Hamburg. Der Bezirk Altona hat 250 freie Standorte zum Nachpflanzen. Aber die grün geführte Behörde hat bisher kaum Geld dafür freigegeben.
Im Bezirk Altona gibt es 250 amtlich ermittelte Standorte für Straßenbäume, die wegen akuten Geldmangels nicht bepflanzt werden können. Das erklärte das von der Grünen Stefanie von Berg geführte Bezirksamt den Kommunalpolitikern. In einer Vorlage für die Bezirksversammlung bat sie grün-rote Koalition darum, das fehlende Geld von der Umweltbehörde einzufordern.
"Es ist schon mehr als merkwürdig, wenn eine grün geführte Koalition im Bezirk den grünen Umweltsenator im Senat darum bitten muss, die gefällten Bäume zu ersetzen und damit sein Versprechen einzulösen", sagte der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Sandro Kappe. Der Senat steht mit seinem Versprechen im Wort, gefallene Bäume in der Stadt im Verhältnis 1:1 nachzupflanzen.
Altona verlangt 875.000 Euro für neue Straßenbäume
Das Bezirksamt Altona rechnet mit im Mittel 3500 Euro Pflanz- und Unterhaltskosten für die jungen Bäume und bräuchte demnach 875.000 Euro, um die freien Standorte zu bestücken. „Es geht also eigentlich um überschaubare Beträge“, sagte Kappe.
Doch im Landeshaushalt für die Jahre 2021/22 sind pro Jahr hamburgweit nur 500.000 Euro für Nachpflanzungen vorgesehen. Das geht aus der Antwort des Senats auf Kappes Kleine Anfrage 22/3358 vom 26. Februar hervor. Das würde für 333 Straßenbäume reichen, denn der Senat veranschlagt 1500 Euro pro Nachpflanzung. Im Etat der Umweltbehörde allerdings sind ab 2021 nicht 333, sondern 720 nachzupflanzende Bäume pro Jahr angesetzt.
"Viel zu wenig", sagte Kappe. Im Schnitt der letzten fünf Jahre sind pro Jahr 2579 Straßenbäume gefallen. Für dieses Jahr geht der Senat laut Senatsdrucksache 22/2406 schon seit Dezember von 3080 Fällungen aus. 2.744 Straßenbäume seien schadhaft oder krank, 336 Bäume würden dem Bauen geopfert. Den laut Senatsauskunft vom 8. Dezember 2020 mindestens zu erwartenden 1.713 Nachpflanzungen (Fragen 28+29) für 2021 steht aber ein offensichtlich unzureichendes Budget gegenüber.
Geld reiche weder für Pflanzungen noch für Baumpflege
Laut Umweltbehörde ist dies aber nicht entscheidend. "Die Mittel aus dem zentralen Programm der Umweltbehörde sind in der Vergangenheit auch durch Sondermittel in erheblichem Maß aufgestockt worden, um Nachpflanzungen im großen Umfang zu ermöglichen", sagte Umweltbehördensprecher Jan Dube. "Erst im Sommer werden wir sicher wissen, wie viel Geld für Straßenbäume zur Verfügung steht."
Aus bezirklicher Sicht stellt sich das etwas anders dar. "Es gab seitens des Bezirksamtes und der Umweltbehörde mehrfach Versuche, hinreichend Gelder für Nachpflanzungen zu bekommen", sagte Altonas Bezirksamtssprecher Mike Schlink. "Zum Teil ist dies auch gelungen. Allerdings besteht derzeit das genannte Defizit von 875.000 Euro." Im letzten Jahr hätten die Mittel weder für die geplanten Nachpflanzungen noch für die Baumpflege gereicht.
- Ernten verboten: Warum Hamburg kaum Esskastanien pflanzt
- Hamburg forstet auf: 70.000 neue Bäume für den Klövensteen
- Kastaniensterben: Neue Superlösung für Bienen und Kinder?
Das vom Amt erbetene Votum der Bezirksversammlung solle die Umweltbehörde bei ihren Versuchen unterstützen, eine "regelhafte Ausstattung mit Mitteln für Nachpflanzungen" bei der Finanzbehörde zu erreichen, sagte Schlink weiter. Es geht also darum, den Geldfluss zu verstetigen und wegzukommen von Aufstockungen, die mal höher und mal niedriger ausfallen.
Eine dieser schwer kalkulierbaren Geldquellen für die Bezirke sind die Einnahmen aus der Spendenaktion "Mein Baum, meine Stadt". 2020 kamen da nur 76.620,40 Euro zusammen. Weitere Einnahmen generieren die Bezirke Senatsdrucksache 22/2406 aus Ausgleichszahlungen, die Privatleuten nach erteilter Fällgenehmigung durch das Amt entrichten müssen, wenn sie nicht nachpflanzen. Die Verwendung dieses Geldes erfolgt "in alleiniger Zuständigkeit der Bezirksämter", heißt es in der Drucksache. Allerdings sind die Zahlungen laut Senatsdrucksache 22/2212 nicht zweckgebunden an Baumpflanzungen.
Baumbestand in Hamburg schrumpfe systematisch
„Fällungen auf Privatgrundstücken finanzieren also neue Straßenbäume“, sagte Kappe. „Aber das kann durchaus heißen, dass für zwei gefällte Bäume regelmäßig nur einer nachgepflanzt wird. Der neue Straßenbaum ist ja auch nur Ersatz für eine Fällung. Es ist also programmiert, dass der Baumbestand in der Stadt systematisch schrumpft.“ Bisher veröffentlichen nur zwei der sieben Bezirke (Harburg und Bergedorf) regelmäßig auch Zahlen zur Entwicklung des Baumbestands auf Privatgrundstücken.
Eine dritte Geldquelle für Baumpflanzungen ergibt sich aus dem Posten für den Klimaschutz, der noch ohne konkrete Verteilung der Mittel in den Haushalt eingestellt ist und bei 30 Millionen Euro liegt. Da gibt es also noch etwas zu verteilen, und dafür will sich Altona mit seinem Antrag positionieren.
Ist wegen Trockenheit ein Bewässerungskonzept nötig?
Dissens gibt es auch bei der Frage der Bewässerung. Während die Bezirke Eimsbüttel und Altona den Senat aufforderten, wegen der trockenen Sommer dem Beispiel anderer Städte zu folgen und ein Bewässerungskonzept zu entwickeln, ist der Senat der Meinung, dass dies unnötig sei. In seiner Drucksache 22/2406 sprach er zwar auch von vermehrt abgestorbenen Bäumen, bestritt aber den kausalen Zusammenhang zur Trockenheit der letzten Sommer.
Neu gepflanzte Straßenbäume müssen mehrere Jahre lang regelmäßig gewässert werden, damit sie anwachsen und ihre Wurzeln so tief reichen, dass sie auch ohne helfende Hände an Wasser kommen. Laut Bezirksamt Altona sind die Kosten für Nachpflanzungen und Baumpflege "stark anwachsend". Die Umweltbehörde erklärte, die durchschnittlich angesetzten 1500 Euro pro Baum seien "mit den Bezirken abgestimmt".