Hamburg. Um Sauvignon Blanc und Grauburgunder zu vergleichen, greift unser Podcast-Gast Hajo Schumacher auf Begriffe aus der Kultur zurück.
Er war der Biograf von Angela Merkel, Klaus Wowereit und Roland Koch, schrieb unter dem Pseudonym Achim Achilles lange über die Freude am Laufen, ist Dauergast bei Markus Lanz und Co. – und ist den Leserinnen und Lesern des Hamburger Abendblatts natürlich als Kolumnist bekannt: Hajo Schumacher ist heute zu Gast in unserem Wein-Podcast, um „Vier Flaschen“ mit Michael Kutej, Inhaber der Hanse-Lounge, Rieslingliebhaber Lars Haider und Apfelsaftschorlentrinker Axel Leonhard zu probieren.
Bei Schumacher hat jeder Wein drei Schlucke eine Chance
Schumacher hat eine eigene Methode entwickelt, wenn er Weine zum ersten Mal trinkt: „Ich gebe jedem Wein drei Schlucke lang eine Chance. Beim ersten Schluck weiß ich immer nie genau, was ich noch für Geschmacksnuancen sonst so im Mund habe. Deshalb gilt der nicht. Mit dem zweiten Schluck bilde ich mir ein Urteil – sollte das negativ sein, versuche ich, es mit einem dritten Schluck zu bestätigen. Wenn ein Wein mich drei Schlucke lang nicht überzeugt hat, ist er raus …“ Michael Kutej hat für Hajo Schumacher „Weine ausgesucht, die zu der Lebensfreude passen, die er in seinen Kolumnen und bei seinen Fernsehauftritten ausstrahlt“.
Los geht es mit einer Flasche aus dem Friaul-Julisch Venetien, einer Region im Nordosten Italiens, die an Slowenien, Österreich und das Adriatische Meer grenzt. Der La Salute Sauvignon Blanc 2020 schmeckt stark nach Kiwi und ein wenig nach Pfirsich, auf jeden Fall fruchtig, so Kutej. Oft sei italienischer Weißwein etwas schwerer, die Weine aus dem Nordosten profitieren davon, „dass es dort nicht ganz so heiß ist, die Kühle sorgt dafür, dass sie frisch und elegant sind“. Normalerweise seien ihm Sauvignon Blancs nach dem zweiten oder dritten Schluck zu mühsam, so Kutej, „aber dieser macht mir Spaß, davon könnte ich mehr trinken“.
Wie "Obstsalat aus der Dose" mit "ganz schön viel Salu"
Gilt das auch für den zweiten Sauvignon Blanc, den Hajo Schumacher sicherheitshalber schon einmal mit einer Doppelkopfrunde getestet hat und der dort „sehr gut angekommen ist“? Und das, obwohl der José Pariente Sauvignon Blanc 2020 beim ersten Schluck nach Obstsalat aus der Dose schmeckt. Kutej hat diesen Wein aus dem Norden Spaniens ausgesucht, um einmal zwei Sauvignon Blancs aus eher kühleren Regionen im Süden Europas direkt miteinander zu vergleichen. Der erste kostet zwölf, der zweite zehn Euro.
Zurück zum Obstsalat aus der Dose: „Das ist mein erster Gedanke“, sagt Kutej, und Hajo Schumacher stimmt ihm zu: „Der Wein schmeckt nach dem Saft, der in der Obstsalatdose zurückbleibt.“ Haider bemerkt aber auch „ganz schön viel Salz“, Leonhard, Liebhaber von süßen Getränken, mag den „etwas quietschigen Wein“. Einig ist sich die Runde, dass mehr als ein, zwei Gläser davon anstrengend werden könnten: „Wenn ich das den ganzen Abend auf einer Feier trinken müsste, wäre ich irgendwann genervt“, sagt Kutej, der die beiden Weine mit zwei Ereignissen in Hamburg vergleicht: Der Italiener sei ein Feuerwerk über der Alster, der Spanier „eher so etwas wie der Schlagermove“. Beide Flaschen müsse man zügig trinken, weil sie, einmal geöffnet, „relativ schnell abbauen würden“.
