Hamburg. Matthias F. fälschte für den Hochstapler Dokumente – und landete jetzt selbst vor Gericht. Der Richter lobte sein Geständnis.

Sein Leben war auf Protz und Pomp aufgebaut. Und auf dem schönen Schein. Wenn Peter Mike Wappler ins Rampenlicht trat, dann nicht allein als Millionär. Bei ihm musste alles noch deutlich gewaltiger sein, prächtiger – und sein Vermögen größer. So wurde aus dem Mann, der sich liebend gern mit teuren Autos und den Taschen voller Geld präsentierte, kurzerhand Milliarden Mike. Und in seiner Autobiografie prahlte der 65-Jährige, der mittlerweile mehr als 28 Jahre im Gefängnis verbracht hat: „Ich habe sie alle abgezockt.“

Abgezockt – mit Betrug und Hochstapelei. Um sich als unendlich reicher Mann zu inszenieren, reichten Wappler schicke Visiten- und Autogrammkarten und ein Umfeld mit Glitzer und Glamour da offenbar nur bedingt. Also legte es Milliarden Mike unter anderem darauf an, mit einem Millionen-Vermögen auf der Bank aufwarten zu können sowie mit Mitgliedschaften im Golf- und im Lamborghini-Club – jedenfalls auf dem Papier. Es waren Dokumente, die allesamt gefälscht waren. So legt es zumindest die Anklage nahe, die jetzt mit Matthias F. einen Mann vor das Schöffengericht gebracht hat, der in den Dunstkreis des vielfach verurteilten Betrügers Milliarden Mike geriet.

Prozess: Arbeitete der Angeklagte für Milliarden Mike?

Dem 58-Jährigen wird vorgeworfen, für Wappler zahlreiche Dokumente gefälscht zu haben. So habe Matthias F. zwischen 2015 und 2019 für den Hochstapler unter anderem falsche Dienstausweise der Polizei, Presseausweise und juristische Prädikatsexamina hergestellt sowie Kontoauszüge, die für Wappler ein angebliches Guthaben von mehr als 29 Millionen Euro auswiesen, dazu Mitgliedschaften in exklusiven Clubs, so die Staatsanwaltschaft. Darüber hinaus habe der Angeklagte sechs Patronen besessen, die unter das Kriegswaffenkontrollgesetz fallen. 

Matthias F., ein Hamburger mit hoher Stirn und sanfter Stimme, ist ganz offensichtlich peinlich berührt, mit diesen Vorwürfen konfrontiert zu sein. Wegen eines finanziellen Engpasses habe er nebenbei am Verkaufstresen eines Sexshops auf der Reeperbahn gearbeitet, erzählt der 58-Jährige. In diesem Laden habe Wappler oft als „Freund des Hauses und Kunde, im Schlepptau mehrere Mädels“, verkehrt.

Milliarden Mike orderte Dokumente bei Matthias F.

Obwohl er eigentlich in der Textilveredelung tätig sei, so Matthias F., habe Wappler wegen eines Missverständnisses geglaubt, der Mann hinterm Tresen sei Drucker. Zunächst habe Wappler bei ihm Autogramm- und Visitenkarten geordert, später diverse Dokumente. Wirklich widersetzen können habe er sich den Forderungen nicht. Denn Wappler habe eine „Atmosphäre geschaffen, dass ich Angst um mein Umfeld hatte. Er erzählte so beiläufig, wer wieder verprügelt worden sei. Und er nahm mich mit in eine Boxhalle, wo die anderen alle gefühlt dreimal so groß und schwer wie ich waren“.

Matthias F. (rechts) bei der Verhandlung am Mittwoch mit Verteidiger Frank Taschinski.
Matthias F. (rechts) bei der Verhandlung am Mittwoch mit Verteidiger Frank Taschinski. © Bettina Mittelacher | Unbekannt

Als Gegenleistung für seine Dienste habe Wappler ihm mal 50 oder 20 Euro zugesteckt, schildert der Angeklagte weiter, oder auch Präparate. „Weil ich da Probleme hatte, waren das die kleinen blauen Pillen, Derivate von Viagra.“ Vielfach habe er sich bei Wapplers Aufträgen beholfen, indem er beispielsweise Visitenkarten im Internet bestellt habe.  Für Dokumente habe ihn Wappler zudem mit Vordrucken versorgt, bei denen lediglich ein Foto fehlte.

Matthias F. druckte auch Falschgeld

„Ich habe das Ganze im Baukastensystem zusammengefügt.“ Öfter habe Milliarden Mike auch „in Hotellobbys Hof gehalten“. Später, so Matthias F., hätten andere Männer bei ihm angerufen und sich auf Wappler berufen. „Die wollten Dinge haben, die jenseits meiner Vorstellung waren, einen kompletten Dokumentensatz, wie man das aus Filmen kennt. Also einen großen Umschlag, und da ist ein komplettes neues Leben drin.“ 

Wappler habe ihn zudem ermutigt, auch Geld zu drucken. „Wenn man in einem tief empfundenen Loch sitzt, sind die Möglichkeiten, sich zu wehren, nicht besonders groß“, meint der Angeklagte. Also habe er aus dem Internet zwei Seiten eines 20-Euro-Scheins ausgedruckt und zusammengeklebt. „Herr Wappler war begeistert. Aber der Silberstreifen fehlte.“ Auf seinen Hinweis, dass man dafür spezielle Maschinen brauche, habe sein Auftraggeber schlicht gesagt: „Ich kauf dir die Maschinen.“

Angeklagter räumt Dokumentenfälschung ein

Er habe mehrere Dokumente gefälscht, räumt Matthias F. insgesamt ein, als ihm aus der Akte Schreiben vorgelegt wurden, die die Polizei bei ihm beziehungsweise bei Milliarden Mike entdeckt hat. Die falschen Dienstausweise der Polizei und die gefälschten juristischen Examina seien indes nicht von ihm, meint der Angeklagte.

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„Ausschließen kann ich nach all der Zeit allerdings nichts.“ Was es mit dem anderen Vorwurf, dem Besitz von Nato-Pratonen, auf sich habe, will der Richter nun wissen. Da lacht der Angeklagte trocken, es klingt mehr wie ein Husten. „Die habe ich immer für Deko gehalten. So standen sie auf meinem Schreibtisch, neben Märklin-Autos und Überraschungs-Ei-Figuren.“ Die Patronen stammten aus einer Haushaltsauflösung. „Ich dachte nicht, dass das scharfe Munition ist.“

Prozess: Angeklagter zu Geldstrafe verurteilt

Nachzuweisen seien dem Angeklagten die Fälschungen insbesondere der Polizeiausweise nicht, meint am Ende das Schöffengericht und verurteilt Matthias F. wegen anderer Urkundenfälschungen sowie Verstoßes gegen das Waffengesetz zu einer Geldstrafe von 130 Tagessätzen zu zehn Euro.

Einige von Wapplers Papieren stammten vermutlich aus vorherigen Taten des Betrügers oder als Vorlagen. „Sie waren im Bannkreis von Herrn Wappler gefangen“, fasst der Richter das Geschehen zusammen. „Und Sie wurden immer tiefer in den Sumpf gezogen. Das geht nicht nur Ihnen so. Das ist auch noch ganz anderen Leuten passiert.“