Hamburg. Praxen werden zunächst ausschließlich mit dem deutschen Impfstoff beliefert. Mediziner warnen vor zunehmenden Infektionen bei Kindern.

Die Hamburger Hausärzte, die in die nach Ostern beginnende Impfoffensive eingebunden sind, sollen zunächst ausschließlich mit dem deutschen Biontech-Impfstoff beliefert werden. Das bestätigte die Kassenärztliche Vereinigung (KV) dem Abendblatt. „Der Grund hierfür liegt in der höheren Verlässlichkeit der Lieferzusagen“, sagte KV-Sprecher Dr. Jochen Kriens. Die Regelung gilt bundesweit.

Im Hamburger Impfzentrum sind derweil auch die Impfungen mit dem Vakzin des britisch-schwedischen Herstellers Astrazeneca wieder angelaufen. Verfügbare Termine in der kommenden Woche seien allesamt umgehend gebucht worden, hieß es.

Die Astrazeneca-Ampullen sind leichter zu transportieren und müssen weniger stark gekühlt werden als Impfstoff-Dosen von Biontech. KV-Sprecher Kriens sagte dazu, zwar stelle Biontech besondere Anforderungen an die Aufbewahrung, Aufbereitung und Verimpfung – es sei aber auch in den Hausarztpraxen einige Tage lagerfähig und gut einsetzbar. Die KV unterstütze die Ärzte mit Informationen und Schulungen.

Corona-Variante trifft Kinder stärker

Sorgen machen sich derzeit viele Eltern von Kleinkindern – vor allem, nachdem jetzt ein an Covid-19 erkranktes vierjähriges Kind aus Stormarn in einem Hamburger Krankenhaus gestorben ist (das Abendblatt berichtete). Die Zahl der infizierten Kinder und Jugendlichen steigt in der dritten Corona-Welle überdurchschnittlich an.

„Durch den exponentiellen Anstieg der Fallzahlen und die partiellen Schulöffnungen in Hamburg vor zwei Wochen ist zu befürchten, dass es im April einen erheblichen Anstieg von Sars-CoV-2-Infektionen bei den Kindern und Jugendlichen geben wird“, prognostiziert Prof. Peter Höger, Ärztlicher Direktor am Kinderkrankenhaus Wilhelmstift.

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

Die ansteckendere Variante des Coronavirus werde in den nächsten ein bis zwei Wochen 90 Prozent aller Corona-Infektionen verursachen. „Damit wird auch die Zahl schwererer Erkrankungen zunehmen.“ Ähnlich äußerte sich Prof. Dr. Philippe Stock, leitender Arzt der Pädiatrie im Altonaer Kinderkrankenhaus. Die Tatsache, dass Neuinfektionen inzwischen mit einem sehr hohen Anteil an neuen Varianten erfolgen, führe zu einer Entwicklung, die immer stärker auch Kinder betreffe. „Zumindest müssen wir davon ausgehen.“

Elf Kitas in Hamburg sind coronabedingt geschlossen

Insgesamt elf Kitas sind coronabedingt derzeit geschlossen, wie Behörden-Sprecherin Anja Segert dem Abendblatt mitteilte. Bereits seit Anfang Februar steigen die Infektionszahlen unter jungen – und ganz jungen – Hamburgern. So lag die Inzidenz bei den 0- bis 5-Jährigen am 14. März schon bei 99. Ende Januar war sie bei 33. Bei den 5- bis 10-Jährigen, also den Grundschulkindern, lag die Inzidenz zum Schulstart bei 109, Ende Januar noch bei 36. Mit Stand vom 22. März betrug die Zahl der infizierten Null- bis Fünfjährigen 118 (Plus 31).

Die Zahl der erkrankten Sechs- bis 14-Jährigen stieg um 65 auf 178. In Hamburger Kliniken werden laut Sozialbehörde derzeit fünf Unter-20-Jährige wegen Covid-Symptomen behandelt, ein Kind liegt auf einer Intensivstation.

Seit Beginn der Corona-Pandemie im März 2020 wurde das Virus im Kinderkrankenhaus Wilhelmstift bei etwa 70 Kindern und mit aufgenommenen Angehörigen nachgewiesen. Es gab fünf schwere Fälle von Corona-Erkrankungen mit „Multisystems Inflammatory Syndrome in Children“ (MIS-C). „In den vergangenen drei bis vier Monaten hat die Zahl der Patienten, die mit dem Virus infiziert waren, zugenommen“, berichtet Prof. Peter Höger, Ärztlicher Direktor am Kinderkrankenhaus Wilhelmstift. „Durch den exponentiellen Anstieg der Fallzahlen und die partiellen Schulöffnungen in Hamburg vor zwei Wochen ist zu befürchten, dass es im April einen erheblichen Anstieg von Sars-CoV2-Infektionen bei den Kindern und Jugendlichen geben wird."

"Zahl schwererer Erkrankungen wird zunehmen"

Höger orientiert sich an den Zahlen aus England von vor sechs bis acht Wochen sowie aus Frankreich. Dort ist die Fallzahl mit der englischen Variante des Coronavirus insbesondere bei jungen Menschen angestiegen. Die ansteckendere Mutation des Coronavirus wird in den folgenden ein bis zwei Wochen 90 Prozent aller Coronavirusinfektionen verursachen, so Höger. Der Professor rechnet mit einer Latenzzeit von drei bis vier Wochen (ab Mitte März) bis zum spürbaren Anstieg der Erkrankungszahlen bei Kindern und Jugendlichen.