Grauburgunder ist nicht so fruchtig, sondern eher cremig
Das gilt für die dritte Flasche nicht, die von einem der besten deutschen Winzer stammt. Eric Manz war bereits in einer eigenen Folge bei den „Vier Flaschen“ zu Gast (zu hören unter www.abendblatt.de/podcast), für Schumacher hat Kutej den Manz Grauburgunder Rotes Mineral aus dem Jahr 2020 ausgesucht. Der stammt vom Roten Hang aus Rheinhessen, daher der Name, „der mich bei einem Grauburgunder etwas irritiert hat“, so Schumacher. Der Wein hat beim ersten Schluck Kohlensäure, was aber kein Grund zur Sorge sei, so Kutej: „Sie zeigt, wie frisch und jung er ist.“ Der Grauburgunder ist, vor allem im Vergleich mit den ersten beiden Flaschen, nicht so fruchtig, sondern eher cremig, „ein Wein, der den meisten schmecken wird“. Zeit für einen neuen Vergleich: „Wenn die Sauvignon Blancs eher Operette oder Musical waren, dann ist dieser Grauburgunder Burgtheater“, sagt Hajo Schumacher. Den Wein kann man auch nach drei, vier Tagen nach Öffnung noch trinken, die Flasche kostet 13,90 Euro.
Ein Wein von der Insel, auf der so viele Hamburger Urlaub machen
Die vierte Flasche kommt von der Insel, auf der im Moment so viele Hamburgerinnen und Hamburger Urlaub machen. Auch Michael Kutej fährt sehr gern nach Mallorca, findet die Weine von dort aber „in der Regel zu teuer für das, was sie können“. Der Ses Talaioles The Island Red 2016 sei eine Ausnahme, das Weingut gehört zwei Hamburger Unternehmern, Franz und Hendrik de Waal. „Ich finde, dass er ganz anders schmeckt, als er riecht“, sagt Schumacher. Die Schwere, die der Wein in der Nase hat, habe er am Gaumen nicht. Er besteht aus fünf verschiedenen Rebsorten, zwei davon sind typisch für Mallorca, „das macht den Wein besonders“, sagt Kutej.
Er rät dazu, auch diesen Rotwein nicht zu warm zu trinken. Schumacher würde „tatsächlich Käse dazu essen“, Kutej findet das keine gute Idee: „70 Prozent aller Käsesorten passen besser zu Weißwein als zu Rotwein. Das ist die Wahrheit.“ Und noch ein Tipp des Kenners: „Richtig guten Käse muss man richtig, richtig lange kauen, dann entfaltet er seinen ganzen Geschmack erst vollends.“
Spannende Frage – ernüchternde Antwort
Bleibt die Frage, was eigentlich nach den politischen Talkshows, bei denen Hajo Schumacher so regelmäßig zu Gast ist, getrunken wird. Die Antwort ist, nun ja, ernüchternd: „Es gibt ja den Mythos der After-Show-Partys, bei denen sich alle ganz toll verstehen. Ich habe das noch nie erlebt“, sagt der Kolumnist. „Alle die, die was zu sagen haben, trinken nach der Sendung vielleicht noch ein Glas Wasser und sind dann schnell weg.“
Die „Vier Flaschen“ können Sie sich auch unter www.abendblatt.de/podcast anhören oder auf dem Youtube-Kanal des Hamburger Abendblatts ansehen. Ganz neu: Im Wechsel mit der bekannten, etwa 90 Minuten langen Podcastversion gibt es jetzt alle zwei Wochen eine schnelle Variante: In 9:59 Minuten testen Kutej, Haider und Leonhard eine Flasche Wein, die unter zehn Euro kosten muss, und die am Ende mit Punkten von eins bis zehn bewertet werden. Hören/Schauen Sie mal rein! Und: Wenn Sie selbst bei einer digitalen Weinprobe dabei sein wollen, schreiben Sie uns einfach eine Mail an chefredaktion@abendblatt.de.