Hamburg. Günstige und teure Weine im Vergleich: Welche Qualität sie bieten, was sich lohnt und wie ein Lafite-Rothschild schmeckt.

Wie schmeckt ein Rotwein, der mehr als 300 Euro kostet, wie einer, der noch deutlich teurer ist? Ist das Erlebnis den großen preislichen Unterschied zu einem, sagen wir mal, guten Wein für 30, 40 oder 50 Euro wirklich wert? Und hat Günther Jauch, der bekanntermaßen nicht nur TV-Moderator, sondern auch Winzer ist, recht, wenn er sagt, „dass man sich immer nach oben trinkt“? Ist man also, entschuldigen Sie die Wortwahl, „versaut“ für die meisten anderen Weine, wenn man mal einen der Großen probiert hat?

Das sind die Fragen, die viele Weinliebhaber interessieren und denen wir uns heute in unserer Reihe „Vier Flaschen“ annähern wollen. Denn diesmal ist bei unserer Weinprobe nicht eine prominente Persönlichkeit oder ein Winzer der Star, sondern zwei besondere Rotweine: ein Chateau Lafite-Rothschild aus dem Jahrgang 2010, die Flasche kostet knapp 2000 Euro, und ein italienischer Redigaffi, Jahrgang 2013, die Flasche gibt es für rund 360 Euro.

"Vier Flaschen": Günstige und teure Rotweine im Test

Wie Michael Kutej, neben Axel Leonhard und Lars Haider, Gastgeber der „Vier Flaschen“, zu den beiden besonderen Weinen gekommen ist und warum er sie überhaupt mit Fremden teilt, hören oder sehen Sie unter www.abendblatt.de/podcast oder auf dem Youtube-Kanal des Abendblatts.

Um die Spannung maximal hoch zu halten, hat Kutej, Weinkenner und Chef der Hamburger Hanse-Lounge am Rathaus, für diese Weinprobe nicht nur die oben genannten Hochkaräter, sondern auch drei normale Flaschen mitgebracht.

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Schokolade und Kirsche im Wein vereint

Los geht es mit einem Rotwein aus Württemberg, genauer gesagt mit einer Cuvée aus Spätburgunder, Merlot und Lemberger vom Weingut Graf Neipperg aus dem Jahr 2020. Der Wein gehört zu einer Serie, die die jungen Erbgrafen Paula und Philipp Neippberg entwickelt haben und die P + P heißt. „Damit wollen die beiden Winzer vor allem junge Leute ansprechen, der Wein ist weder kompliziert noch teuer“, sagt Kutej.

Und er riecht und schmeckt nach Kirsche, „fast schon unecht“, sagt Axel Leonhard. Dazu kommen etwas Schokolade und Gewürze, und, der Clou: Der Wein hat, „obwohl er richtig gut ist“, nur 12,5 Prozent Alkohol, „das findet man selten“, so Kutej. Gleiches gilt für den Preis.

Die Flasche kostet 8,60 Euro, das sei für so einen Rotwein ziemlich unschlagbar. Noch ein Vorteil: „Er riecht nicht, wie viele deutsche Rotweine riechen, also staubig und langweilig. Das ist ein Wein, den man gekühlt auch sehr gut im Spätsommer trinken kann.“

Rotwein: Jung, kraftvoll, gut bewertet

Zur zweiten Flasche, einem Brunello di Montalcino aus dem Jahr 2015 vom Weingut Val di Suga, der wie der Redigaffi aus der Toskana kommt. Und der sehr gut bewertet worden er ist: Er hat vom Weinguru Robert Parker 94 von 100 möglichen Punkten bekommen, was schon sehr, sehr gut sei, so Kutej. Der Redigaffi aus dem 2000 sei übrigens der erste italienische Rotwein gewesen, der von Parker die maximale Punktzahl erhalten habe.

Der Brunello di Montalcino darf erst fünf Jahre, nach dem er produziert wurde, verkauft werden, das heißt, der 2015er ist noch ein junger Wein. Er besteht aus der Sangiovese-Traube und ist recht kraftvoll. „Wenn ich den ersten Schluck trinke, ist es, als hätte ich gerade eine Zigarre geraucht“, sagt Haider.

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Insgesamt sei der Wein viel bitterer und herber als der erste, Leonhard findet „die Mischung interessant, ich mag es, wenn an der Zunge was passiert und der Wein so eine großartige Länge hat“. Die Flasche kostet 27,90 Euro. Auch hier stimme das Preis-Leistungsverhältnis, so Kutej, „einen Brunello mit dieser Bewertung zu diesem Kurs findet man selten“.

Schmeckt teurer Wein wirklich besser?

Weiter geht es mit einem reinsortigen Monastrell vom Weingut Casa Castillo aus dem Südosten Spaniens und dem Jahrgang 2019. Kutej riecht Brombeere, Heidelbeere, Walderdbeere, „das ist viel eher ein Traubensaft als der Brunello“. Haider ist von dem Trinkfluss begeistert, „das ist bisher der Rotwein, der mir am meisten schmeckt“.

Wird sich das mit der vierten Flasche ändern, die rund 350 Euro teurer ist als der Monastrell, der 8,90 Euro kostet? „Ich kann nicht glauben, dass ein Wein, der so viel mehr kostet auch so viel besser schmeckt“, sagt Leonhard.

Das Auge trinkt mit

Also, ausprobieren. Erster Kommentar: „Diese Flasche würde ich im Geschäft nie kaufen, dafür ist das Etikett zu unspektakulär, fast bieder“, sagt Haider über den 2013er Redigaffi. Der Wein sieht im Glas sehr dunkel aus, tiefschwarz, und Leonhard fragt sich, „ob wir danach nur noch Weine trinken, die so teuer sind?“

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Die Gefahr bestehe, so Kutej. Und tatsächlich sagt Leonhard, nach dem er den ersten Schluck probiert hat: „Das ist wirklich ganz, ganz anders als alles, was ich bisher getrunken habe. Auf jeden Fall ein besonderes Geschmackserlebnis.“ Kutej geht der reinsortige Merlot „weit in die Speiseröhre runter, tief in die Seele rein“.

Kein kleiner, feiner Unterschied

Auch Haider ist überrascht: „Dass der Unterschied zu den anderen Rotweinen derart groß ist, hätte ich nicht gedacht“. Dieser 2013er Redigaffi habe 98 Parker-Punkte erhalten, sagt Kutej: „Wenn man öfter so etwas trinkt, möchte man eigentlich nur noch so etwas trinken.“

Der Wein schmeckt nach Gewürznelke, Balsamico und – Mokka. „Es ist schon cool, dass dieser Wein wirklich anders schmeckt“, sagt Leonhard. Wobei Kutej zugibt, „dass der Preis immer auch etwas mit der Wahrnehmung macht“.

Ein letzter Schluck Chateau Lafite-Rothschild

Lässt sich das noch steigern? Die „Vier Flaschen“ wagen mit einer fünften Flasche, sozusagen außer Konkurrenz, den Versuch. Kutej hat noch einen Schluck, wirklich nur einen Schluck, Chateau Lafite-Rothschild aus dem Jahrgang 2010 übrig, „der weg muss, weil er zu oxidieren beginnt“.

Das Chateau in Paulliac im Medoc bei Bordeaux gehört zu den berühmtesten Weingütern der Welt, 2010 sei zudem ein großartiger Jahrgang gewesen, so Kutej: „Das ist so genial, und dabei ist dieser Wein erst am Beginn seiner Entwicklung.“

Was Haider und Leonhard sagen, müssen Sie sich anhören. Sie werden überrascht sein…