Hamburg. Abiturient in Hamburg offenbar mit eingeschmuggeltem Smartphone erwischt. Das Problem ist wohl größer als gedacht.

Das war wohl zu verlockend: Mehrere Schülerinnen und Schüler sollen bei den Abiturklausuren verbotenerweise künstliche Intelligenz (KI) wie das Dialogsystem ChatGPT benutzt haben. Der Norddeutsche Rundfunk berichtet von einem Fall, bei dem eine Lehrkraft während der schriftlichen Prüfung bei einem Schüler ein offensichtlich eingeschmuggeltes Smartphone entdeckte, auf dem ein Programm wie ChatGPT geöffnet war. Der Abiturient soll daraufhin den Betrugsversuch eingestanden haben.

Abitur Hamburg: 20 Schulen melden Verdachtsfälle von KI-Schummel

Die Schulbehörde bestätigte den Vorgang nicht, es gibt keine Meldepflicht der Schulen gegenüber der Behörde bei Täuschungsversuchen. Erst wenn ein Prüfling oder seine Eltern Widerspruch gegen eine von der Schule verhängte Sanktion ein­legen, kommt die Rechtsabteilung der Schulbehörde ins Spiel.

Allerdings spricht einiges dafür, dass es sich nicht um einen Einzelfall handelt. „Etwa 20 Schulen haben einzelne Verdachtsfälle im Rahmen der schriftlichen Abiturprüfungen gemeldet und sich danach erkundigt, wie damit umgegangen werden soll“, sagt Behördensprecher Peter Albrecht. Die Lehrkräfte hätten berichtet, dass ihnen Unregelmäßigkeiten während der Korrekturen der Klausuren aufgefallen seien.

Abitur: Lehrer haben die Arbeiten mithilfe von Software überprüft

Die Lehrerinnen und Lehrer hätten dann die Arbeiten mithilfe von Software überprüft, die per ChatGPT erzeugte Texte offenlegen kann. Allerdings gebe das Programm nur an, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass es sich um eine per KI erzeugte Passage handele. Da es keinen strengen Beweis für den Betrug gebe, handele es sich um Verdachtsfälle, die in der Behörde nicht formell erfasst würden.

Nach den Worten Albrechts dürfte es schwierig sein, eine KI-bedingte Täuschung zweifelsfrei nachzuweisen, wenn der Prüfling nicht in flagranti erwischt wird. Hat ein Schüler jedoch nachweislich und verbotenerweise ein Smartphone und KI in der Abiturprüfung benutzt, handelt es sich wie bei konventionellem Schummeln auch um einen Täuschungsversuch.

Die Sanktionen reichen je nach Schwere und Umfang des Betrugs von der Wiederholung eines oder mehrerer Teile der Prüfung über die Wertung einer oder mehrerer Teile mit null Punkten bis zum Nichtbestehen der gesamten Abiturprüfung.

Abitur: Behörde hat „Fachbrief/KI“ an alle Schulleitungen verschickt.

Christian Gefert, der Vorsitzende der Vereinigung der Leitungen Hamburger Gymnasien und Studienseminare (VLHGS), geht jedoch nicht davon aus, dass es zu einer Vielzahl von Betrugsfällen beim Abitur gekommen ist. „Das hätte sich unter uns Schulleitungen herumgesprochen“, sagte Gefert, der von der Behörde klare und rechtssichere Regeln für den Umgang mit KI an Schulen fordert.

Kurz vor den mündlichen Abiturprüfungen hat die Schulbehörde einen „Fachbrief KI/Präsentationsprüfungen“ an alle Schulleitungen verschickt. Da nicht überprüft werden kann, ob KI bei der häuslichen Vorbereitung der Präsentation zum Einsatz gekommen ist, kommt es auf das 20-minütige Prüfungsgespräch an.

„Lehrkräfte verfügen in aller Regel über ein ausreichend hohes Maß an Erfahrung und Kompetenz, um zu erkennen, ob Schülerinnen und Schüler Produkte eigenständig oder mit unzulässiger Hilfe angefertigt haben“, heißt es in dem Brief der Behörde zuversichtlich.