Hamburg. Die Ehrenamtlichen, die Bedürftige mit dem Nötigsten versorgen, bekommen kaum noch Spenden. So können Hamburger am Sonnabend helfen
Es ist ein Appell, der sich an alle Bürger der Hansestadt wendet: Die Hamburger Tafel braucht dringend Hilfe. „Unsere Lager sind leer, Reserven fast aufgebraucht, und neue Lebensmittelspenden sind nicht in Sicht“, sagte Vorstandsmitglied Julia Bauer.
An diesem Sonnabend startet die Hilfsorganisation deshalb ab 12 Uhr eine große Lebensmittelsammelaktion in fünf Hamburger Einkaufscenter. Dringend gebraucht werden haltbare Lebensmittel wie Nudeln, Reis, haltbare Milch und Konserven aller Art. Sie werden in der Europa Passage (Innenstadt), im AEZ Poppenbüttel, im Elbe Einkaufszentrum, im Phönix Center Harburg und im Billstedt Center entgegengenommen.
Jörg Pilawa ist „beschämt“, dass es in Deutschland so viel Armut gibt
Unterstützt wird die Aktion durch den „Tafel“-Botschafter und TV-Moderator Jörg Pilawa. „Was manche Menschen erleben müssen, beschämt mich“, sagte er der „Bild“-Zeitung. „Wir sind eine der reichsten Volkswirtschaften der Welt, trotzdem sind bei uns mehr als zwölf Millionen Menschen von Armut betroffen.“
Warum die Tafeln kaum noch Vorräte haben, erklärt Vorstandsmitglied Bauer so: „Supermärkte, Discounter, Bäckereien und vor allem die Lebensmittelhersteller haben ihre Produktionen und Bestellungen im Laufe der vergangenen zwei Jahre so gut angepasst und zurückgefahren, dass es fast keine Überproduktionen gibt oder Lebensmittel ,übrig’ bleiben.“ Verkaufs-Aktionen wie „Ich bin noch gut“ oder „30–50-Prozent-Rabatt-Ecken“, die gezielt Lebensmittel mit kurzer Haltbarkeit zu reduzierten Preisen anbieten, bewirkten, dass für die Tafel nichts mehr übrig sei und weniger gespendet werde.
Sozialsenatorin Schlotzhauer: „Tafeln verdienen große Unterstützung“
Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer (SPD) begrüßt das Engagement der ehrenamtlichen Helfer: „In Zeiten wie diesen muss die Gesellschaft zusammenrücken. Hierzu leistet die Hamburger Tafel einen wichtigen Beitrag“, sagte sie dem Abendblatt. „Sie versorgt hilfsbedürftige Menschen mit Lebensmitteln, dient als gesellschaftlicher Treffpunkt und steht für respektvollen Umgang mit den bedürftigen Menschen in unserer Stadt. Das verdient große Unterstützung.“
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Für Linken-Fraktionschefin Cansu Özdemir ist die Aktion auch ein Zeichen für einen gesellschaftlichen Missstand: „Dass in einer so reichen Stadt wie Hamburg immer mehr Menschen auf die Unterstützung der Tafeln angewiesen sind, ist erschreckend.“ Die Politik wälze die Verantwortung auf die Ehrenamtlichen ab.
Tafeln rufen um Hilfe – Linke fordert Maßnahmen gegen Armut
Im Abendblatt-Interview verweist sie auf die steigende Zahl an Bedürftigen: „Jeder fünfte Mensch in Hamburg lebt in Armut oder ist an der Grenze zur Armut“, so Özdemir. „Bei den Jugendlichen ist es sogar jeder vierte.“ Die Linke fordere daher Maßnahmen wie ein Null-Euro-HVV-Ticket für Bedürftige oder eine Kinder- und Jugendkarte, mit der Minderjährige kostenlos in staatliche Theater und Museen oder ins Schwimmbad kommen oder einem Sportverein beitreten könnten.