Hamburg. Überraschende Verkehrsbilanz für das erste Halbjahr bei Zweirädern. Auch bei den E-Scooter-Unfällen gibt es spannende Entwicklungen.
Die Zahl der Verkehrsunfälle mit Radfahrerbeteiligung ist im ersten Halbjahr zwar nur leicht um sieben auf 2003 Fälle gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum gestiegen, doch andere Zahlen lassen in diesem Zusammenhang aufhorchen. So legte zum Beispiel die Zahl der Unfälle mit Radfahrerbeteiligung im Bezirk Mitte deutlich um knapp 14 Prozent auf 426 zu. Nur in Bergedorf gab es im ersten Halbjahr mit 99 ebenfalls eine höhere Unfallzahl als im gleichen Vorjahreszeitraum. Dies geht aus einer detaillierten Polizeistatistik hervor, die dem Abendblatt vorliegt.
Wenn es zu einem Unfall mit Radfahrern kam, waren diese auch überproportional daran schuld. Das trifft in knapp 63 Prozent der Fälle zu – eine Steigerung zum Vorjahreszeitraum. Da waren in gut 61 Prozent der Fälle Radfahrer die Unfallverursacher. Besonders oft tragen aktuell Radfahrer in Harburg Schuld am Unfall. In 74 Prozent, also drei Viertel aller Fälle war das im ersten Halbjahr so. Knapp dahinter folgt Bergedorf mit 71 Prozent. Im Bezirk Altona sind Radfahrer in 66 Prozent der Fälle die Unfallverursacher, in Eimsbüttel 63 Prozent. Unterdurchschnittlich wird es im Bezirk Nord mit 60 Prozent und in Mitte, dem Bezirk mit den meisten Fahrradunfällen, wo 58 Prozent der Radfahrer Verursacher eines Unfalls waren.
Fahrrad gegen Fahrrad – es wird immer wilder
Kommt es zu einem Unfall mit einem Fahrradfahrer, wird dieser auch häufig verletzt. Das ist bei 77,3 Prozent aller Fälle so. Meistens handelt es sich um leichtere Blessuren. Schwer verletzt wurden bei Unfällen hamburgweit 130 Fahrradfahrer. Das entspricht einer Quote von 6,5 Prozent. Tragisch: Es gab im ersten Halbjahr 2023 bereits vier im Straßenverkehr getötete Fahrradfahrer. Im gleichen Zeitraum 2022 waren es zwei gewesen.
Zurückgegangen sind die Unfälle, bei denen Radfahrer und Autofahrer aneinandergerieten. Gab es im ersten Halbjahr 2022 noch 1145 solcher Unfälle, waren es in diesem Jahr in den ersten sechs Monaten 1058. Die Zahl der Unfälle, bei denen sich Radfahrer und Fußgänger in die Quere kamen, stieg minimal von 142 auf 143 im ersten Halbjahr 2023. Eine deutliche Steigerung gab es dagegen bei den Verkehrsunfällen, an denen zwei Fahrradfahrer beteiligt waren. Hier nahm die Zahl von 143 auf 166 zu. Das ist ein Plus von mehr als 16 Prozent. Besonders viele Unfälle zwischen Radfahrern fanden im Bezirk Nord mit 38 statt, im Bezirk Altona mit 36 und im Bezirk Eimsbüttel mit 35. Im Bezirk Altona waren bei 11,7 Prozent aller Verkehrsunfälle mit Radfahrern ausschließlich Radfahrer beteiligt.
Fahrradunfälle – der Bezirk Mitte sticht heraus
Erstaunlich positiv verläuft die Entwicklung bei den E-Scootern. Dort gibt es im Vergleich zum ersten Halbjahr 2022 einen starken Rückgang von 371 auf 331 Unfälle. Die mit Abstand meisten der Polizei bekannt gewordenen Unfälle mit der Beteiligung von E-Scootern zählte man mit 88 im Bezirk Mitte. Die Bezirke Wandsbek und Eimsbüttel folgen mit 66 und 54 Fällen. Bei knapp 79 Prozent dieser Unfälle waren die Fahrer von den Elektrorollern auch die Verursacher. Besonders wild scheinen die Rollerfahrer im Bezirk Altona unterwegs zu sein. Hier waren in neun von zehn Fällen die Fahrer von E-Scootern am Unfall schuld. Im Bezirk Wandsbek liegt die „Schuldquote“ bei Fahrern von E-Scootern am niedrigsten, beträgt aber immer noch 71 Prozent.
Geht es um Verletzte, ist die Quote bei E-Scootern enorm hoch. Bei 83 Prozent der Unfälle wurde auch deren Fahrer verletzt. In 21 Fällen erlitt er dabei sogar schwere Verletzungen. Getötet wurde, wie auch im vergangenen Jahr, aber kein Fahrer eines E-Rollers auf Hamburgs Straßen.
Das sind die neuesten Zahlen bei E-Roller-Unfällen
Vermehrt kommen sich auch Radfahrer und Fahrer von E-Scootern in die Quere. Die Zahl solcher Unfälle stieg im ersten Halbjahr 2023 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von 30 auf 36. Besonders oft passierte das im Bezirk Mitte, wo die Zahl von fünf auf 13 zulegte. Bei den Fahrern von E-Scootern gibt es untereinander derweil kaum Verkehrsunfälle, die angezeigt werden. Im ersten Halbjahr 2023 waren es zwei, einer weniger als im Vorjahr. Die Zahl der Unfälle mit Fußgängern ging ebenfalls von 30 auf 24, die mit Autos von 145 auf 142 zurück.
„Solche polizeilichen Statistiken bilden aber nicht die tatsächliche Lage ab, weil es gerade bei Unfällen mit Fahrrädern und E-Scootern ein großes Dunkelfeld geben dürfte“, sagt Christian Hieff vom ADAC Hansa. „Sie können aber eine Tendenz aufzeigen.“ Selbst bei Verletzungen würden Verunglückte die Polizei häufig nicht rufen. „Oft auch, weil Alkohol im Spiel ist“, so Hieff. Diese These untermauert die Statistik für 2022, Bei Unfällen mit „Elektrokleinstfahrzeugen“, so der Behördenjargon, war nicht selten Alkohol im Spiel. Denn in 33 Prozent aller Verfahren im Zusammenhang mit berauschenden Mitteln, egal ob Straf- oder Bußgeldverfahren, spielten E-Scooter eine Rolle.
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Bei Fahrradfahrern wird man sich wohl auf weitere steigende Unfallzahlen einstellen müssen. Zum einen, weil immer mehr Menschen in Hamburg das Fahrrad als Fortbewegungsmittel nutzen. Zum andern, weil laut Hieff mittlerweile jedes zweite verkaufte Fahrrad ein E-Bike ist. Und höhere Geschwindigkeit bedeutet eben auch höhere Unfallgefahr.