufig in Kooperation mit privaten Anbietern“, so Tjarks. „Der kommende Telefahrdienst Vay, der in Bergedorf starten wird, ist ein Beispiel hierfür.“
Ein zentrales Problem: Gerade in den äußeren Stadtteilen gibt es oft weniger oder gar keine Angebote wie Carsharing – weil es für die privaten Anbieter dort wirtschaftlich nicht attraktiv ist. Die Stadt hat laut Verkehrsbehörde aber auch keine Handhabe, die Versorgung dieser Bereiche durch Firmen zu erzwingen.
Share Now schon in vielen Bezirken nutzbar
Denn die Unternehmen benötigen keine Lizenzen oder Genehmigungen vom Senat. „Als Stadt versuchen wir deshalb vor allem durch Gespräche und möglichst schlanke Genehmigungsverfahren dafür zu sorgen, dass Carsharing-Angebote auch in der äußeren Stadt greifen“, so Tjarks-Sprecher Dennis Heinert. „Das ist in vielen Fällen erfolgreich. Das Geschäftsgebiet von Share Now umfasst beispielsweise sehr große Teile der Stadt und ist auch in Wilhelmsburg, Harburg und Heimfeld nutzbar.“ Moia bedient Fahrgäste zwischen Altona und Wandsbek, Niendorf und Rothenburgsort – aber nicht darüber hinaus.
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Der CDU reichen diese bisherigen Bemühungen nicht. „SPD und Grüne wollen die Hamburger zwingen, ihre Pkw aufzugeben. Dabei ist es ihnen herzlich gleichgültig, dass viele Menschen nicht in der City wohnen, nicht an einer Bahnstation oder sie aufgrund Alters, Handwerk oder Gewerbe auf ihr Auto angewiesen sind“, sagte ihr Verkehrspolitiker Richard Seelmaecker.
Verkehr in Hamburg: Pkw-Gesamtbestand wächst
„Besonders deutlich wird die einseitige und schikanöse Verkehrspolitik des Herrn Tjarks in den Randbezirken. Wo es keine Bahnen gibt, wo Busse allenfalls im Stundentakt fahren, sind die Menschen auf ihre Autos angewiesen. Den Bürgerinnen und Bürgern helfen keine modernen Anglizismen wie Sharing- oder ‚On-Demand‘-Angebote, die sowieso nur dort vorgehalten werden, wo es lukrativ ist.“
Fakt sei, dass der Pkw-Gesamtbestand in Hamburg von Monat zu Monat weiterwachse und Rot-Grün darauf keine Antwort gefunden habe, „außer Parkplätze abzubauen und den Verkehrsfluss zu verschlechtern“. Nur wenn die alternativen Angebote stimmten, würden die Hamburgerinnen und Hamburger auch umsteigen.