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Die Zahlen könne man hochrechnen auf Deutschland, sagt Höger. „Damit wird auch die Zahl schwererer Erkrankungen zunehmen.“ Prof. Dr. Philippe Stock, leitender Arzt der Pädiatrie im Altonaer Kinderkrankenhaus sagt: „Wahrscheinlich führt die Tatsache, dass Neuinfektionen inzwischen mit einem sehr hohen Anteil an neuen Varianten erfolgen, zu einer Entwicklung, die in stärkerem Maße auch Kinder betreffen wird.“

Rund 84 Prozent aller Schülerinnen und Schüler haben in der vergangenen Woche freiwillig einen Schnelltest absolviert. Eine Abfrage der Schulbehörde ergab, dass von den rund 95.000 Schülern, die an den 370 befragten Schulen (von 430) in den vergangenen Tagen am Präsenzunterricht teilgenommen haben, rund 80.000 (84 Prozent) einen Schnelltest absolviert haben. 111 Schnelltests hatten ein positives Ergebnis.

Rabe erwägt Verpflichtung für Corona-Schnelltests an Schulen

Bei Beschäftigten waren es 18, die ein positives Ergebnis hatten. Schulsenator Ties Rabe nannte die Beteiligung erfreulich hoch. „Dennoch möchten wir diese Beteiligungsquote weiter steigern. Das Ziel ist, dass deutlich über 90 Prozent aller Schülerinnen und Schüler jede Woche an den Selbsttests in der Schule teilnehmen.“ Rabe: „Durch Selbsttests machen wir den Schulbetrieb deutlich sicherer. Führende Virologen sehen in einer Schnelltest-Strategie an den Schulen zugleich auch einen Beitrag, um die Pandemie insgesamt in den Griff zu bekommen.“

Die aktuellen Corona-Fallzahlen aus ganz Norddeutschland:

  • Hamburg: 2311 neue Corona-Fälle (gesamt seit Pandemie-Beginn: 430.228), 465 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (davon auf Intensivstationen: 44), 2373 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1435,3 (Stand: Sonntag).
  • Schleswig-Holstein: 1362 Corona-Fälle (477.682), 623 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 39). 2263 Todesfälle (+5). Sieben-Tage-Wert: 1453,0; Hospitalisierungsinzidenz: 7,32 (Stand: Sonntag).
  • Niedersachsen: 12.208 neue Corona-Fälle (1.594.135), 168 Covid-19-Patienten auf Intensivstationen, 7952 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1977,6; Hospitalisierungsinzidenz: 16,3 (Stand: Sonntag).
  • Mecklenburg-Vorpommern: 700 neue Corona-Fälle (381.843), 768 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 76), 1957 Todesfälle (+2), Sieben-Tage-Wert: 2366,5; Hospitalisierungsinzidenz: 11,9 (Stand: Sonntag).
  • Bremen: 1107 neue Corona-Fälle (145.481), 172 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 14), 704 Todesfälle (+0). Sieben-Tage-Wert Stadt Bremen: 1422,6; Bremerhaven: 2146,1; Hospitalisierungsinzidenz (wegen Corona) Bremen: 3,88; Bremerhaven: 7,04 (Stand: Sonntag; Bremen gibt die Inzidenzen getrennt nach beiden Städten an).

Rabe appelliert: „Wer dazu beitragen möchte, dass die Schulen sicherer werden und weiterhin geöffnet bleiben, der sollte sich regelmäßig selbst testen. Wir setzen auf die Einsicht und Vernunft der Beteiligten. Wir werden aber nicht zögern, die Tests verpflichtend vorzuschreiben, wenn die Beteiligung hinter unseren Erwartungen zurückbleibt. Die rechtlichen Möglichkeiten werden zurzeit geprüft.“

Die Corona-Inzidenz – also die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen – ist in Hamburg am Freitag auf 136,1 gestiegen. Die Gesundheitsbehörde meldete 543 neue Fälle, sechs weniger als am Donnerstag und 143 mehr als Freitag vor einer Woche. Am Donnerstag lag die Sieben-Tage-Inzidenz noch bei 128,6. In den Krankenhäusern wurden nach Behördenangaben mit Stand Donnerstag 252 Patienten behandelt. 86 Covid-19-Kranke lagen auf Intensivstationen. Die Zahl der Corona-Toten in Hamburg erhöhte sich laut RKI um fünf auf 1369.

Ab Montag Alkoholverbot nur noch an einzelnen Orten

In einer neuen Eindämmungsverordnung, die von Montag an in der Hansestadt gilt, wird unter anderem die Maskenpflicht angepasst. So müssen auch im Auto medizinische Masken getragen werden, sofern Personen mehrerer Haushalte mitfahren. Das stadtweite Alkoholkonsumverbot in der Öffentlichkeit, das der Senat Mitte Dezember anordnete, wird ab Montag aufgehoben. Stattdessen wird der Verzehr alkoholischer Getränke zeitlich und räumlich begrenzt.

Verbote gelten unter anderem im Sternschanzenpark, Jenischpark, am Hans-Albers-Platz und vor der Europa Passage. Zeitlich ist der Verzehr alkoholischer Getränke dort montags bis donnerstags von 14 Uhr bis 6 Uhr am Folgetag, freitags ab 14 Uhr, sonnabends ganztätig sowie sonntags und an Feiertagen ganztägig bis 6 Uhr am nächsten Morgen verboten.