Hamburg. Der wegen Bestechlichkeit verurteilte Richter ist Jahre später Zeuge in einem weiteren Fall von möglicher Korruption.

Es war ein Skandal, der die niedersächsische Justiz in ihren Grundfesten erschütterte. Ein Richter und leitender Beamter im  Justizprüfungsamt bot Informationen über bevorstehende Klausuren und Examina an, teilweise gegen Geld. Wie stand es um die Ausbildung der Richter? Kann es wirklich sein, dass ein Verantwortlicher korrupt ist?

Doch Jörg L. hat die Vorwürfe längst gestanden, hat eine vierjährige Freiheitsstrafe erhalten und die Strafe mittlerweile verbüßt. Am Montag sagte der 54-Jährige nun als Zeuge im Prozess gegen einen weiteren Juristen aus, der sich im Zusammenhang mit den Korruptionsvorwürfen vor Gericht verantworten muss.

Prozess: Rechtsanwalt soll Prüfungsaufgaben verkauft haben

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Rechtsanwalt und Repetitor Sören C. unter anderem Bestechung im besonders schweren Fall vor. Laut Anklage verabredete der 51-Jährige seinerzeit mit Jörg L., dass dieser ihm aktuelle Examensaufgaben übermittelt. Die vertraulichen Prüfungsunterlagen habe Sören C. dann an Referendarinnen und Referendare verkaufen sollen. Den Ermittlungen zufolge wollten sich die beiden Juristen den daraus erzielten Erlös teilen.

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Der damalige Leiter im Landesprüfungsamt Jörg L. schilderte, er habe seinerzeit schon eine ganze Weile wegen Bestechlichkeit im Gefängnis gesessen und darauf gehofft, in den offenen Vollzug zu kommen, als sich am Horizont Probleme abzeichneten. Ihm sei vonseiten der Ermittlungsbehörden gesagt worden, man erwarte, dass er „substanziell aussage zu allen offenen Verfahren“. Weil er möglichst bald aus der Haft habe herauskommen wollen, sei er „motiviert gewesen, darauf einzugehen“. Doch eins betont Jörg L. jetzt immer wieder: „Ich habe damals nicht gelogen.“

Verurteilter Richter soll sich mit angeklagtem Rechtsanwalt besprochen haben

Neuneinhalb Jahre sind die Vorgänge, in die Jörg L. involviert ist, teilweise her. Und so bittet der Zeuge um Verständnis, dass er sich an vieles heute nicht mehr erinnern könne. Laut einem Vernehmungsprotokoll aus dem Jahr 2015 schilderte Jörg L. den Ermittlern, dass der Rechtsanwalt und Repetitor Sören C. ihn getroffen habe.

Im Protokoll wurde seinerzeit notiert, sie hätten „eine grundsätzliche Vereinbarung, dass bestimmte Informationen weitergegeben werden“. C. habe nach einer Möglichkeit gefragt, die anstehenden Klausuren zu bekommen. Das habe er „grundsätzlich bejaht“. Auch hätten sie vereinbart, wenn etwas verkauft werde, „dass der Erlös hälftig aufgeteilt wird“, so Jörg L. damals.

Korrupter Richter als Zeuge: "Das klingt kriminell, ja"

Jetzt als Zeuge sagt der 54-Jährige, er könne sich nicht erinnern, was damals geschehen ist. Deshalb könne er das, was er laut Protokoll damals gesagt habe, heute nicht bestätigen.

Auch ein in der Akte genannter Fall, in dem eine Jurastudentin mehrere Möglichkeiten erörtert haben soll, doch noch irgendwie ihr Examen zu bestehen, sei ihm nicht mehr im Gedächtnis, beteuert Jörg L. Laut Akte ist damals überlegt worden, ob diese Examenskandidatin einen „Großeinkauf“ bei ihm machen könne. „Das klingt kriminell, ja“, meint Jörg L. dazu. „Aber auch dazu habe ich keine Erinnerung.“ Jedenfalls, betont er erneut, habe er bei seiner damaligen Vernehmung „nicht gelogen“. Der Prozess wird fortgesetzt.